Den Wald genießen – und dabei Rücksicht auf andere und die Tiere des Waldes nehmen

Kassel(pm). Aufgrund der Corona-Pandemie heißt es in diesem Jahr für viele Menschen: „Urlaub vor der eigenen Haustür“. Die heimischen Waldgebiete werden von vielen, gerade jetzt zur Ferienzeit, als Freizeit- und Erholungsorte (wieder)entdeckt. Die Obere Forstbehörde beim Regierungspräsidium (RP) Kassel wünscht gute Erholung – bittet aber um gegenseitige Rücksichtnahme. Wild-romantischer Märchenwald, Holzlieferant oder Sportarena: Die Erwartungen an die nordosthessischen Wälder sind so vielfältig wie seine Nutzerinnen und Besucher. Die Aktivitäten im Wald reichen vom klassischen Wanderspaziergang übers Joggen und Nordic Walking bis zum satellitengestützten Geocaching oder zur Schussfahrt mit dem Mountainbike. Auch das aus der asiatischen Lebenskunst inspirierte „Waldbaden“ (japanisch: Shinrin-yoku) erfreut sich in den hiesigen Wäldern steigender Beliebtheit.

Aktivitäten im Wald finden inzwischen zu allen Tages- und Nachtzeiten, manchmal nur im Schein einer Stirnlampe, statt. Der „Freizeitdruck“ nimmt auch im Wald zu. Die Obere Forstbehörde setzt in diesem Zusammenhang auf Augenmaß und gegenseitige Rücksichtnahme bei allen Waldbesuchenden, damit etwaige Belästigungen oder Behinderungen der Aktivitäten von anderen vermieden werden. Noch mehr gilt das für die Tiere im Wald, die durch Freizeitaktivitäten möglichst wenig gestört werden dürfen. Nach dem Bundes- und dem Hessischen Jagdgesetz gibt es hier einige Regeln zu beachten, die von allen Menschen im Wald, ob Spaziergänger oder Freizeitsportlerin, immer einzuhalten sind:

  • Das Betreten des Waldes geschieht auf eigene Gefahr. Waldtypische Gefahren sind beispielsweise abbrechende Äste, Totholzbäume, angehobene Wurzelteller, Dornen, Steinschlag, Hangrutsch, steile Abhänge, Geländeunebenheiten, rutschiges Laub und Fahrspuren, die sich aus der Natur und der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung des Waldes ergeben. Mit diesen müssen Waldbesucher rechnen, sobald sie sich abseits der öffentlichen Straßen und Wege begeben. Das heißt: Stolperhindernisse aus Wurzeln oder Steinbrocken auf einem
    naturbelassenen Weg sind waldtypisch und der Waldbesitzer haftet nicht für Schäden die sich hieraus ergeben können.
  • Das Radfahren, das Fahren mit Krankenfahrstühlen und das Reiten im Wald ist nur auf Straßen und Wegen erlaubt, die von Waldbesitzenden oder mit deren Zustimmung angelegt wurden und auf denen unter gegenseitiger Rücksichtnahme gefahrloser Begegnungsverkehr möglich ist.
  • Ferner darf durch die Benutzung die Lebensgemeinschaft des Waldes nicht gestört, die Bewirtschaftung des Waldes nicht behindert, der Wald nicht gefährdet, geschädigt oder verunreinigt und die Erholung anderer nicht beeinträchtigt werden.
  • Grundsätzlich gilt, dass eine Störung des Wildes durch unberechtigtes Verlassen befestigter Wege im Wald zur Nachtzeit verboten ist. Als Nachtzeit gilt die Zeit von eineinhalb Stunden nach Sonnenuntergang bis eineinhalb Stunden vor Sonnenaufgang.

Oft liegt eine Störung oder Gefährdung der Natur für Waldbesucher nicht immer offen auf der Hand. So versuchen etwa ambitionierte Geocacher sich in der Wahl raffinierter Verstecke zu übertrumpfen und wählen im Wald immer neue, spannende Verstecke für ihre Mitstreiter. Auch wenn hier kein böser Wille dahinterstehen mag, hat eine Plastikdose mit Logbuch nichts in einer Baumhöhle etliche Meter über dem Erdboden oder in einer Felswand zu suchen. Denn dort können geschützte Tiere wie Vögel oder gar schlafende Fledermäuse oder Siebenschläfer ihr Quartier haben. Gerade bei diesen Tieren kann eine Störung großen Stress auslösen. Schlimmstenfalls kann eine panische Flucht aus dem Versteck Begegnungen mit tagaktiven Fressfeinden bedeuten, auf die die aufgeschreckten Tiere nicht vorbereitet sind.

Auch manche Mountainbiker suchen sich für das besondere Erlebnis im Wald neue Routen abseits des vorhandenen Wegenetzes. Eine Abfrage der Forstämter von HessenForst im vergangenen Jahr hat ergeben, dass es allein im Regierungsbezirk Kassel rund 220 Mountainbike-Trails abseits der festen Straßen und Wege im Wald gibt. In einigen Fällen wurden dabei „hinderliche“ Bäume gefällt sowie Sprungschanzen und andere Hindernisse angelegt, teilweise mit Holz, das bereits verkauft aber noch nicht abgeholt worden war. Trails werden teilweise auch in Dickungen angelegt, wohin sich Wild zurückzieht, um Ruhe zu haben oder seine Jungen aufzuziehen. Die Nutzung solcher illegalen Trails stellt eine Ordnungswidrigkeit dar und kann mit mehreren hundert Euro Bußgeld geahndet werden. Die Obere Forstbehörde würdigt an dieser Stelle ausdrücklich, dass sich die überwältigende Mehrheit der Radfahrer im Wald rücksichtsvoll und regelkonform verhält und bedauert es sehr, dass der Freizeitsport durch eine kleine Gruppe Uneinsichtiger in Misskredit gebracht wird. Diese allgemeinen Hinweise sollen niemandem das Naturerlebnis verleiden – die Obere Forstbehörde freut sich über alle Besucherinnen und Besucher, die im Wald Erholung und Abwechslung vom Alltag suchen. Wenn dabei jede und jeder Rücksicht auf die Natur und die anderen Menschen im Wald nimmt, wird der Besuch im Wald zu einem positiven Naturerlebnis. Das Regierungspräsidium Kassel wünscht in diesem Sinne gutes Wetter und gute Erholung in den Wäldern der Region.

Hintergrund:
Die Wertschätzung des Waldes findet in Deutschland ihren Ausdruck nicht zuletzt im Bundeswaldgesetz und im Hessischen Waldgesetz. Diese stellen den Wald wegen seiner besonderen Bedeutung für die nachhaltige Holzproduktion, als Lebensraum für eine Vielzahl von Pflanzen und Tieren, die positiven Auswirkungen auf den Naturhaushalt, den Boden, das Grundwasser und das Klima unter besonderen Schutz. Nicht zu vergessen ist, dass der Wald auch ein Ort für die Menschen ist, um Ruhe und Erholung zu finden oder sich dort sportlich zu betätigen. In diesem Zusammenhang nimmt auch das Regierungspräsidium Kassel als Obere Forstbehörde wichtige Aufgaben für den Schutz und die Entwicklung der Wälder in der Region und teilweise für ganz Hessen wahr. So vertritt die Obere Forstbehörde die forstrechtlichen und forstfachlichen Belange in allen sogenannten Bündelungsverfahren der Behörde, in denen Wald beispielsweise für Infrastrukturmaßnahmen gerodet und in eine andere Nutzungsart umgewandelt wird. Sofern die Waldrodung unvermeidbar ist, wird auf Ersatzaufforstungen an anderer Stelle hingewirkt oder wo das nicht möglich ist, wird eine Walderhaltungsabgabe eingefordert.

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