Enkeltaugliche Konzepte für sauberes Trinkwasser

Eine Aufgabe die nur gemeinsam geschafft werden kann

Von Landrat Dr. Reinhard Kubat. Kürzlich wurde in einer Zeitung berichtet, dass der Edersee schon jetzt zu wenig Wasser führe. Die Füllmenge lag Anfang Januar rund 50 Millionen Kubikmeter unter dem in dieser Jahreszeit üblichen Stand. Schon das ganze letzte Jahr über haben wir die bedrückenden
Bilder unserer kranken und sterbenden Wälder vor Augen. Auch wir in Waldeck-Frankenberg wurden nicht verschont. In unseren Domanialwäldern befürchten wir schon einen Flächenverlust von 15 Prozent aufgrund der anhaltenden Trockenheit. Das sind nur zwei Beispiele dafür, dass uns das wichtigste Grundnahrungsmittel, das Wasser, nicht mehr in einer scheinbaren Überfülle zur Verfügung steht, sondern dass es sich auch in unseren gemäßigten Zonen zu einer knappen Ressource entwickelt, die gepflegt und geschützt werden muss.


Immer mehr Menschen haben die Zeichen der Zeit erkannt und engagieren sich in diesem Bereich. In Waldeck-Frankenberg hat sich im Herbst 2019 eine „Wasserinitiative“ gegründet, die bereits in einigen Veranstaltungen für ihre Anliegen geworben hat. Mir wurde im Sommer ein Forderungskatalog mit den sieben wichtigsten Punkten zum Trinkwasserschutz überreicht. Dies habe ich zum Anlass für viele Gespräche genommen und um wichtige Fragen zu erörtern. Ich unterstütze jeden einzelnen davon und ich möchte dafür werben, dass wir noch mehr Menschen und gesellschaftliche Gruppen für diese Ziele gewinnen. Denn nur gemeinsam können wir eine Wende schaffen.
„Enkeltaugliche Konzepte“ zum Trinkwasserschutz hat die Wasserinitiative gefordert und das ist genau das, was wir brauchen: einen Generationenvertrag für den Schutz des Wassers. Trotz eines weitaus überragend guten Bildes unserer Wasserversorgung und Qualität stimmt manches auch nachdenklich. Hohe Nitratwerte aufgrund von Überdüngungen belasten an einigen Stellen unser Wasser, auch sonstige schädliche Einträge im Boden erreichen das Grundwasser.

Wir müssen hier umsteuern und zwar sofort, denn es wird Jahrzehnte
dauern, bis die negativen Entwicklungen gänzlich ausgeglichen sind.
Ein Trinkwasser-Leitbild wäre ein guter Kompass auf diesem Weg und ich unterstütze diese Idee vorbehaltlos. Uns als Kreisverwaltung schwebt vor, dass Politiker, Wasserversorger, die Landwirtschaft und natürlich die Bürgerinnen und Bürger an der Erarbeitung dieser Ziele mitwirken. Sie alle müssen wir für diese Vision gewinnen. Ganz sicher wird sich ergeben: Die Wasserversorgung darf niemals privatisiert werden, Wasser muss Gemeingut bleiben. Bei der Verteilung und Vernetzung des Grundwassers soll die Bevölkerung einbezogen werden. Gezielte Wiederaufforstungen nachhaltiger Wälder sollen einen Beitrag zum Schutz des Wasserreservoirs leisten.
Ein Punkt, bei dem wir unbedingt einhaken müssen, und zwar so schnell wie möglich, ist die Gülleausbringung. Das Problem sind hier nicht die heimischen Viehzüchter, denn wir haben beim Großviehbesatz eine sehr geringe Quote von lediglich 0,8 Tieren pro Hektar. Bis zu zwei Tieren wäre noch im Rahmen. Alles, was darüber hinausgeht, bringt dann allerdings das natürliche Gleichgewicht in Schieflage.


Ein großes Problem sind ohne Wenn und Aber die Gülletransporte von außerhalb in unseren Landkreis, die wir praktisch nicht steuern oder beeinflussen können. Wir haben derzeit leider keine Handhabe, die Importe aus dem Münsterland oder dem Weser-Ems-Land, wo Tierproduktion im großen Stil stattfindet und es nicht annähernd genug Kapazitäten zur
Aufnahme der Gülle gibt, zu stoppen. Genehmigungsbehörde ist hier das Regierungspräsidium. Diese Gülleimporte schaden auch unserer heimischen Landwirtschaft und wir brauchen die Landwirte und ihre Interessenverbände im Boot, um einen wirksamen und zukunftsfähigen Trinkwasserschutz zu entwickeln.


Wir sind auch diesbezüglich auf einem guten Weg, denn schon seit 30 Jahren gibt es Kooperationen zum Grundwasserschutz, u.a. zwischen unserem Energie- und Wasserversorger EWF und den Landwirten. 187 von 236 Landwirten im Einzugsbereich der EWF beteiligen sich an diesen Kooperationen. Das sind knapp 80 Prozent, die aber über 94 Prozent
der Wasserschutzgebietsfläche verfügen. Festgelegt sind in der Vereinbarung beispielsweise die Zeiten, wann die Anbaufrüchte gedüngt werden können, und die Landwirte erhalten auf der Grundlage von Bodenprobenergebnissen
eine Empfehlung für die benötigte Düngermenge für jede ihrer Anbauflächen.
Gleichzeitig müssen die Landwirte nach der Erntezeit eine Zwischenfrucht säen. Die Zwischenfrucht sorgt dafür, dass Stickstoff in der auf dem Feld verbleibenden Pflanze gespeichert wird und für das nachfolgende Jahr zur Verfügung steht. Dem Boden muss im Folgejahr weniger Stickstoff hinzugefügt werden. Das notwendige Saatgut wird kostenfrei von der EWF gestellt.


Diese sicherlich Mut machenden Ansatzpunkte müssen wir zum Ausgang nehmen, darauf ein Trinkwasser-Leitbild aufzubauen. Es ist höchste Zeit, dass wir damit anfangen. Auch wenn der Klimawandel momentan durch Corona in den Hintergrund gedrängt wird, so ist er doch unser eigentliches existenzielles Problem, das im Sinne der nachfolgenden Generationen
gelöst werden muss. Wir sind vielleicht die letzten Verantwortungsträger, die
noch die Chance haben, etwas bewirken zu können. Deshalb dürfen wir nicht länger zögern. Mein Ziel ist es, möglich bald in den Diskussionsprozess einzusteigen, quasi als Signal für ein deutliches Umdenken und die Konzentration auf die Zukunft unseres Planeten. Inhaltlich soll es darum gehen, dass der Landkreis seine Städte und Gemeinden dabei unterstützt,
Wasser unter allen Umständen in kommunalem Eigentum zu behalten.

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