Wir lassen Menschen allein sterben

Wo ist die Menschlichkeit in der CoVid-Pandemie geblieben?
Kolume von Finn Rodewyk. Wir lassen Menschen allein sterben. Wo ist unsere Menschlichkeit geblieben? Die Worte der israelischen Soziologin Eva Illouz haben mich sehr beschäftigt: „Wir erleben einen anthropologischen Bruch im Umgang mit Leid, Sterben und Tod. Mich treibt um, wie leicht wir die Anordnungen hinnehmen, dass wir die Leidenden und Sterbenden allein lassen sollen. Schlagartig haben wir ihnen den Trost, die Begleitung und Beistand ihrer Nächsten entzogen. Bis dahin, dass die Toten in Isolation bestattet werden. […] Das
bedeutet eine Zäsur, wie auch die Tatsache, dass wir dieses Geschehen einfach  hinnehmen. Mir scheint, dass unsere Gesellschaften ein bleibendes Trauma erleben.“ (von Thadden 2020). Auch sie bestätigt, was ich schon lange befürchte. Menschen sterben allein. Gerade in einer Pandemie sollte unser Anspruch ein anderer sein. Seelsorger sollten keinen 2G Regelungen unterliegen, Besuchsverbote, vor allem in der Palliativemedizin darf es nicht geben.

Patienten, welche in Palliative Behandlung sind, Menschen, die sterben, sollten selbst entscheiden, ob sie sich dem Risiko einer Infektion aussetzen wollen. Der Staat darf diese Entscheidung nicht treffen. Ich habe die Befürchtung, dass wir gerade im Bereich der ehrenamtlichen Seelsorge uns viele Probleme geschaffen haben. Diese Probleme werden allerdings nicht mit dem Ende bzw. milderen Verlauf der CoVid-
Pandemie vorbei sein. Seelsorger bleiben weg, Menschen bleiben allein und Studien aus der ganzen Welt zeigen, dass vermehrt junge, wie alte Menschen psychische Erkrankungen entwickeln. Nicht zu vergessen sind sicher auch die Angehörigen, welche oftmals nur kurz, wenn
überhaupt Abschied nehmen durften. Isolde Karl sagt bereits 2020: „Auch unter Corona-Bedingungen sollten deshalb Begräbnisse stattfinden können und dies nicht nur in aller Stille. In einem Moment, in dem Trost am meisten gefragt ist, dürfen Tröstungsrituale
nicht untersagt werden.“ Dieser Aussage stimme ich voll zu. 2G Regelungen wie sie in manchen Hessischen Gemeinden vorkommen lehne ich strikt ab. Laut dem Bundesverband der Bestatter sollen Trauerfeiern nachgeholt werden, wenn die CoVid-Pandemie vorbei ist. An die psychischen Auswirkungen bei den Angehörigen denken die wenigsten.


Es geht nicht darum, ob ich für oder gegen die Maßnahmen bin, es geht um unsere Menschlichkeit und die sollten wir um jeden Preis bewahren.

Über den Autor

Quellen:
https://www.wetter-hessen.de/PDF/Durchführung_von_Trauerfeiern_und_Beerdigungen.PDF?ObjSvrID=232
2&ObjID=1944&ObjLa=1&Ext=PDF&WTR=1&_ts=1642416552
https://www.bestatter.de/presse/coronavirus-faqs/allgemeine-informationen-zum-coronavirus
https://www.dgpalliativmedizin.de/images/DGP_Unterstuetzung_Belastete_Schwerstkranke_Sterbende_Trauernde.pdf

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