Wie geht es in der Sicherheitspolitik weiter?

MdB Bernd Siebert, ehem. MdB Gerd Höfer, Sektionsleiter Holger Schmör Foto: Manfred Weider/nh

MdB Bernd Siebert, ehem. MdB Gerd Höfer, Sektionsleiter Holger Schmör Foto: Manfred Weider/nh 

FRANKENBERG (wd/nh) Der voll besetzte Saal zeugte davon, dass nicht nur das Thema, sondern auch das Datum der Veranstaltung der Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik e. V., Sektion Waldeck-Frankenberg, (GfW) richtig gewählt war.

 

Sektionsleiter Holger Schmör begrüßte vor 70 Zuhörern die beiden Referenten MdB Bernd Siebert, Mitglied im Verteidigungsausschuss und ehem. MdB Gerd Höfer, der in Vertretung von MdB Dr. Edgar Franke kam. Höfer war von 1994 bis 2009 MdB und im Verteidigungsausschuss.

Das aus vielen gemeinsamen Veranstaltungen bei der GfW eingespielte Duo zu Themen zur Sicherheitspolitik kam wieder gut beim Publikum an. Bernd Siebert ist Mitglied im Verteidigungsausschuss und brachte die neuesten Informationen aus Berlin mit. Gerd Höfer ist nach wie vor mit der Sicherheitspolitik eng vernetzt und ist ebenfalls bestens informiert.

Höfer begann mit seinen Bemerkungen zu den jüngsten Ereignissen in Sachen Sicherheitspolitik. Die Berufung von Ministerin von der Leyen sei schon eine Überraschung gewesen. Über ein Kalkül der Kanzlerin wollte er nicht spekulieren. Weiter führte er aus, dass die Ministerin schon mutig Pflöcke eingeschlagen hat, an denen sie nun gemessen wird. Bestmögliche Ausrüstung forderte sie mit der Bemerkung, Geld dürfe keine Rolle spielen, ohne den Finanzminister vorher zu kontaktieren. Dieser hätte sie ja auch zurückgepfiffen. So formuliert v.d. Leyen nun, dass alles nur im gesteckten Gesamtvolumen möglich sei. Ihre ebenfalls geforderte Vereinbarkeit von Dienst und Familie, sowie eine geringere Versetzungshäufigkeit seien lobenswert. Hierzu müssten aber die Voraussetzungen geschaffen werden. Diese hat der Bundeswehrverband bereits vor zehn Jahren genannt. Notwendig sind dazu Großstandorte. Nur dort ist aufgrund der vielen verschiedenen Einheiten, Verbände und Dienststellen ein Angebot, das die Förderung, damit Beförderung auch hergibt. Bei speziellen Verbänden, wie der EloKa, ist dies bei dieser „kleinen“ Truppe kaum zu verwirklichen. Bei seiner Schilderung der aktuellen globalen Lage ging er speziell auf Afrika ein. Hier sind postkoloniale Probleme aufgebrochen. Willkürliche Grenzziehungen der Kolonialmächte sind eine der Ursachen für die schlimmen Zustände. Damit sind die ehemaligen Kolonialstaaten auch in der Pflicht. Allerdings sind auch diese nur in der Lage hierfür und hätten das Know how zum Eingreifen. Der ausgeschlossene Einsatz deutscher Kampftruppen wird nicht so negativ von den anderen Staaten gesehen, wenn Deutschland sich in der Logistik und Sanitätswesen engagiert. Dies sind mit die teuersten Bereiche der Einsätze. Durch sein Statement zog sich der rote Faden mit immer wieder angemahnter Forderung zu europäischer Gemeinsamkeit.
Bernd Siebert brachte die aktuellen Stärken der deutschen Einsätze aus Berlin mit: 25 Soldaten bei ISAF, ein Soldat bei KVOR, 3077 Soldaten in Afghanistan, 781 im Kosovo, 364 in der Türkei, 170 im Libyeneinsatz, 348 am Horn von Afrika, 102 in Mali, 69 im Senegal, 16 im Südsudan, 10 im Sudan. Einen großen Rückzug aus den internationalen Einsätzen erwartet er auch nach der Rückkehr dieses Jahr aus Afghanistan nicht. Es zeichnen sich viele neue Aufträge ab. Auch er ging speziell auf Afrika ein. Siebert sieht eine direkte Gefahr für Europa und Deutschland. Es muss alles getan werden, damit keine Migrationswelle nach Europa entsteht. Den Einsatz Frankreichs bewertet er als sehr gut. Aber die Probleme können nicht alleine von dort gelöst werden. Frankreich sei finanziell am Ende, ebenso in der Durchhaltefähigkeit. Gemeinsamkeit sei nötig, mahnte auch er an. Für Deutschland sei es an der Zeit, sich aktuell auf die Weltsituation abgestimmte Regeln zu geben. Wir haben eine hervorragende Rüstungsindustrie, die aber nur zu halten sei, wenn auch exportiert werden kann. Die Bundeswehr allein ist ein zu kleiner Auftraggeber, führte er aus.

In der folgenden Diskussion gingen beide Referenten auf jede Frage ein. Die Frage nach Positivem, wurde mit dem Hinweis beantwortet, dass z. B. die Piraterie kaum noch in den Medien behandelt wird. Das ist auf den Erfolg der Einsätze zurückzuführen. Medien stürzen sich auf negative Erscheinungen, positive sind dort nicht gefragt. Interessant war die Schilderung eines Hauptfeldwebels aus dem Eloka-Bataillons der Verbesserungen seit den ersten Einsätzen in Afghanistan bis heute schilderte. So ist die Ausrüstung auf dem neuesten Stand. Es stehen inzwischen hervorragend gepanzerte Fahrzeuge zur Verfügung. Die jahrelange Erfahrung, das gegenseitige Kennenlernen der internationalen Soldaten führt zu gutem Miteinander, gleicht manchmal sogar fehlende Technik aus.

Holger Schmör erinnert daran, dass Militär keinen Konflikt lösen kann. Es kann nur den Verantwortlichen das Zeitfenster geben, um Frieden herbeizuführen.

Bernd Siebert erwartet in der neuen Legislaturperiode eine starke Veränderung Deutschlands. Die große Koalition hat die Möglichkeit die Rahmenbedingungen für die Herausforderungen der Zukunft zu schaffen.

Gerd Höfer nannte hierzu das Beispiel, dass die Trennung der militärischen Bundeswehr und der zivilen Seite aus den Erfahrungen der Vergangenheit her rührt und den heutigen Gegebenheiten nicht mehr gerecht wird. Eine nicht neue Forderung nach objektiver und zielführender Berichterstattung und Begleitung der Sicherheitspolitik in den und durch die Medien wurde wiederholt. Veranstaltungen wie die der GfW bezeichnete Bernd Siebert als sehr wichtig. Dies sei die direkte Schiene zu den Bürgern. Hier kann eventuell aus dem oft zitierten „wohlwollenden Desinteresse gegenüber der Sicherheitspolitik“ ein Interesse entsteht.

Etwas später als geplant verabschiedete Sektionsleiter Schmör mit einem Ausblick über die diesjährige Ausrichtung der GfW-Veranstaltungen beide Referenten.

 

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