Mangelnder Arbeitsschutz in hessischen Pflegeheimen

Wiesbaden(pm). Die gesundheitspolitische Sprecherin und stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag, Dr. Daniela Sommer, kritisiert die Kontrollen des Arbeitsschutzes in den hessischen Pflegeheimen durch die schwarzgrüne Landesregierung als „schlechten Witz ohne Pointe“. Nach einer Recherche des Portals BuzzFeed wurden zwischen August und Dezember 2020 nur 13 der 850 Pflegeheime in Hessen von den Behörden daraufhin kontrolliert, ob die Betreiber die Arbeitsschutzvorschriften unter Corona-Bedingungen einhalten. Zuständig für den Arbeitsschutz ist das hessische Sozialministerium zusammen mit den drei Regierungspräsidien.

Dr. Sommer sagte am Freitag in Wiesbaden: „Die Pflegeheime waren in der ersten und zweiten Welle der Pandemie regelrechte Hotspots für Covid-19-Erkrankungen, sowohl unter den Bewohnerinnen und Bewohnern als auch beim Personal. Fast zwei Drittel der bisherigen Corona-Toten waren in Pflegeeinrichtungen zu beklagen, auch beim Pflegepersonal gab es eine erschreckende Häufung der Infektionen. Umso mehr wäre es die Aufgabe der hessischen Behörden, engmaschig zu kontrollieren, ob die Heimbetreiber die zusätzlichen Vorgaben für den Arbeitsschutz einhalten: Ob ausreichend Schutzausrüstung vorhanden ist, ob diese korrekt getragen wird, ob wirksam desinfiziert werden kann und ob die Abläufe so organisiert sind, dass beispielsweise der erforderliche Abstand zwischen den Beschäftigten gewährleistet ist. Das ist ganz offensichtlich nie geschehen. Wie viele Infektionen, schwere Verläufe und Todesfälle hätten verhindert werden können, wenn Bewohner und Beschäftigte in hessischen Pflegeheimen den Schutz erhalten hätten, den sie verdienen? Diese Frage wird bei der Aufarbeitung der Pandemie eine entscheidende Rolle spielen.“

Ein internes Schreiben des Ministeriums an die Regierungspräsidien zu einer so genannten „Schwerpunktaktion Corona-Pflege“, das von BuzzFeed veröffentlicht wurde, mache deutlich, wie weit das Behördenhandeln von dem entfernt sei, was die Menschen landläufig unter einer „Kontrolle“ verstünden, so Dr. Sommer: „Es sollen an gerade einmal zehn Prozent der Einrichtungen – also an 85 von 850 – Fragebögen mit einer Selbstauskunft verschickt werden. Und diese 85 Fragebögen werden in der Ministeriumsstatistik als 85 Kontrollen gezählt. Ob sie die dabei gemachten Angaben nur auf ihre Plausibilität prüfen, oder ob sie deren Wahrheitsgehalt mit einem Besuch vor Ort überprüfen wollen, stellt das Ministerium ins Ermessen der chronisch unterbesetzten Fachabteilungen in den Regierungspräsidien. Anders gesagt: 90 Prozent der Pflegeheime müssen nicht einmal eine Selbstauskunft abgeben – und von den restlichen zehn Prozent muss allenfalls ein Bruchteil mit einem Behördenbesuch in Sachen Corona-Arbeitsschutz rechnen. Das halte ich für absurd. Von einer tatsächlichen Kontrolle der Arbeitsschutzvorschriften im Sinne der Beschäftigten kann jedenfalls keine Rede sein. Das wäre schon unter normalen Bedingungen ein Armutszeugnis – in der Corona-Pandemie ist es ein Skandal. Denn der mangelnde Arbeitsschutz gefährdet die Gesundheit der Pflegekräfte und der Bewohnerinnen und Bewohner.“

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