Gelungene Premiere des Bürgerdialogs in der Stadthalle Winterberg

Konkrete Infos, Fragen und Anregungen zu den Themen Verkehr, Wohnen und „Wer verdient am Tourismus?“

Winterberg(Ralf Hermann/nh). Wenn die Stühle nicht ausreichen, ist dies bei öffentlichen Diskussions-Veranstaltungen meist ein gutes Zeichen dafür, die richtigen Themen gesetzt zu haben. Bei der Premiere des Bürgerdialogs, zu dem Tourismus-Direktor Michael Beckmann am Mittwochabend in die Stadthalle im Oversum eingeladen hatte, reichten die Stühle nicht. Rund 170 Bürgerinnen und Bürger waren gekommen, um sich über die Themen Verkehr, Wohnen und „Wer verdient am Tourismus?“ zu informieren sowie rege zu diskutieren. Das Format aus direkter Debatte, kombiniert mit digitalen Elementen wie einen Online-Live-Chat hat gegriffen. Der Abend war nicht nur geprägt durch geballte Information mit Zahlen und Fakten, auch die Gäste brachten sich entweder über den Chat oder direkt am Mikrofon konstruktiv ein oder fixierten ihre Ideen und Meinungen an drei Themen-Tafeln direkt am Ort des Geschehens. Und der Bürgerdialog war am Mittwoch um 21 Uhr mit den Abschlussworten von Moderator und Wirtschaftsförderer Winfried Borgmann nicht beendet. Im Gegenteil, über die sozialen Netzwerke Facebook und Instagram der Ferienregion Winterberg wird fleißig weiter kommuniziert, angeregt und informiert. Nachhaltigkeit ist das Stichwort, im Gespräch bleiben die Devise. Deshalb wird es im November auch eine Neuauflage dieses Formats geben.

„Ich bin sehr zufrieden mit der Premiere. Es war schon ein Experiment, diesen Bürgerdialog anders und digitaler zu gestalten. Der kurzweilige Abend mit vielen guten Anregungen und Fragen sowie auch die Reaktionen in unseren sozialen Netzwerken zeigen, dass wir mit diesem Format nicht nur auf einem richtigen Weg sind, sondern über diesen Dialog neue Wege öffnen, Herausforderungen gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern anzugehen und zu meistern“, so Michael Beckmann einen Tag nach dem Bürgerdialog. Kurz, knapp und alles andere als oberflächlich kam zunächst das Thema „Verkehr“ auf den Tisch. Angeregt durch viele Diskussionen bei Facebook insbesondere an den Wintersport-Wochenenden war es Ordnungsamtsleiter Joachim Sögtrop, der kurz skizzierte, mit welchen Maßnahmen die Stadt versucht, das hohe Verkehrsaufkommen an solchen Wochenenden zu lenken und zu entlasten. Sögtrop und Beckmann machten aber auch klar, dass nicht alle guten Ansätze wie ein Verkehrsleitsystem mit einer speziellen Beschilderung aufgrund gesetzlicher Bestimmungen umsetzbar seien. Der Vorschlag, mehr Polizei an diesen Wochenenden einzusetzen, stieß auf viel Zustimmung. Sögtrop verwies in diesem Zusammenhang allerdings auf die enge personelle Ausstattung der Polizei, werde den Vorschlag allerdings noch einmal mit den zuständigen Stellen abstimmen. Beckmann setzt auch auf ein umfangreicheres Bahn-Angebot, um mehr Gäste auf der Schiene nach Winterberg zu bringen. Darüber hinaus seien auch alternative Anfahrtswege, die nicht

über die B 480 führen, ein Thema. Diese Routen müssten aber mit den betroffenen Städten und Gemeinden abgestimmt sein, da hier ein Gesamtkonzept erforderlich sei. Nur wenn alle Beteiligten von den umliegenden Kommunen bis hin zu den verantwortlichen Straßenbaubehörden bei Bund und Land hierfür grünes Licht gäben, sei dies umsetzbar. Ein durch die Stadt Winterberg beauftragtes Büro zur Bewertung der Verkehrssituation geht davon aus, dass dies ein langwieriger Prozess sei, der kurzfristig aufgrund der Vielzahl der unterschiedlichen Beteiligten nicht zu Entlastungen führen würde. Ein Problem seien auch die Navigationsgeräte, die eine sinnvolle Verkehrslenkung behindern. „Wenn wir nach links ausschildern auf eine alternative Route, sagt das Navi aber nach rechts und alle folgen der Stimme in den Stau“, so Beckmann. Das Verkehrs-Problem an Wintersport-Wochenenden sei allerdings nicht nur in Winterberg Thema. „Alle Wintersport-Destination kennen diese Problematik“, so der Tourismus-Chef.

Gibt es zu viele Ferienwohnungen in Winterberg und ein zu geringes Angebot an bezahlbaren Mietwohnungen? Auch beim Thema „Wohnen“ war zunächst ein Experte gefragt. Christian Hoeft, Immobilienexperte der Sparkasse Hochsauerland, schilderte die aktuelle Wohnungssituation aus seiner Sicht. So gebe es in der Tat in den Städten und Orten mit guter Infrastruktur mehr Nachfrage als Angebot. Dies sei aber kein spezifisches Winterberg-Problem, sondern betreffe zurzeit alle Städte. Die Menschen wollen dort wohnen, wo sie Arbeit und eine gute Infrastruktur vor der Haustür haben, so die Quintessenz. Dass es mittlerweile zu viele Ferienwohnungen gibt, auf Kosten von Mietwohnungen, war breiter Konsens im Plenum. Dies hat auch der Stadtrat erkannt und bereits einem weiteren Fewo-Projekten in der Kernstadt eine Absage erteilt, da dies bei diesem Projekt, anders wie bei dem Claasen-Grundstück, rechtlich möglich war. Auch für Michael Beckmann ist das aktuelle Angebot mit 600 gemeldeten Ferienwohnungen und rund 2000 Zweitwohnungen am Limit. Er betonte erneut, dass die Winterberg Touristik und Wirtschaft auch künftig kontrollieren werde, wer seiner Kurbeitragspflicht als Ferienwohnungsvermieter nachkomme. „Da geht es auch um Gerechtigkeit. 90 Prozent unserer Gastgeber führen den Kurbeitrag ordnungsgemäß ab. Wir werden genau prüfen, wer eine Wohnung inoffiziell als Ferienwohnung zum Beispiel über die Plattform Airbnb vermietet und nicht meldet. In solchen Fällen kann es sehr teuer werden“, so Beckmann weiter. Es sei wichtig, Maßnahmen zu
entwickeln, um das Angebot an Ferienwohnungen und bezahlbaren Mietwohnungen in ein gesundes Verhältnis zu setzen. Die Meinung des Plenums war, dass dies wichtig sei, um die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger zu sichern.

Das Thema Infrastruktur war auch ein wichtiger Bestandteil des finalen Punktes: „Wer verdient am
Tourismus?“ Wer eine einfache Antwort möchte: Im Prinzip alle in Winterberg. Dies zeigte der eigens erstellte Wirtschaftskreislauf. Schließlich kommt der Tourismus mit rund 210 Millionen Euro Umsatz im Jahr nicht nur den Liftbetreibern, Hoteliers und Gastronomen zugute, auch der Einzelhandel und das Handwerk profitieren von Aufträgen aus der unmittelbaren Tourismus-Branche. „Der Tourismus ist zudem ein wesentlicher Einnahmefaktor der Stadt Winterberg. Und die Stadt wiederum investiert mit diesen Steuereinnahmen in die Infrastruktur, in Schulen etc. Da schließt sich der Kreis“, so Beckmann. Mit weit über einer Million Übernachtungen im Jahr gehe es in der Ferienregion nicht mehr darum, die Gästezahl weiter zu steigern, sondern die Wertschöpfung pro Gast durch ein qualitativ hochwertiges Angebot zu erhöhen. Wie das funktioniert, erläuterte die für das Tourismuskonzept zuständige Projektmanagerin Paula Gernholt am Beispiel des E-Bike-Marktes. In dem Bereich werde wissenschaftlich fundiert und mit Zahlen belegt erfolgreiches Marketing betrieben. Dies gelte auch für die anderen Schwerpunkte Familienurlaub, Wandern und Natursport. „Die Marke Winterberg steht für das Moderne und Junge“, so Paula Gernholt. Darauf werde auch in Zukunft gesetzt. Dass letztlich auch die Einwohner profitieren, zeigt sich am durchschnittlichen, frei verfügbaren Einkommen jährlich von 22.4000 Euro pro Kopf in Winterberg. Dies sei z. B. mittlerweile höher als in Brilon.

Unter dem Strich wurden viele Fragen der Bürgerinnen und Bürger direkt beim zweistündigen Bürgerdialog beantwortet und Anregungen aufgenommen. „Fragen, die nicht sofort geklärt werden konnten, werden unsere Fachleute aufnehmen und beantworten. Wir stellen die Fakten dann zeitnah online zur Verfügung“, betont der Geschäftsführer der Winterberg und Touristik GmbH. Es sei wichtig, den Dialog über diese drei brennenden Themen auch über den Abend hinaus zu pflegen. „Wir bleiben auf jeden Fall am Ball, sind sehr dankbar für alle Fragen, Ideen und Anregungen und hoffen auf einen regen Austausch auch künftig, um gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern die Herausforderungen zum Wohle aller zu meistern.“ Wer sich beteiligen und informieren möchte online, hat einige Plattformen zur Verfügung. Bei Facebook geht dies insbesondere über die Gruppen „Winterberger Stadterlebnis“ sowie „Du bist Winterberger, wenn…“ Zudem wird in Kürze die Webseite www.buergerdialog-winterberg.de freigeschaltet, um die Diskussion auch langfristig fortsetzen zu können. Bei Instagram und Facebook ist auch Michael Beckmann selbst aktiv und freut sich über Nachrichten und Kommentare.

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