Drei hessische Vereine und eine Privatperson für herausragende Leistungen im Bereich der Denkmalpflege mit dem Ehrenamtspreis 2015 ausgezeichnet
Wiesbaden(nh). In der Rotunde des Biebricher Schlosses wurde am 6. Dezember 2015 vor rund 200 Gästen der Ehrenamtspreis in der Denkmalpflege des Landes Hessen verliehen. Staatssekretär Ingmar Jung vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst, sagte in seiner Ansprache: „Den diesjährigen Preisträgern möchte ich meine herzlichen Glückwünsche aussprechen. Die Ehrenamtlichen tragen nicht nur zur Erforschung und zum Erhalt bei, sondern leisten darüber hinaus einen wichtigen Beitrag für den Denkmalschutz bei den Leuten vor Ort und zu seiner positiven Wahrnehmung in der Öffentlichkeit. Deshalb ist es ein großes Anliegen der Hessischen Landesregierung, das ehrenamtliche Engagement in der Denkmalpflege zu fördern und zu würdigen.”
Die Preisträger
Erinnerungen schaffen und Verlorenem Raum geben, das ist das Motto des Heimat- und Geschichtsverein Rödelheim e.V., der sich zwischen 2006 und 2008 für die Sichtbarmachung des ehemaligen, von den Grafen von Solms-Rödelheim erbauten Schlosses in Rödelheim eingesetzt hat. Die Reste des im 19. Jahrhundert erbauten und im Zweiten Weltkrieg zerstörten Gebäudes wurden gesichert, eingefasst und gepflastert, so dass die Besucher die Umrisse des Schlosses abschreiten und seine Dimensionen sinnlich erfahren können. Ergänzt wird dies durch Hinweisschilder, die die Besucher in kurzen, gut bebilderten Texten über die Geschichte des Ortes informieren. Die Rödelheimer Bürger haben dieses Projekt auf breiter Basis mit getragen: die 65000 Euro Gesamtkosten wurden zum größten Teil durch ihre Spenden ermöglicht. Für sein herausragendes Engagement um die identitätsstiftende Vergangenheit Rödelheims wird der Heimat- und Geschichtsverein Rödelheim mit dem Ehrenamtspreis 2015 des Landes Hessen ausgezeichnet.
Ohne das Engagement des Heimat- und Verschönerungsvereins Seeheim e.V. gäbe es die Burgruine Tannenberg längst nicht mehr. Sie wäre aus dem Gedächtnis der Öffentlichkeit verschwunden und nur noch wenigen Eingeweihten ein Begriff. Dank des unermüdlichen Einsatzes des Vereins schon seit 1972 konnte die wertvolle Anlage an der vorderen Bergstraße wieder sichtbar gemacht werden: Ähnlich wie in Rödelheim werden dem Betrachter die Dimensionen der aus dem 13. Jahrhundert stammenden und bereits im 14. Jahrhundert wieder zerstörten Anlage durch die Freilegung, Sicherung und Ergänzung der Umfassungsmauern und ihrer Erschließungswege vor Augen gestellt. Dieses Engagement ist nicht nur von unschätzbarem Wert für die Erinnerungskultur der Bergstraße, sondern erhöht auch die touristische Attraktivität der Region mit ihrer reichen Burgenlandschaft. Heute ist die Anlage ein beliebtes Ausflugsziel. Örtliche Wanderorganisationen (HVV, Odenwaldclub und der Geopark) haben die Burg bei den Ausschilderungen ihrer Wanderwege und einer Mountainbikestrecke mit berücksichtigt, so dass sie nun fest in das touristische Repertoire der Region eingebunden ist. Neben regelmäßigen Pflege- und Sicherungsmaßnahmen will sich der Verein in den nächsten Jahren um den Ausbau weiterer Teile des Ensembles, die Errichtung von Aussichtspunkten und Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit der Besucher kümmern. Einen Großteil der Mittel dafür sind bereits erwirtschaftet. Für seinen überwältigenden Einsatz zur Rettung des kulturellen Gedächtnisses der Burgruine Tannenberg wird der Heimat- und Verschönerungsverein Seeheim e.V. mit dem Ehrenamtspreis 2015 des Landes Hessen ausgezeichnet.
Für die Burgruine Heiligenberg setzte sich von 2002-2012 der Heiligenbergverein Gensungen ein. In fast 12 000 ehrenamtlich geleisteten Arbeitsstunden bei jedem Wetter wurde die Burg mit Fachkenntnis, Durchhaltevermögen und Idealismus vom Unkraut gesäubert, außen und von innen gegen eindringendes Wasser gesichert. Fehlstellen wurden ergänzt. Die Sanierung der Burg trägt zur touristischen Erschließung einer vom demografischen Wandel betroffenen Region bei und fördert die Identifikation der Bürger mit ihrem Ort und seiner Geschichte. Bis heute engagiert sich der Verein für die Pflege des Waldes, der Wege und der umgebenden Natur. Für sein außerordentliches Engagement bei der Rettung der Burgruine Heiligenberg und seinen fortdauernden Einsatz wird der Verein mit dem Ehrenamtspreis des Landes Hessen ausgezeichnet.
Manfred Blechschmidt setzte sich 37 Jahre lang (1972 – 2009) in ehrenamtlicher Funktion – neben seiner Lehrertätigkeit – als Leiter der Kreisarchäologie für den Erhalt der Bodendenkmäler im Landkreis und der Stadt Gießen ein. Es ist Herrn Blechschmidt gelungen, ein funktionierendes, engmaschiges Netz aus über 70 ehrenamtlichen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen und Vereinen aufzubauen und zu pflegen. Die enge Kooperation mit dem Landesamt für Denkmalpflege Hessen, dem Landkreis sowie den Städten und Gemeinden war für ihn immer selbstverständlich. Durch die aktive Mitarbeit in den Denkmalbeiräten, der Archäologischen Gesellschaft Hessen und zahlreichen Geschichtsvereinen hat Herr Blechschmidt den Kontakt zu wichtigen Vertretern der Erinnerungskultur in Hessen nachhaltig und dauerhaft gepflegt. Auch durch eine intensive Medienarbeit, Volkshochschulkurse, Vorträge und Führungen hat es Herr Blechschmidt verstanden, die bürgerliche Öffentlichkeit für denkmalpflegerische Themen zu sensibilisieren und zu begeistern. Von der Vielzahl seiner Verdienste um Notgrabungen, Untersuchungen und Ausgrabungen im Landkreis Gießen und wichtigen Erkenntnissen zur Gründung der Stadt Gießen seien hier vor allem auch seine Verdienste um die Ausweisung von Wanderwegen im Kreisgebiet genannt, durch die wichtige archäologische Funde in die Freizeitaktivitäten der Bürgerinnen und Bürger und in die touristische Erschließung der Region eingebunden werden konnten. Für seinen leidenschaftlichen Einsatz um die Bodendenkmäler im Landkreis und der Stadt Gießen und seine Fähigkeit zu begeistern und zu überzeugen, wird Herr Manfred Blechschmidt mit dem Ehrenamtspreis 2016 des Landes Hessen ausgezeichnet.
Der Preis
Die Preisträger wurden von einer Jury, bestehend aus Vertretern des Landesamtes für Denkmalpflege Hessen und der Unteren Denkmalschutzbehörden ausgewählt. Insgesamt lagen 15 Vorschläge vor. Preisträger können Einzelpersönlichkeiten, bürgerschaftliche Initiativen oder Körperschaften sein. Leistungen auf allen Gebieten des Denkmalschutzes, der archäologischen Denkmalpflege, der Bau- und Kunstdenkmalpflege oder der Gartendenkmalpflege können gewürdigt werden. Vorschlagsberechtigt sind die unteren Denkmalschutzbehörden mit ihren Beiräten und das Landesamt für Denkmalpflege Hessen. Anders als beim Hessischen Denkmalschutzpreis, bei dem es vor allem um die Qualität der Sanierung eines Gebäudes geht, steht beim Ehrenamtspreis, der seit 2003 verliehen wird, das gemeinschaftliche Engagement im Fokus. Die Auszeichnung besteht jeweils in einer Urkunde und einem Geldpreis in Höhe von je 2000 €. Der Preis Ehrenamt in der Denkmalpflege wird von der Hessischen Landesregierung im Rahmen der Förderung des Ehrenamts „Gemeinsam Aktiv” seit 2003 gestiftet. In Hessen engagieren sich über 100 000 Bürgerinnen und Bürger in über 700 Vereinen regelmäßig für den Denkmalschutz.