Wirtschaftsspionage – die leise Bedrohung

Im Visier der Geheimdienste: die Industrie Fotomontage: EDR/od

 

Frankenberg(wd/nh) Die Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik e.V., Sektion Waldeck-Frankenberg (GfW) hatte am Mittwoch, 19. März zu einem Vortrag eingeladen, den viele vom Thema her bei der GfW nicht vermutet hätten. Manfred Weider, stellvertretender Sektionsleiter, begrüßte vor 70 Zuhörern Referenten Udo Schauff vom Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), der zum Thema „Wirtschaftsspionage, eine echte Gefahr für Sicherheit und Wohlstand?“ sprach.

Zu viele Bürger haben noch nicht erkannt, dass es keine Trennung mehr zwischen den klassischen Sicherheitsgebieten gibt. Spätestens seit dem 11. September 2001 ist klar, dass alles zusammenhängt, mit einander verwoben ist. So gehört auch die Wirtschaftsspionage in das Spektrum der GfW. Udo Schauff ist seit 2002 beim BfV in der Abteilung Spionageabwehr tätig. Schwerpunkt seiner Tätigkeit beim BfV waren unter anderem Analysen und nachrichtendienstliche Operationen. Seit einigen Jahren ist er im Referat Wirtschaftsschutz tätig. Seine Vorträge sollen sensibilisieren und auf die Risiken der Wirtschaftsspionage fremder Geheimdienste hinweisen. Schauff bezeichnete in seiner Einführung die Wirtschaftsspionage als „Leise Bedrohung“. Sie ist da, wird kaum erkannt, bleibt demnach zu oft unentdeckt. Ein Schaden von mehreren Milliarden entsteht jährlich durch Wirtschaftsspionage, führte er weiter aus. 

Deutschland ist ein beliebtes Ziel vor allem von stattlichen Spionageorganisationen, besonders aus dem östlichen Europa und Asien. Und da Deutschland als rohstoffarmes Land über seine Vorteile in Ideenreichtum, Innovation, damit mit Ideen- und Zeitvorsprung, seine Wohlstand erhalten oder steigern kann, sind wir ein großes Ziel für Wirtschaftsspionage. China unterhält etwa 800000 Personen in seinen drei Organisationen, Russland etwa 375000 Personen. In Deutschland sind in seinen drei Organisationen, BfV, BND (Bundesnachrichtendienst) und MAD (Militärischer Abschirmdienst) circa 13000 Personen tätig. Nach der Tätigkeit der USA auf diesem Sektor führte Schauff aus, dass hier keine Erkenntnisse vorliegen, da keine Aufklärung in diese Richtung betrieben wird. Die Nachfrage, warum nicht, ließ er im Raum stehen. 

Mehr Personal als Deutschland haben u.a. die ausländischen Dienste weil diese aktive Spionage betreiben. Eine Zuhörerfrage, ob der deutsche Staat aktive Wirtschaftsspionage betreibt, verneinte Schauff. Die sei bei uns auch kaum machbar. Denn welchem Unternehmen sollte man die Erkenntnisse zur Verfügung stellen, erklärte er. Bei Bekanntwerden würden sofort die Konkurrenten gegen diesen Vorteil klagen.
Die Möglichkeiten der Spionage seien vielfältig. Diplomatische Dienste, Medienorgane, Journalisten, staatliche und private Tarnunternehmen und Non professionales wie Wissenschaftler, Ingenieure, Trainees (Personen aus dem fremden Land, die hier ausgebildet werden), Studenten zählte Schauff auf. Joint Venture bergen große Angriffsmöglichkeiten. Das Ganze geschieht meist staatlich gesteuert aber auch illegal.
Wie funktioniert die Spionage? Die Staaten geben Aufträge Technologien und Firmen von Interesse zu suchen. Es werden dann Personen angesetzt, die meist über Mitarbeiter an die Informationen kommen wollen. Hier seien oft frustrierte Mitarbeiter deine gewinnbringende Quelle. Besuchsdelegationen werden zur Spionage eingesetzt. Es sind vier Personen angemeldet, es kommen aber 10 oder noch mehr. Dies werden kaum abgewiesen, man ist ja höflich und erhofft eine Geschäft. Schnell hat sich dann ein Delegationsmitglied abgesetzt und ist plötzlich in der Produktion oder mit einem USB-Stick im Serverraum. Als Gastgeschenk werden den Mitarbeitern USB-Sticks überlassen. Diese sind so präpariert, dass sie bei Nutzung Trojaner installieren, die dann ausspähen.

Nach seinen sehr anschaulichen Ausspähmethoden kam Schauff zu den Schutzmaßnahmen. Ein gesundes Misstrauen sollte bei allen Kontakten der stete Begleiter sein. Elektronische Missbrauchsvorsorge bei den Mitarbeitern und eine elektronische Entkoppelung zwischen Betrieb und Außenwelt bringt den effektivsten Schutz. Meist seien nur fünf Prozent wirklich schützenswert. Hier ist es aber unbedingt nötig.
Auch kleine und mittlerer Betriebe müssen die Gefahren ernst nehmen. Er führte ein Kleinunternehmen an, dass von einem Patent gut lebte. Ein angebotenes Joint Venture mit einem asiatischen Staat hätte dieses ruiniert. Auf Warnung des BfV kam es nicht zu einer Kooperation.
Das BfV kontaktiert bei Erkenntnissen die Firmen, um zu warnen. Eine wichtige Möglichkeit sich zu schützen, ist die Zusammenarbeit mit dem BfV. Bei dem kleinsten Verdacht sollte die Hilfe des BfV gesucht werden. Das BfV hat den großen Vorteil, dass es bei Kenntnis von illegalen Dingen nicht dem Strafverfolgungszwang unterliegt, wie die Polizei oder Staatsanwaltschaft. Es fehlt die Sensibilität in den Betrieben, führte Schauff aus. Hier sind alle Mitarbeiter gefordert. Es geht letztlich ja auch um deren Arbeitsplatz. Er bot an, in die Betriebe zu kommen, um zu beraten. Einige Unternehmer aus dem Zuhörerkreis knüpften gleich die Verbindung zu Schauff. Die angeregte Diskussion bestätigte, dass die „Leise Bedrohung“ noch nicht bekannt genug ist, nicht ernst genommen wird.

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