Kirchhain(pm). In diesem Jahr setzten Apfel- und Rapsblüte rund 10 Tage früher ein als im langjährigen Mittel. „Die Bienenvölker haben sich im Frühjahr überwiegend gut entwickelt und wir erwarten gute Honigerträge. Bereits Anfang Mai begann mancherorts die Ernte des Frühjahrshonigs und ist nun überall in vollem Gange“, zeigt sich Dr. Marina Meixner, Leiterin des Bieneninstituts Kirchhain, das beim Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) angesiedelt ist, anlässlich des Weltbienentags am 20. Mai zufrieden.
Bienenvölker unterschiedlich gut durch den Winter gekommen
Doch nicht alle Imkerinnen und Imker können an dieser positiven Entwicklung teilhaben – zahlreiche Bienenvölker sind im vergangenen Herbst und Winter gestorben. Die bundesweite Online-Erhebung des Fachzentrums Bienen und Imkerei in Mayen hat für Hessen Verluste von circa 23% ergeben. „Etwa 60% der hessischen Imkereien sind von Völkerverlusten betroffen, jedoch in sehr unterschiedlichem Ausmaß. Daher sind leider viele Imkerinnen und Imker nun nicht mit der Honigernte beschäftigt, sondern bilden neue Völker und bauen ihren Bestand wieder auf“, erläutert Dr. Gefion Brunnemann-Stubbe, Fachberaterin Imkerei im Bieneninstitut Kirchhain. Die hohen Verluste sind vor allem auf einen starken Befall mit der Varroamilbe im vergangenen Jahr zurückzuführen. Die Milbe ist zur Vermehrung auf die Bienenbrut angewiesen. Und da viele Völker ungewöhnlich früh mit dem Brüten begannen und dies bis in den Herbst fortsetzten, konnten sich die Parasiten besonders stark vermehren. „In den meisten Imkereien wird nach der letzten Honigernte Ameisensäure zur Varroabehandlung angewendet – ein Verfahren, das sich bislang bewährt hatte. Der Behandlungserfolg ist jedoch witterungsabhängig und könnte durch den regnerischen Sommer 2024 beeinträchtigt worden sein“, erklärt sich Dr. Gefion Brunnemann-Stubbe die hohen Verluste.
Klimawandel erfordert neue Betriebsweisen
Veränderte Umweltbedingungen wie Hitze- oder Trockenperioden, Starkregen oder ein früher einsetzendes Pflanzenwachstum stellen die Imkerei vor Herausforderungen. Seit vielen Jahren erforscht und entwickelt das Bieneninstitut Kirchhain daher praxisnahe Lösungen, die den Imkerinnen und Imkern helfen können, sich an die veränderten Umweltbedingungen anzupassen. So soll sichergestellt werden, dass die hessische Imkerei auch künftig erfolgreich bleibt. Ein Projekt befasst sich derzeit mit biotechnischen1 Verfahren zur Varroabehandlung. Bei diesen Verfahren wird im Sommer eine Brutpause herbeigeführt. Die Bienen brüten eine Zeit lang nicht und so wird auch die Vermehrung der Varroamilben unterbrochen. Die Bienenvölker können gesund überwintern. Ein großer Vorteil: Die Verfahren mit Brutpause wirken witterungsunabhängig. In Lehrgängen und Veranstaltungen des Bieneninstituts Kirchhain werden Imkerinnen und Imker zu den verschiedenen Varianten der Brutpause geschult, damit sie diese in ihrer eigenen Imkerei anwenden können. Im Projekt „Resiliente Betriebsweise“ wird derzeit eine Vorgehensweise entwickelt, die Varroabehandlungen mit Brutpause mit den praktischen Anforderungen der Imkerei verbindet. Dazu zählen ein geringer Zeitaufwand, eine reduzierte Arbeitsbelastung und weniger CO₂-Ausstoß. Dieser nachhaltige Ansatz soll auch in Zukunft weiterverfolgt werden.
Mehr als nur Honig
Honigbienen sind für die Bestäubung von Nutz- und Wildpflanzen unerlässlich und spielen eine entscheidende Rolle in der Lebensmittelerzeugung und der Biodiversität. Ihr Beitrag zur Ernährungssicherung übersteigt den reinen Honigertrag bei weitem. Damit dies so bleibt, müssen die Bienen gesund bleiben. Das Bieneninstitut Kirchhain trägt mit seiner praxisorientierten Forschung dazu bei. Es gibt mehrere biotechnische Maßnahmen zur Varroabekämpfung, über die der LLH auf seinem YouTube-Kanal informiert:
Das Bannwabenverfahren: https://youtu.be/FYKdV4iVHTc?.
Die künstliche Brutunterbrechung: https://youtu.be/Imm5Hi-YChU?.
Die komplette Brutentnahme: https://www.youtube.com/watch?v=VbGjYm2hrsM.
1 Biotechnische Verfahren nutzen die natürlichen Abläufe im Bienenvolk und kommen weitgehend ohne Tierarzneimittel aus.