Allendorf/Eder(pm). Turnusgemäß fand auf Einladung des Regierungspräsidiums Kassel in Allendorf/Eder die Gebietskonferenz für das Naturschutzgebiet Nitzelbachtal statt. Vertreterinnen und Vertreter von haupt- und ehrenamtlichem Naturschutz, Gemeindeverwaltung, betroffene Grundstückseigentümer und weitere Akteure diskutierten die Anstrengungen zum Erhalt und zur Pflege des wertvollen Offenlandlebensraums. Die Gebietskonferenz wird alle zwölf Jahre einberufen. Neben der Oberen Naturschutzbehörde des RP Kassel, die für die Wahrung
des günstigen Erhaltungszustandes der europäischen Schutzgüter zuständig ist, nahmen die Gemeinde Allendorf, das Forstamt Frankenberg-Vöhl, die örtliche Jagdgenossenschaft, ein Fachgutachter sowie der NABU-Kreisverband teil. Das große Interesse am Naturschutzgebiet Nitzelbachtal, das ebenfalls als Teil des FFH-Gebietes „Obere Eder“ nach europäischem Recht geschützt ist, wurde durch die Teilnahme zahlreicher Grundstückseigentümer und Bewirtschafter deutlich. Schutzziel des 1995 ausgewiesenen, 84 Hektar großen und nördlich von Allendorf gelegenen Naturschutzgebietes ist die Erhaltung und Entwicklung der Lebensgemeinschaften der Bäche, Uferstaudenfluren und -gehölze, wie auch der Schutz von Feuchtwiesen, Bergwiesen und Borstgrasrasen. Auf diesen Grünlandstandorten erfolgen je nach Ausprägung beispielsweise eine späte Mahd mit Entnahme des Mahdgutes zum Erhalt orchideenreicher Feuchtwiesen oder eine Beweidung mit Schafen, um eine Verbrachung der Flächen zu verhindern.
Im Rahmen einer Grunddatenerfassung wurde 2003 der Zustand der nach der europäischen FFH-Richtlinie geschützten Lebensraumtypen und Arten im Nitzelbachtal ermittelt. Für die dort festgestellten Mähwiesen und Borstgrasrasen sowie den namensgebenden Nitzelbach und seine angrenzenden Auwälder und Hochstaudenfluren wurden damals Maßnahmen zum Erhalt des günstigen Zustandes formuliert. Nach einer erneuten Zustandserhebung des Gebietes in 2022 durch einen Fachgutachter wurde nun auf der Gebietskonferenz die positive Gebietsentwicklung der vergangenen Jahre vorgestellt. Anschließend wurde im Austausch mit den Teilnehmern die zukünftige mittelfristige Maßnahmenplanung diskutiert. Positive Entwicklung dank engagierter Bewirtschafter Die für Schutzgebiete zuständige ONB wie auch die übrigen Teilnehmenden der Gebietskonferenz stimmten darin überein, dass der gute Zustand der Naturschutzflächen maßgeblich auf die von vielen Grundstückseigentümern und Bewirtschaftern betriebene extensive Landwirtschaft zurückzuführen sei. Durch historische Bewirtschaftung entstandene Offenlandlebensräume sind heutzutage vielerorts dadurch gefährdet, dass sie aus der landwirtschaftlichen Nutzung herausfallen. Der erhebliche Aufwand bei der Bewirtschaftung dieser oft schwer zugänglichen Grenzertragsstandorte wird bisher nicht ausreichend honoriert und anerkannt. Diese Lebensräume zu erhalten, gelingt nur in enger Zusammenarbeit mit engagierten Eigentümern und Bewirtschaftern, wie im Nitzelbachtal, die häufig aus ideellen Gründen bereit sind, den Mehraufwand zu leisten.
Hintergrund
Die Obere Naturschutzbehörde des Regierungspräsidiums Kassel führt im Abstand von 12 Jahren sogenannte Gebietskonferenzen in den FFH-Gebieten durch. Diese dienen der Überprüfung der Erhaltungszustände der geschützten Lebensräume und Arten unter Beteiligung aller Akteure im Gebiet. Die Obere Naturschutzbehörde ist nach dem §31 Abs. 1 HeNatG für die Ermittlung von Maßnahmen zur Erhaltung und Wiederherstellung der günstigen Erhaltungszustände der Gebiete, wie auch für die Überwachung zuständig. Als FFH-Gebiet werden Flächen bezeichnet, die aufgrund der FFH-(Flora-Fauna-Habitat) Richtlinie der EU (Richtlinie 92/43/EWG) mit Verordnung von 2008 in Hessen gesichert wurden. Der Grund für die Unterschutzstellung der Gebiete liegt in den dort vorkommenden und in der FFH-Richtlinie genannten wertvollen Lebensraumtypen (Anhang I der Richtlinie) und Arten (Anhang II der Richtlinie). Naturschutzfachlich wertvolle Lebensräume und Arten sind in Mitteleuropa und auch im Nitzelbachtal oft in historisch genutzten Kulturlandschaften zu finden. Das früher im Naturschutz häufig verfolgte
Ziel des Prozessschutzes gilt für diese sogenannten Offenlandlebensräume als überholt. Eine extensive landwirtschaftliche Nutzung, die optimalerweise auf vielen kleinen Flächen zu
unterschiedlichen Zeitpunkten erfolgt und dadurch eine kleinräumige landschaftliche Vielfalt erhält, ermöglicht vielen spezialisierten Arten ein Überleben. Da diese Art der Nutzung heutzutage oft nicht mehr rentabel ist, sind Lebensräume wie Mähwiesen und Borstgrasrasen im Rückgang begriffen.