Emmauskapelle in Hatzfeld: Konzert mit dem Ensemble Concert Royal

Werke aus der Zeit zwischen Frühbarock und Klassik stehen auf dem Programm
Hatzfeld(pm). Während die Komponisten, von denen in diesem Konzert Orgelwerke erklingen werden, alle einen großen Bekanntheitsgrad erreicht haben, handelt es sich bei den Komponisten der Werke für Oboe und Orgel eher um heutzutage unbekanntere Meister, die es zu entdecken gilt. Der unbekannteste Komponist des Abends wurde von Johann Mattheson selbst als sein Lehrer bezeichnet: Elias Bronnemüller. Man weiß so gut nichts von seinem Leben, er muss jedoch schon sehr früh in Hamburg gelebt haben, um Mattheson zu unterrichten, soll viel durch Europa gereist sein, zu seinen Lehrern gehören Corelli und Alessandro Scarlatti in Italien. 1703 hatte er eine Anstellung in Arnheim, später weilte er in Den Haag und danach bis zu seinem Tode in Amsterdam. In dieser Zeit war es nur privilegierten Musikern vorbehalten, ihre Werke in Druck zu geben. Bronnemüller veröffentlichte ab 1709 gleich drei Sammlungen. Seine 6 Sonaten für Oboe erschienen 1712, es handelt sich wohl um die erste Sammlung von Sonaten für Oboe überhaupt. Zu dieser Zeit kamen die ersten Oboisten aus Frankreich durch ganz Europa, Bronnemüller hat seine Werke sicher für diese Musiker komponiert und ihnen durch den französischen Komponierstil ein Denkmal gesetzt. Außergewöhnliche Musik für ein damals neues Instrument.

Werbung

Im Zentrum des Konzertes stehen zwei der drei Trios oder Sonaten für Oboe und obligate Orgel von Johann Wilhelm Hertel. Das erhaltene Autograph der dritten Sonate ist datiert mit Ludwigslust, 16. März 1762. Man kann also davon ausgehen, dass Hertel diese Werke auch im dortigen Jagdschloss aufgeführt hat. Die neue Schlossanlage wurde erst später fertiggestellt, die heutige Stadtkirche als dazugehörige Hofkirche in den Jahren 1765 – 1770 ebenso auf Veranlassung des Herzogs Friedrich erbaut. Die drei Werke mit obligater Orgel tragen in der Abschrift, die sich heute in der Bibliothek des Conservatoire Royal de Musique Brüssel befindet, folgenden Titel: „Tre Trii per l’Organo obligato e Oboe obligato composte da Giov. Gugl. Hertel“. Im dritten Trio stehen alternative Besetzungsmöglichkeiten: Oboe o Flauto und Organo o Cembalo. Leider ist uns nur vom dritten Trio das Autograph in der Mecklenburgischen Landesbibliothek Schwerin erhalten, hier stehen neben der Oboe die Alternativbesetzungen Flöte oder Violine, die Alternative Cembalo findet sich hier jedoch nicht. Unbekannt ist, wo genau diese Sonaten zur Aufführung kamen. In Ludwigslust gab es zu dieser Zeit eine Dorfkirche, die heute nicht mehr existiert, es ist jedoch sehr unwahrscheinlich, dass sich der Hof zu Konzerten dorthin begeben hat. Aber es gab einen Saal im Jagdschloss von Klenow (der Name Ludwigs-Lust existiert erst seit 1754), der für Festlichkeiten und Konzerte genutzt wurde. Bekannt ist auch, dass der Erbprinz selbst leidenschaftlich gerne Orgel spielte und eine Kammerorgel besaß. Möglicherweise stand dieses Instrument im Jagdschloss  Ludwigslust und wurde für kammermusikalische Konzerte verwendet.

Werbung

Johann Wilhelm Hertel wurde am 9. Oktober 1727 in Eisenach geboren und starb am 14. Juni 1789 in Schwerin. Sein Vater Johann Christian Hertel war ein berühmter Gambist und, bis zu deren Auflösung 1741, Konzertmeister der Eisenacher Hofkapelle. Auf Empfehlung von Franz Benda bekam er später eine Anstellung als Konzertmeister am Hof von Mecklenburg-Strelitz. Sein Sohn Johann Wilhelm erhielt schon sehr früh Musikunterricht bei dem Eisenacher Bach-Schüler Johann Heinrich Heil und begleitete den Vater bereits mit zwölf Jahren als Cembalist auf dessen Konzertreisen. Mit dem Stellenwechsel des Vaters verließ die Familie Hertel Eisenach und kam im Frühjahr 1742 in Neustrelitz an. Johann Wilhelm wurde nach Zerbst geschickt, um beim dortigen Konzertmeister Carl Höck, einem gebürtigen Österreicher, in die Lehre zu gehen und lernte gleichzeitig das Musikleben des Zerbster Hofes und berühmte Musiker wie Johann Friedrich Fasch kennen. Im Oktober 1745 reiste Johann Wilhelm zurück nach Neustrelitz. Die Jahre 1747 und 1748 dienten noch einmal der Vervollkommnung seiner Ausbildung, dieses Mal in Berlin. In Berlin hatte er Kontakt mit den Brüdern Benda, Carl Heinrich Graun und Carl Philipp Emanuel Bach und hielt diese Kontakte mit der Berliner Schule auch weiterhin aufrecht. Wieder einmal zurück in Neustrelitz bekam er eine Anstellung bei Hofe und vertrat hier 1751 – 1752 seinen erkrankten Vater. Die Hofkapelle wurde mit dem Tod des Herzogs Adolph Friedrich aufgelöst, ein Teil der Musiker um Johann Wilhelm Hertel übersiedelte mit der Witwe des Herzogs nach Schwerin, wo Hertel dann die Nachfolge von Karl Adolph Kuntzen als Hof-Compositeur antrat. 1767, als die Hofkapelle nach Ludwigslust verlegt wurde, entließ man Hertel in Ehren. Zwischenzeitlich jedoch, in der Zeit des Siebenjährigen Krieges, während der sich der Hof sich in ein „trauriges Stillschweigen“ einhüllte, folgte Hertel dem Ruf als Musikdirektor nach Stralsund. Jedoch, „…der Mangel an gutem Trink-Waßer und besonders die platte, einförmige von Bergen, Thälern, Busch und Wald auf einem weiten Umkreiß entblößte Gegend der Stadt war ihm gleich etwas wiedrig aufgefallen….“ , so Hertel wörtlich in seiner Autobiographie. So bereiteten ihm die ärztlich angeordneten Spazierritte eher Trübsinn und er beschloss schon im darauffolgenden Jahr 1760 die Rückkehr nach Schwerin. Nach Beendigung des Krieges konnte die Hofkapelle ansehnlich verstärkt werden, es traten sogar Sänger hinzu. Laut eigenen Angaben verbrachte Hertel immer wieder Zeiten in Ludwigslust und unterrichtete dort die Prinzessin Ulrike Sophie und den Erbprinzen Friedrich im Clavier-Spielen und komponierte. Unter Herzog Christian Ludwig II. schrieb Hertel insbesondere repräsentative Instrumentalmusik, unter dessen Nachfolger Friedrich (genannt „Der Fromme“) verlagerte sich der Schwerpunkt seines Schaffens jedoch auf geistliche Musik.  Nach seiner Entlassung 1767 blieb Hertel als Privatsekretär, später mit dem Titel Hofrat im Dienst der Prinzessin Ulrike Sophie. Er unterrichtet und organisierte Konzerte für den Ludwigsluster Hof.

Werbung

Ein Komponist, der im Laufe 19. Jahrhunderts mehr und mehr in Vergessenheit geraten war und in den letzten Jahren ein berechtigtes Comeback feiert, ist Gottfried August Homilius. Aufgewachsen als Pfarrerssohn in Porschendorf bei Lohmen, kam er 1735 zum Studium nach Leipzig. In dieser Zeit war er laut Quellenangaben von Johann Adam Hiller und Forkel Schüler Bachs. 1742 kam Homilius nach Dresden und wurde Organist der damals neu erbauten Frauenkirche, 1755 Kantor der Kreuzkirche und war damit Musikdirektor der drei Dresdner Hauptkirchen Kreuzkirche, Frauenkirche und Sophienkirche, eine Stellung, die der des Leipziger Thomaskantors Bach gleichkam. (Nach der Zerstörung der Kreuzkirche im 7-jährigen Krieg 1760 war seine Hauptwirkungsstätte wieder die Frauenkirche.) Da es im Gegensatz zu Leipzig in Dresden keine Universität gab, aus der die Instrumentalisten für die kirchenmusikalischen Aufführungen rekrutiert werden konnten, wurde die dortige Kirchenmusik mit Instrumentalisten der Dresdner Hofkapelle besetzt, und das reichhaltige musikalische Leben am Hof inspirierte den Stil der Kirchenkompositionen durch üppige und reichhaltige Besetzungen bei den Aufführungen. Zum Schülerkreis von Homilius gehören Christian Friedrich Schemelli, Daniel Gottlieb Türk, Johann Adam Hiller und Johann Friedrich Reichardt und Christian Gotthilf Tag.

Sonntag, dem 19.06.2022, 17.00 Uhr, „Vom Frühbarock bis zur Frühklassik, Orgel und Barockoboe im Wandel der Zeit“ mit dem Ensemble CONCERT ROYAL Köln (ECHO Klassik Preisträger 2015) Karla Schröter, Barockoboe und Willi Kronenberg, Truhenorgel/Orgel. Der Eintritt zu dem Konzert beträgt 15,00 €.