Ausbildungsmarkt trotz Corona stabil

Agentur für Arbeit, Kreishandwerkerschaften und IHK ziehen Bilanz 2020/21
Waldeck-Frankenberg/Schwalm-Eder(pm). Der Ausbildungsmarkt in Waldeck-Frankenberg und im Schwalm-Eder-Kreis zeigt sich trotz Corona weitgehend stabil. Dies wurde bei der Bilanz zum Ausbildungsjahr 2020/21 deutlich, die heute die Agentur für Arbeit Korbach sowie die Kreishandwerkerschaften und IHK-Servicezentren für die beiden Landkreise zogen. Als Problem wurde insbesondere eine sinkende Zahl an Bewerberinnen und Bewerbern für eine duale Ausbildung benannt.

Agentur für Arbeit Korbach

Von „Licht und Schatten“ spricht der Leiter der Agentur für Arbeit Korbach, Uwe Kemper, beim Blick auf den Ausbildungsmarkt, der in diesem Jahr deutliche Auswirkungen der Pandemie zeige. „Wir verzeichnen im Berichtsjahr Oktober 2020 bis September 2021 mehr Ausbildungsstellen und nähern uns wieder den Vor-Corona-Jahren an. Bei den gemeldeten Bewerberinnen und Bewerbern für einen Ausbildungsplatz gibt es hingegen einen Einbruch um rund ein Fünftel. Zwar waren die Bewerberzahlen auch in den vorherigen Jahren schon rückläufig, aber bei weitem nicht in diesem Umfang.“ Insgesamt waren im Agenturbezirk 2266 Ausbildungsstellen gemeldet, 55 mehr als im Vorjahr (plus 2,5 Prozent) und 32 weniger als im Berichtsjahr 2018/19. Ihnen standen 1625 Bewerberinnen und Bewerber für eine Berufsausbildung gegenüber, ein Rückgang um 404 Personen im Vergleich zum Vorjahr (minus 19,9 Prozent). Im Berichtsjahr 2018/19 waren es noch 2141 Bewerber gewesen. Ende September waren im Agenturbezirk noch 219 Lehrstellen unbesetzt und 79 Bewerber unversorgt (Vorjahr: 148 Ausbildungsplätze nicht besetzt, 159 unversorgte Bewerber). Rechnerisch kommen somit auf einen unversorgten Bewerber 2,26 freie Ausbildungsstellen.

Als wesentliche Ursache für die rückläufigen Bewerberzahlen nennt Kemper die wegen der Corona-Einschränkungen fehlenden Möglichkeiten der Berufsorientierung für die jungen Menschen. „Praktika waren kaum möglich, unsere Berufsberatung konnte über den Großteil des Jahres nicht persönlich in die Schulen kommen.“ Zwar habe die Agentur mit neuen Angeboten gegengesteuert, zum Beispiel der Videokommunikation. „Die wöchentliche Präsenz der Berufsberatung in den Schulen konnten wir aber digital und telefonisch nicht komplett ersetzen.“ Dass die Zahl der unversorgten Bewerber im Vergleich zum Vorjahr um 39 Prozent zurückgegangen sei, nannte Kemper erfreulich, aber „die Zahl der unbesetzten Ausbildungsstellen ist um 48 Prozent gestiegen. Die fehlenden Auszubildenden von heute sind die fehlenden Fachkräfte von morgen.“ Allen Schulabgängern, die sich noch nicht für einen künftigen Beruf entschieden haben, legt der Agenturleiter ans Herz, sich mit einer dualen Ausbildung zu beschäftigen. „Die – auch langfristigen – Perspektiven sind wirklich gut.“

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Die Zahlen für die beiden Landkreise: In Waldeck-Frankenberg stieg die Zahl der gemeldeten Ausbildungsstellen um 12 auf 1241 (plus 1,0 Prozent) und es meldeten sich 900 Bewerber, 153 weniger als im Jahr zuvor (minus 14,5 Prozent). 113 offenen Ausbildungsstellen standen Ende September 58 unversorgte Bewerber gegenüber (Vorjahr: 87 offene Stellen, 94 unversorgte Bewerber).Im Schwalm-Eder-Kreis verzeichnete die Agentur für Arbeit 1025 Ausbildungsstellen, das entspricht einem Plus von 43 Stellen (plus 4,4 Prozent), und 725 Bewerber (minus 251, minus 25,7 Prozent). Davon waren zum Ende des Berichtsjahres noch 39 unversorgt (Vorjahr 65), bei gleichzeitig noch 106 offenen Ausbildungsstellen (Vorjahr: 61).

TOP 5 der Berufe

Die beliebtesten Berufe bei den Bewerbern waren im Berichtsjahr Kaufmann/-frau Büromanagement, Verkäufer/in, Kaufmann/-frau Einzelhandel, Kfz-Mechatroniker (Pkw-Technik und Medizinische Fachangestellte. Das deckt sich zum Teil mit den häufigsten gemeldeten Ausbildungsstellen. Die Top 5: Kaufmann/-frau im Einzelhandel, Verkäufer/in, Industriekaufmann/-frau, Kaufmann/-frau – Büromanagement, Zahnmedizinische/r Fachangestellte/r. Hotline Berufsberatung: Tel. 05631/957-158, Mail: Korbach.berufsberatung@arbeitsagentur.de.

 

Industrie- und Handelskammer Kassel-Marburg

Duale Ausbildung bietet vielfältige Chancen

Im Jahr 2020 und 2021 haben die Unternehmen im gesamten IHK-Bezirk Kassel-Marburg 4206 bzw. 4202 Ausbildungsverträge neu abgeschlossen. Die Situation kann daher als stabil bezeichnet werden. Hessenweit gingen die Neuverträge bei den IHKs um 2,5% zurück.Das Grundproblem des Ausbildungsmarktes bleibe jedoch bestehen. Die Unternehmen erhielten bereits seit Jahren deutlich weniger Bewerbungen als in den Vorjahren. Dieser Trend werde sich fortsetzen und das Fachkräfteproblem verstärken, so Dr. Thomas Fölsch, Bereichsleiter Aus- und Weiterbildung bei der IHK Kassel-Marburg. „Wir müssen bei jungen Menschen noch intensiver für einen Karriereeinstieg über eine duale Ausbildung werben, die Attraktivität der beruflichen Bildung erhöhen und zugleich die Integration weiterer Zielgruppen vorantreiben. Es gibt keinen wirkungsvolleren Karrierestart als derjenige über Arbeit und Ausbildung.“ Die Bildungsberater der IHK unterstützen Unternehmen im gesamten Kammerbezirk bei Fragen zur dualen Ausbildung und helfen Jugendlichen bei der Berufswahl. „Wir müssen Schüler und Eltern davon überzeugen, dass eine betriebliche Berufsausbildung gleich gute Karrierechancen bietet wie ein Studium“, so Fölsch abschließend. „Besonders erwähnenswert ist die gute Zusammenarbeit mit den Ausbildungsunternehmen, den Schulen, dem Landkreis, den Bildungsträgern und der Agentur für Arbeit. Gemeinsam erreichen wir einfach mehr.“, sagt Carolin Dobersch, Leiterin des Servicezentrums Waldeck-Frankenberg. Unternehmen und Jugendliche können sich direkt an die Bildungsberatung der IHK-Kassel-Marburg wenden (Tel.: 0561 7891-288, E-Mail: bildungsberatung@kassel.ihk.de) oder ihr Angebot in der kostenfreien Lehrstellenbörse der IHK einstellen: www.ihk-lehrstellenboerse.de.

Landkreis Waldeck-Frankenberg

Der Ausbildungsmarkt der IHK-Berufe im Landkreis Waldeck-Frankenberg hat sich leicht rückläufig entwickelt. Zum Stichtag 1. November 2021 sind für den Landkreis 601 (Vorjahr 633) neu eingetragene Berufsausbildungsverträge registriert. Das Ergebnis ergibt sich aus einem Minus von 8,7% (242 Verträge) in den gewerblich-technischen Berufen und einem Minus von 2,4 % (359 Verträge) in den kaufmännischen Berufen.

Schwalm-Eder-Kreis

Der Ausbildungsmarkt der IHK-Berufe im Schwalm-Eder-Kreis hat sich stabil entwickelt. Zum Stichtag 1. November 2021 sind für den Landkreis 535 (Vorjahr 536) neu eingetragene Berufsausbildungsverträge registriert.
Das Ergebnis ergibt sich aus einem Minus von 7,1% (184 Verträge) in den gewerblich-technischen Berufen und einem Plus von 3,8% (351 Verträge) in den kaufmännischen Berufen.

Kreishandwerkerschaft Waldeck-Frankenberg

Handwerk trotz der Pandemie und verzeichnet ein Plus von 1,7% gegenüber dem Vorjahr

„Die Ausbildungszahlen im Waldeck-Frankenberger Handwerk stimmen uns optimistisch“, so Hauptgeschäftsführer Gerhard Brühl. „Im Vergleich zu den neu eingestellten Auszubildenden in dem Zeitraum 1.10.2019 bis 30.09.2020 mit 358 konnten wir für das Zeitfenster 1.10.2020 bis 30.9.2021 mit 364 Ausbildungsverträgen ein Plus von 1,7 Prozent verzeichnen. Dieser Trend spiegelt die Entwicklung der Ausbildungszahlen im gesamten Kammerbezirk Kassel wider. Auch hier ist zurzeit ein Plus von 2 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu beziffern. „Unser Ziel ist es am Jahresende wieder an die Zahl der Neueinstellungen Vor-Corona zu kommen“, so Brühl. „Die Handwerksbetriebe in Waldeck-Frankenberg wollen nach wie vor ausbilden. Doch es fehlen die Bewerber. Dabei sind junge Menschen, die Zukunft gestalten wollen, im Handwerk genau richtig. Das bietet eine ganze Palette an zukunftssicheren und klimarelevanten Berufen. Energie- und Mobilitätswende, Klimaschutz, Smart-Home und E-Health, Lebensmittel- und Gesundheitsmittelversorgung: All das – und vieles mehr – setzen Handwerkerinnen und Handwerker um. Die Arbeit wird ganz sicher nicht ausgehen.“

Jeder ausbildungswillige und ausbildungsfähige Jugendliche kann im Handwerk noch einen Ausbildungsplatz bekommen. Das Handwerk in Waldeck-Frankenberg freut sich jederzeit über neue Auszubildende, auch außerhalb des regulären Starts. In der Lehrstellenbörse der Handwerkskammer Kassel befinden sich noch über 350 freie Ausbildungsplätze in Nord-, Ost-, und Mittelhessen für das Ausbildungsjahr. Das Angebot umfasst die Berufe: Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik, Bäcker, Dachdecker, Elektroniker, Fahrzeuglackierer, Friseur, Fleischer, Hörakustiker, Maler und Lackierer, Kraftfahrzeugmechatroniker, Metallbauer, Fachverkäuferin im Nahrungsmittelhandwerk, Tischler und Zimmerer. Als große, aber nicht unlösbare Aufgabe sieht Gerhard Brühl die Berufsorientierung der Schulabgänger in Pandemiezeiten. Weil Berufsmessen, Praktika und Vorträge an Schulen in der Vergangenheit ausgefallen seien, konnte durch eine große Bandbreite an digitalen Angeboten bzw. durch Telefonaktionen etliches aufgefangen werden. Für das Handwerk ist eines völlig klar: Alle Jugendlichen, die eine Karriere im Handwerk anstreben, sollen diese Möglichkeit auch bekommen. „Wir geben niemanden verloren – keinen Jugendlichen und erst recht keine Generation“ bekräftigt Brühl. „Denn wenn wir die Jugendliche heute nicht ausbildenden, fehlen sie uns in drei Jahren als Fachkräfte. Daher der Appell an die Betriebe. Bilden Sie weiter aus!“ Wie hoch zum Jahreswechsel konkret die Zahlen ausfallen werden, hängt entscheidend davon ab, wie offene Stellen nachbesetzt und wie viele Ausbildungsabbrüche vermieden werden können. Informationen zu den Ausbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten im Handwerk sind auf www.handwerk.de zusammengestellt. Zudem bietet die Plattform www.komminsteamhandwerk.de einen Begegnungsraum für Interessierte und Unternehmen. Die Kreishandwerkerschaft Waldeck-Frankenberg in Korbach steht Jugendlichen und Eltern unter der Telefonnummer 05631 9535 100 zur Ausbildungsberatung zur Verfügung.

Kreishandwerkerschaft Schwalm-Eder

Die Kreishandwerkerschaft Schwalm-Eder mit fast 1000 Mitgliedsbetrieben ist ein starker Partner in der dualen Ausbildung. Die Bereitschaft der Betriebe, junge Menschen in den verschiedenen Handwerksberufen auszubilden, ist trotz der Pandemie ungebrochen hoch, berichtet Wolfgang Scholz, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Schwalm-Eder. Besonders erfreulich sei, dass die Ausbildungszahlen im Handwerk wieder anstiegen. Im Vergleich zum Vorjahr wurden zum Stichtag 30.09.2021 ein Plus von über 10 Prozent erreicht. Nach aktuellen Zahlen liegt der Wert ebenfalls um ca. 10 Prozent über dem Vorjahreswert. Damit hat das Handwerk im Schwalm-Eder-Kreis die „Delle“ des Vorjahres fast ausgeglichen. Zulegen konnten besonders Berufe im Bauhaupt- und Baunebengewerbe, insbesondere die Berufe Maurer, Zimmerer, Dachdecker, Metallbauer und Tischler. Auch im Handwerk sind Branchen und Berufe unterschiedlich stark von der Corona-Pandemie betroffen. Besonders betroffen sind nach den Worten Scholz‘ das Friseur-, Bäcker- und Fleischerhandwerk. Die zeitweise Schließung der Geschäfte und die folgenden hohen Anforderungen an den Infektionsschutz haben teilweise erhebliche Spuren bei den Betrieben hinterlassen. In diesen Berufen ist der Mangel an Fachkräften nochmals verschärft worden. Eine besondere Konstellation ergibt sich im Kraftfahrzeughandwerk. Hier sind neben der Pandemie auch ein Marktumbruch und Kaufzurückhaltung zu erkennen. Die vorliegenden Ausbildungszahlen sprechen jedoch eine andere Sprache. Gegenüber dem Vorjahr stieg die Zahl der Auszubildenden sogar leicht an. Viele Handwerksbetriebe haben sich auf die neuen Gegebenheiten eingestellt und haben auch in der Pandemie überwiegend weitergearbeitet. Die Auftragsbücher sind in vielen Handwerksbranchen gut gefüllt. Störfeuer kommt eher von anderer Seite: Lieferengpässe, Materialmangel und damit teilweise extreme Preissteigerungen trüben das gute Gesamtbild ein.

Mit Blick auf die Berufsorientierung leidet gerade das Handwerk vom Ausfall der Berufsbildungsmessen und Ausbildungsbörsen. Die digitalen Angebote („Digitale Woche der Ausbildung“, „Komm ins Team Handwerk“ etc.) können laut Scholz den Ausfall nicht wettmachen und sind bestenfalls ein zusätzliches Angebot und ein Behelf. Die Kreishandwerkerschaft und die Innungen haben die Handwerksbetriebe aufgefordert weiterhin aktiv Praktikumsplätze anzubieten. Damit kann Berufsorientierung im „kleinen Rahmen“ umgesetzt werden. Es bleibe nur die Hoffnung, dass die Pandemie an Bedeutung verliere, und Begegnungen von Menschen vermehrt möglichen würden. Die Pandemie wird auch im kommenden Jahr nicht verschwinden und eine Herausforderung für alle Menschen bleiben, auch für die Betriebe und deren Mitarbeitende. Mit Blick auf die Märkte und die Konjunktur setzt die Kreishandwerkerschaft auf eine weiterhin gute Auftragslage und positive Zukunftsaussichten. Sichere Ausbildungs- und Arbeitsplätze sind seit jeher ein Markenzeichen für das Handwerk und kennzeichnen den Wirtschaftsbereich einmal mehr als wichtigen Stabilitätsfaktor. Für die positive Entwicklung der dualen Ausbildung sind auch die bildungspolitischen Rahmenbedingungen wichtig. Hier fordert die Kreishandwerkerschaft Schwalm-Eder die Politiker auf, das Angebot nach Wichtigkeit und Erfordernissen zu überprüfen. Wer ein bildungspolitisches Überangebot nicht hinterfrage, der braucht den Rückgang in der dualen Ausbildung nicht beklagen, sondern fördere ihn und schade letztlich dem Wirtschaftsstandort.

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