Landrat setzt „Klimateam“ zur Entwicklung lokaler Strategien gegen den Klimawandel ein

Korbach(pm). Aktuelle Ereignisse wie die enorme Hitzewelle im Nordwesten der USA, unwetterbedingte Erdrutsche in Japan oder die Häufung von Extremwetterlagen mit enormen Niederschlagsmengen in Mitteleuropa zeigen, dass die Auswirkungen des Klimawandels bereits allgegenwärtig sind. Die Zeit zum Handeln wird knapp, die Bundesregierung hat das Jahr 2045 zur Erreichung ihrer Klimaziele festgelegt. Auch die Bundesländer, die Landkreise und Kommunen in Deutschland entwickeln zunehmend Konzepte, um den Klimawandel bewältigen zu können.

Es bleibt allerdings die Frage, ob lokale und regionale Strategien angesichts einer globalen Herausforderung überhaupt etwas bewirken können. Landrat Dr. Reinhard Kubat sieht das positiv und hat deshalb bereits 2019 ein Klimateam eingesetzt, das Aufklärungsarbeit leisten, Strategien entwickeln und Menschen mobilisieren soll. Der dreiköpfigen Arbeitsgruppe gehören die Biologin Tanja Müller (Fachdienst Dorf- und Regionalentwicklung), die Geologin Kim Peis (Fachdienst Umwelt, Leiterin Geopark) und der Energiemanager Nico Wirth (Fachdienst Gebäudewirtschaft) an. „Bei der Bewältigung des Klimawandels und der von ihm ausgelösten Veränderungen
müssen wir die Menschen mitnehmen“, so der Landrat. „Allein deshalb sind lokale und regionale Ansätze überaus sinnvoll, denn sie machen deutlich, was jeder einzelne von uns leisten kann, um unsere Erde lebenswert zu erhalten und die Menschheit überlebensfähig
zu machen“.

Das Klimateam hat seine Arbeit vor rund zwei Jahren aufgenommen. Zwar konnten aufgrund der Pandemie geplante Informationsveranstaltungen sowie eine Ausstellung nicht stattfinden, aber das vor einigen Wochen veröffentlichte „Klimasparbuch“ macht deutlich, dass das Trio bereits intensive Arbeit geleistet hat. Der Landrat hat das Klimateam und seine Arbeit auch bereits auf einer Bürgermeisterdienstversammlung vorgestellt, denn für die Umsetzung lokaler Strategien müssen die Kommunen als Partner ins Boot geholt werden. „Unser ganzes Streben muss sich darauf ausrichten, den kritischen Punkt einer maximalen Klimaerwärmung um 1,5 Grad nicht zu überschreiten, denn ab 2 Grad oder noch höheren Steigerungsraten werden die Folgen unkontrollierbar“, erläutert Kubat. „Es werden sogenannte Kipppunkte erreicht, die unbedingt vermieden werden müssen, da sie unumkehrbar sein könnten. Etwa die Abschmelzung der Polkappen, das Auftauen der Permafrostzonen oder die Veränderung der weltweiten Meeresströmungen“.


Das Motto für die Strategie lautet „Transformation statt Reparatur“. Dieses könne durch das Einleiten bestimmter „Wenden“ vor Ort erreicht werden: Ernährungswende, Konsumwende, Mobilitätswende, Energiewende sowie Wärme- und Wohnwende lauten die Stichworte. Diese „Transformation“ will der Landrat in Waldeck-Frankenberg möglichst bis 2035, spätestens aber bis 2038 gestalten. Ein möglicher Weg dahin kann die Etablierung eines interkommunalen Netzwerks sein, dem alle relevanten Akteure der Region angehören
und das Ziele formuliert bzw. Strategien erarbeitet. Dies soll innerhalb der nächsten gut zwei Jahre bis 2024 passieren. In einer zweiten Phase, die von 2024 bis 2027 konzipiert ist, soll mit der Umsetzung des Klimaschutzkonzepts begonnen werden. Wie Landrat Dr. Kubat ausführte, geht es dabei konkret um die Schaffung von weiteren Klimaschutzstellen, Unterstützung der lokalen Partner sowie die Erarbeitung weiterer konkreter Ziele in der Verwaltung. In einer dritten Phase, die von 2027 bis 2036 laufen soll, wird mit der konkreten Umsetzung der Strategien begonnen, also mit der Realisierung der eingangs vorgestellten „Wenden“ (Ernährung, Mobilität, Wohnen…).

„Das sind ehrgeizige Ziele, aber es steht nicht zur Debatte, ob wir sie umsetzen wollen – der Fortbestand der Welt, wie wir sie kennen, hängt davon ab, ob wir sie auch tatsächlich im gesetzten Zeitrahmen erreichen können“, machte der Landrat den Ernst der Lage deutlich. „Das wird ein hartes Stück Arbeit und ist selbstverständlich nicht zum Nulltarif zu haben“. Der Landrat rechnet mit zusätzlichen Kosten in Höhe von 5 bis 6 Millionen Euro über einen Zeitraum von 15 Jahren hinweg. Aufgrund hoher Zuschussquoten von bis zu 75 Prozent seitens des Bundes und des Landes reduziere sich der Nettoaufwand für den Landkreis jedoch deutlich. „Ich betone noch einmal, dass wir hier nicht die Wahl haben, ob wir wollen oder nicht“, machte Kubat unmissverständlich deutlich. „Führende Wissenschaftlicher sind sich einig: wir leben in einem neuen geologischen Zeitalter, dem Anthropozän – der Mensch ist zum
größten Einflussfaktor auf der Erde geworden. Von Müllbergen auf dem Mount Everest bis hin zu Mikroplastik im Marianengraben, unsere Spuren sind überall“.

Eine geologische Epoche werde traditionell nach den Merkmalen ihrer Gesteinsschichten bestimmt. Da sich in unseren Sedimenten zunehmend „technische Fossilien“ wie Aluminium, Beton und Kohlenstoffverbindungen aus der Verbrennung fossiler Energieträger befänden, müsse die stratigraphische, also die Einteilung der Erdgeschichte, die der Altersfolge der Gesteinsschichten folgt, um ein neues Zeitalter ergänzt werden. „Wenn wir jetzt nicht handeln, dann wird die Klimakrise zur globalen Katastrophe, die in letzter Konsequenz das Ende der Zivilisation, vielleicht sogar der Menschheit bedeuten könnte“, befürchtet der Landrat.

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