EWF bohrt neuen Tiefbrunnen für Korbach – Wasser aus 270 Metern Tiefe

Korbach(pm). Am 5. Mai besichtigten Landrat Dr. Reinhard Kubat und Bürgermeister Klaus Friedrich zusammen mit EWF-Geschäftsführer Stefan Schaller die Fortschritte beim Bau des neuen Tiefbrunnens in der Päddemarke nordöstlich von Korbach. Mit der Baumaßnahme stärkt der Energieversorger EWF die Sicherheit der Wasserversorgung in der Hansestadt. Nach Abschluss der Arbeiten verfügt die EWF über zwei Tiefbrunnen im Gebiet Päddemarke. Der neue Tiefbrunnen soll bis zu 160 Kubikmeter Wasser in der Stunde fördern. Das sind mehr als zehn Tankwagen mit etwa 15.000 Litern. Die EWF betreibt rund um Korbach insgesamt sechs Anlagen zur Wassergewinnung und fördert dort Trinkwasser für mehr als 24.000 Einwohner.


Landrat Dr. Reinhard Kubat machte klar, wie wichtig der verantwortungsbewusste Umgang mit dem Grundnahrungsmittel für alle Menschen ist. „Die hohe Qualität unseres Trinkwassers hat für den Landkreis höchste Priorität. Damit das weiter so bleibt, müssen wir uns gemeinsam für den Schutz unserer Ressourcen einsetzen. Auch für die nachfolgenden Generationen. Dazu gehört, dass wir eine zuverlässige Infrastruktur haben, die uns rund um die Uhr mit Wasser versorgt. Genauso wichtig ist aber auch, dass wir verantwortungsbewusst und sparsam mit diesem für unser Leben notwendigen Grundnahrungsmittel Wasser umgehen.“ Im Anschluss hob der Korbacher Bürgermeister Klaus Friedrich die Bedeutung des Trinkwassers für Korbach hervor. „Dass die Korbacherinnen und Korbacher auch zukünftig mit qualitativ gutem und regionalem Trinkwasser versorgt werden, ist ein wichtiger Parameter für eine hohe Lebensqualität in unserer Stadt“, so Bürgermeister Friedrich. „Mein Dank gilt der EWF als verlässlicher Partner in allen Bereichen der Versorgung, die die technische Herausforderung angenommen hat und durch den Bau des neuen Tiefbrunnens in der Päddemarke sicherstellt, dass genügend Trinkwasser für die ‚Hansestädter‘ vorhanden ist.“


Tiefbrunnen bieten den großen Vorteil, dass das Wasser erst viele Gesteinsschichten durchläuft und dadurch von Natur aus eine sehr hohe Qualität hat. Die EWF betreibt aktuell einen Tiefbrunnen in der Päddemarke, der in den 1970er Jahren in Betrieb genommen wurde. Wenn der neue Tiefbrunnen fertiggestellt ist, werden die beiden Wassergewinnungsanlagen in der Päddemarke nicht zeitgleich betrieben. Die Wasserförderung in diesem Gebiet bleibt daher konstant. „Mit dem zweiten Tiefbrunnen erhöhen wir die Sicherheit, dass die Anwohner in Korbach in den kommenden Jahrzehnten weiter mit Wasser aus der Päddemarke versorgt werden und wir zugleich verantwortungsvoll mit der Ressource Wasser umgehen. Der bestehende Tiefbrunnen wurde vor etwa 50 Jahren gebaut. Mit dieser neuen Anlage entlasten wir den bestehenden Brunnen und stellen die Versorgung auf sehr sichere Füße,“ erklärte Stefan Schaller, Geschäftsführer der Energie Waldeck-Frankenberg GmbH. „Wir haben die Aufgabe Menschen zuverlässig zu versorgen. Das gilt natürlich auch an sehr heißen Sommertagen. Wir sind sehr froh darüber, dass wir bisher keine Engpässe bei der Wasserversorgung in Korbach befürchten müssen. Trotzdem sind wir uns im Klaren darüber, dass wir alle sorgsam mit der lebenswichtigen Ressource Wasser umgehen müssen und wir eine Infrastruktur brauchen, die leistungsfähig genug ist, um auch bei höherem Bedarf die Wasserversorgung zu sichern.“


Hintergrund
Die Bohrung des Trinkwasserbrunnens in der Päddemarke soll in rund 270 Metern Tiefe die Gesteinsschichten Tonschiefer und Grauwacken des Rheinischen Schiefergebirges erreichen, die 8 Kilometer westlich der Brunnenbohrung zu Tage treten und sich vor über 330 Millionen Jahren in einem ehemaligen Ozean abgelagert haben. Durch die Kollision der Erdkrustenplatte Gondwana und Laurasia wurden diese Schichtenfolgen des Ozeanbeckens zwischen beiden Kontinenten zum variszischen Gebirge aufgefaltet, dass sich durch ganz Mittel- und Südeuropa zieht. Westlich von Korbach sind Tonschiefer und Grauwacken die typischen Gesteine der verfestigten und unter hohem Druck verfalteten Sedimente des ehemaligen Ozeanbodens.
Das variszische Gebirge wurde besonders in der Zeit des Rotliegend vor rund 300–260 Millionen Jahren erodiert und eingeebnet. Das Rheinische Schiefergebirge und der Harz sind Relikte dieses einst mächtigen Gebirgszugs des Superkontinents Pangea. Zwischen diesen Gebirgsrelikten lagern mittlerweile mächtige Sedimentgesteinslagen über den erodierten Schichten des variszischen Gebirges.
Im Zeitalter des Zechsteins überschwemmte vor rund 260–250 Mio. Jahren der damalige Tethys-Ozean mehrmals Senken des Superkontinents Pangea. Unter den damaligen heißen, ariden Klimabedingungen entstanden bei Korbach küstennahe tropische Meere mit Ablagerungen von Kalk, Gips, Steinsalz und Ton, die am Standort der Brunnenbohrung eine Gesamtmächtigkeit von etwa 140 Metern aufweisen.


Zunächst durchfährt die Brunnenbohrung derzeit bis in eine Tiefe von etwa 130 m die geologischen Schichtenfolgen des Unteren Buntsandsteins, einer Wechselfolge von Sand- und Tonsteinen. Die Sedimente dieser Gesteinsformation lagerten sich vor rund 250 Millionen Jahren in einem klimatischen Trockengürtel in den abflusslosen Tiefebenen des Festlands ab, nachdem die Überflutungen aus dem damalige Tethys-Ozean beendet waren. Die Brunnenbohrung in der Päddemarke soll die wasserdurchlässigen Horizonte des sogenannten Plattendolomits und der Schaumkalke des Zechsteins erschließen, aus denen Korbach bereits an anderen Stellen sein Trinkwasser gewinnt. Die geologischen Schichtenfolgen im Untergrund wurden im Zuge der Bildung der Hessischen Senke in Bruchschollen zerlegt. Die Bohrung setzt an der hydraulisch durchlässigen Bruchzone zwischen dem Marker Graben und der Meineringhausen-Scholle an.


Der Tiefbrunnen
Die geplante Bohrung wird etwa 270 Meter tief. Das Wasser wird in einer Tiefe von 130 bis zu 270 Metern entnommen und nach oben gepumpt. Untersuchungen ergaben, dass der Grundwasserspiegel in etwa 85 Metern erreicht wird. Damit die Bohrung stabil bleibt, verjüngt sich diese nach unten hin immer weiter. Der Durchmesser der ersten Rohrtour beträgt 1,60 Meter. An der tiefsten Stelle des Tiefbrunnens sind es noch knapp über 40 Zentimeter. Wenn ein Bohrabschnitt abgeschlossen ist, wird eine Verrohrung eingebaut. Das Wasser soll dann später durch eine Edelstahlausbauverrohrung zu Tage gepumpt werden. Bereits im November 2020 begannen die Bauarbeiten für den neuen Tiefbrunnen mit dem Aufbau einer insgesamt etwa 16 Meter hohen Bohranlage. Das beauftragte Bohrunternehmen H. Anger´s Söhne Bohr- und Brunnenbaugesellschaft mbH setzt zunächst das sogenannte Schlagbohrverfahren ein, bei dem das Gestein mit einem Meißel zerkleinert wird. Das zerkleinerte Material muss mit einem speziellen Behälter, einer Schlämmbüchse, nach oben befördert werden. Das Besondere an diesem Bohrverfahren ist, dass der Meißel an einem Stahlseil hängt, welches sich beim Wechsel von Belastung und Entlastung verdrallt und so eine Drehbewegung des Meißels bewirkt. Nach etwa 150 Metern Bohrtiefe rüstet die Bohrfirma die Baustelle um und baut eine Drehbohranlage auf. Beim Drehbohrverfahren wird das Gestein unten mit einem Bohrmeißel zerkleinert. Der Antrieb erfolgt dabei über das Gestänge, an dem das Bohrwerkzeug befestigt ist. Das zerkleinerte Material wird durch eine Wasserspülung nach oben befördert. Aufgrund des aufwändigeren Schlagbohrverfahrens am Anfang rechnet die EWF damit, dass die Flachbohrung – so werden Bohrungen bis zu einer Tiefe von 1.500 Metern genannt – in etwa 1,5 bis 2 Jahren abgeschlossen sein wird. Für die Arbeiten gelten strenge Vorkehrungen, um die Sicherheit zu gewährleisten. Die gesamte Maßnahme wurde genau mit dem Regierungspräsidium Kassel als Genehmigungsbehörde abgestimmt. Durch die seit Jahrzehnten bewährten Bohrmethoden ist sichergestellt, dass es zu keinen unerwünschten Auswirkungen auf Natur und Umwelt kommt.

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