Wasser – Grundlage des Lebens

Von Landrat Dr. Reinhard Kubat. Wasser, du hast weder Geschmack noch Farbe, noch Aroma. Man kann dich nicht beschreiben. Man schmeckt dich, ohne dich zu kennen. Es ist nicht so, dass man dich zum Leben braucht. Du selbst bist das Leben. Antoine de Saint-Exupéry
Die Lektüre von Saint-Exupérys Erzählungssammlung „Wind, Sand und Sterne“, aus der dieses Zitat stammt, gehörte einst zu den festen Bestandteilen des Unterrichts an unseren weiterführenden Schulen. Viele von uns haben diese Passage gelesen und waren je nachdem mehr oder weniger beeindruckt.

Wir haben den Vorzug, in einer Region unserer Erde zu leben, in der bislang kein Wassermangel herrschte und wo wir dieses Lebenselixier jederzeit,
nahezu unbegrenzt und in bester Qualität zur Verfügung haben. Oder vielleicht sollten wir doch lieben sagen „zur Verfügung hatten“.
Auch bei uns deuten sich immer mehr Verteilungskämpfe um dieses wertvolle Gut an. Großstädtische Regionen sollen Wasser über lange Versorgungleitungen aus den Reservoirs in den ländlichen Räumen erhalten. Aber auch dort haben die letzten Sommer mit ihrer extremen Trockenheit und Dürre gezeigt, dass wir bei der Nutzung und Verteilung des Wassers an Grenzen stoßen. Der Wasserverbrauch musste zeitweise reglementiert werden, es sind Schäden entstanden, die man nicht mehr übersehen oder gar ignorieren kann.

Die Ernteerträge gehen zurück, landwirtschaftliche Betriebe müssen zum Teil schon ihr Vieh verkaufen, weil es für die Tiere nicht mehr genug Futter gibt. Ganz offensichtlich leidet der Wald unter der Trockenheit und in deren Folge unter dem Befall durch Borkenkäfer. Die Hälfte aller Fichten in den heimischen Wäldern ist bereits abgestorben. Das alles sind Zeichen, die uns davor warnen, weiterhin so zu tun, als sei gutes, qualitätvolles Wasser
eine unbegrenzte Ressource. Das gilt auch für unsere gemäßigten Breiten schon lange nicht mehr.


Ich möchte mit einigen Beiträgen über das Wasser, seine Herkunft, seine Bedeutung, seinen Schutz und seine verantwortungsvolle Nutzung die Aufmerksamkeit auf ein Thema lenken, das einmal bedeutender, existenzieller und gefährlicher werden könnte als der Wettbewerb um Energieressourcen. Um das Thema in seiner Gesamtheit zu erfassen,
möchte ich bis in die frühe Erdgeschichte zurückgehen und quasi in geologischen Dimensionen denken, speziell in „hydrogeologischen“.
Die Hydrogeologie ist eine Teildisziplin der Geowissenschaften, die sich mit der Wissenschaft des unterirdischen Wassers und dessen Wechselwirkungen mit den Gesteinen beschäftigt.


Das unterirdische Wasser nimmt zwar am Gesamtwasservorkommen nur 2 Prozent ein (einschließlich der Ozeane), hat aber insbesondere für die Trinkwassergewinnung eine erhebliche wasserwirtschaftliche Bedeutung. Der Untergrund ist maßgeblich am Wasserkreislaufgeschehen beteiligt mit der Versickerung von Niederschlag und Oberflächenwässern sowie der Bildung von Rücklagen und unterirdischen Abflüssen. Die Beschaffenheit des unterirdischen Wassers wird durch Wechselreaktionen mit den Gesteinen bestimmt und entscheidet über Reinheit und Qualität.
In Waldeck-Frankenberg wird der überwiegende Teil des Trinkwassers aus Grundwasser gewonnen. Wasser spielt bereits seit Millionen von Jahren eine bedeutende Rolle im Gebiet des heutigen Landkreises. Während in der Gegenwart eher die Süßwasservorkommen eine große Bedeutung haben, wie das Grundwasser mit den Mineralquellen, der Edersee und zahlreiche Flüsse inklusive ihrer Einzugsgebiete, war die Erdgeschichte geprägt von marinen Bedingungen.

Ausschnitt der Zechstein-Küste. Grafik: Landkreis Waldeck-Frankenberg


Die ältesten Gesteine im Landkreis stammen aus dem Silur und sind ca. 420 Millionen Jahre alt. Während dieser Zeit und auch in den darauffolgenden Erdzeitaltern Devon und Karbon war das Gebiet von einem urzeitlichen Meer bedeckt. Die Hinterlassenschaften dieser urzeitlichen Meereswelt finden wir heute noch in Form unserer Gesteine und Fossilien. Tektonische Prozesse falteten die Ablagerungen dieses Meeres zum heutigen Rothaargebirge
und dem Kellerwald auf. Der Kellerwald blieb als Insel zwischen zwei Senkungsgebieten erhalten, der Korbacher Bucht im Norden und der Frankenberger Bucht im Süden. In periodischen Abständen konnte das Zechsteinmeer von Norden kommend mehrmals auf das Festland vorstoßen.
Zwischenzeitlich kam es im trocken-heißen Klima immer wieder zur Mindampfung des salzigen Meerwassers.

Als Verdampfungsrückstände wurde erst Kalk und bei weiterer Verdunstung
Gips ausgeschieden. Die Zechsteinkalke kennzeichnen noch heute die ehemalige Küstenlinie am Ostrand des Rheinischen Schiefergebirges zwischen Diemelsee im Norden und Wetter im Süden des Landkreises. Die Korbacher Spalte ist ebenfalls in Zechsteinkalken angelegt. Der Wechsel aus marinen und festländischen Bedingungen, Hebungen und Senkungen,
Abtragung und Sedimentation sowie (submariner-) Vulkanismus und klimatische Veränderungen im Laufe von Millionen von Jahren, schufen die große Vielfalt im Untergrund des Landkreises Waldeck-Frankenberg und damit auch eine besondere Hydrologie. Die Wechselwirkungen zwischen geologischem Untergrund und der Beschaffenheit des Wassers wird das Thema des nächsten Beitrags sein.

Arte – Doku: Wasser Im Visier der Finanzhaie

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