Rückkehr des Wolfes: Land entwickelt gemeinsam mit Weidetierhalterinnen und -haltern Lösungen

Wiesbaden(pm). „Die Rückkehr des Wolfes nach Hessen bewegt die Menschen. Die hessischen Weidetierhalterinnen und -halter sind besonders betroffen und brauchen unsere Unterstützung. Wir nehmen ihre Sorgen sehr ernst und wollen gemeinsam Rahmenbedingungen entwickeln, die für alle Beteiligten nachvollziehbar und tragbar sind. Daher freue ich mich, dass heute in der Naturschutz-Akademie in Wetzlar die Vertreterinnen und Vertreter der Verbände aus den Bereichen Weidetierhaltung, Naturschutz, Landwirtschaft und Jagd zusammengekommen sind, um gemeinsam über den neuen Wolfsmanagementplan zu sprechen“, erklärte Umweltministerin Priska Hinz heute in Wetzlar.

„Die hessischen Weidetierhalterinnen und -halter kümmern sich um die Landschaftspflege und leisten damit einen wichtigen Beitrag für den Natur- und Artenschutz. Wir können unsere vielseitige Kulturlandschaft in Hessen nur bewahren, wenn wir auch die Weidetierhaltung erhalten, die sich ohnehin in einem wirtschaftlich sehr schwierigen Umfeld behaupten muss. Daher müssen wir die finanzielle Unterstützung verbessern und weitere Anstrengungen für das Nebeneinander von Wolf und Weidetierhaltern unternehmen“, ergänzte Hinz. Im Januar dieses Jahres wurden bereits erste Maßnahmen zusammen mit den Weidetierhalterinnen und ­­-haltern besprochen. Daraufhin wurde eine Weidetierprämie für Schafe und Ziegen eingeführt, die Herdenschutz-Grundförderung flächendeckend in ganz Hessen erhöht und die Überarbeitung des Wolfsmanagementplans vereinbart. „Regelungen für den Umgang mit dem Wolf wollen wir zusammen mit den Weidetierhalterinnen und -haltern entwickeln. Wir haben viele Punkte aus dem letzten Gespräch aufgegriffen und heute die Weiterentwicklung des Wolfsmanagements in Hessen sowie weitere Fördermöglichkeiten in den Mittelpunkt des Gesprächs gestellt. Klar ist, dass der Wolfsmanagementplan auch künftig an die Entwicklung der Wolfspopulation in Hessen angepasst werden muss. Die Gespräche mit den Verbänden werden wir daher im Rahmen einer AG ‚Wolf in Hessen‘ zu einer festen Institution machen.“, so Hinz.

Die Diskussionspunkte im Einzelnen

Überarbeitung Wolfsmanagementplan

Der neue Wolfsmanagementplan verfolgt das Ziel, ein konfliktarmes Nebeneinander von Wölfen und Weidetierhaltungen zu ermöglichen. Er wird regelmäßig aktualisiert und an die Entwicklung der Wolfspopulation in Hessen angepasst. Ein Wolfsmonitoring, Empfehlungen zu Herdenschutzmaßnahmen sowie ein Überblick über aktuelle Fördermaßnahmen gehören ebenso dazu wie die Erläuterung zum Umgang mit verhaltensauffälligen Wölfen. In den Gesprächen mit den Weidetierhalterinnen und -haltern ist auch deutlich geworden, dass die Zahl der Ansprechpartner vor Ort ausgebaut werden muss. Das gilt für ganz Hessen, da jederzeit und überall mit einem Wolf gerechnet werden muss. Der Landesbetrieb HessenForst wird für diese Aufgabe amtliche Wolfsberaterinnen und -berater in den Forstämtern bereitstellen, die beim Wolfsmonitoring unterstützen, Wolfsmeldungen nachgehen und den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Die amtlichen Wolfsberaterinnen und -berater von HessenForst werden zusätzlich zu den bereits tätigen, ehrenamtlichen Wolfsberaterinnen und -beratern auf Landkreisebene eingesetzt.

Einrichtung eines Wolfzentrums Hessen (WZH)

Als zentrale Einrichtung für Wolfsmanagement und -monitoring in Hessen wird beim Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) ein „Wolfszentrum Hessen“ (WZH) eingerichtet. Das HLNUG wird damit alle Aufgaben im Rahmen des wissenschaftlichen Monitorings zum Wolf übernehmen. Hier werden auch weiterhin alle Meldungen, Ereignisse, Nachweise und sonstige Daten zum Wolf in Hessen erfasst, bewertet und dokumentiert. Darüber hinaus wird das WZH künftig auch Aufgaben im Rahmen des Managements zum Wolf übernehmen: Dazu gehört unter anderem – in Zusammenarbeit mit weiteren hessischen Behörden – die Koordination und Betreuung der Wolfshotline (per Mail oder telefonisch) sowie die Beratung von Einzelpersonen, Tierhalterinnen und -haltern, Institutionen, Behörden und Verbänden. Das WZH ist damit der zentrale Ansprechpartner zum Thema Wolf in Hessen. Das Wolfszentrum ist außerdem zuständig für den Informationsaustausch mit Fachdienststellen der anderen Bundesländer und des Bundes sowie für die Koordination der Öffentlichkeitsarbeit zum Thema Wolf. Zur Erfüllung seiner Aufgaben soll das neue Wolfszentrum Hessen eng mit den Naturschutzbehörden aller Ebenen, dem Landesbetrieb Landwirtschaft, dem Landesbetrieb Hessisches Landeslabor sowie dem Landesbetrieb HessenForst zusammenarbeiten. Als jährliche Bilanz wird das WZH einen „Hessischen Wolfsbericht“ erstellen und veröffentlichen. Dieser soll einerseits die Ergebnisse des wissenschaftlichen Wolfsmonitorings enthalten, andererseits aber auch Zahlen zum Schadensmanagement und zur Förderung des Herdenschutzes. Auch ein Überblick über die Öffentlichkeitsarbeit des jeweiligen Jahres soll Bestandteil dieses jährlichen Berichts sein.

Eine Million Euro für erweiterte Fördermaßnahmen

Bei der Entwicklung von Fördermaßnahmen sind zwei Dinge maßgeblich: Erstens, die Verbesserung der wirtschaftlichen Existenzgrundlage von Schaf- und Ziegenhaltern, die mit Fleisch und Wolle heute kaum ein ausreichendes Einkommen erwirtschaften können. Zweitens, ein durchgehend effektiver Herdenschutz, der mit erheblichem Zeitaufwand verbunden, aber für eine erfolgreiche Abwehr von Wölfen unerlässlich ist. Für eine bessere Existenzsicherung hat Hessen in diesem Jahr eine Weidetierprämie für Schafe und Ziegen eingeführt. Eine vergleichbare Förderung gibt es derzeit nur in Bayern, Thüringen und Sachsen. Hessen setzt sich außerdem weiterhin für eine flächendeckende Weidetierprämie auf Bundesebene ein, was die Finanzierungsmöglichkeiten noch einmal verbessern würde. Leider hat die Bundesregierung gerade einem Bundesratsbeschluss zur Einführung der Weidetierprämie bereits ab 2021 widersprochen. Deshalb wird jetzt mit Nachdruck auf eine bundesweite Weidetierprämie ab 2023 hingearbeitet, dann wenn auch die neue EU-Agrarpolitik starten soll. In diesem Jahr wurde außerdem die Herdenschutz-Grundprämie von 31 Euro/Hektar auf 40 Euro/Hektar flächendeckend für ganz Hessen angehoben. Damit soll besser ermöglicht werden, dass die Weidetierherden überall mit einem Mindestschutz versehen sind. Das Land wird die Weidetierhalter darüber hinaus mit zusätzlichen Mitteln für weitergehenden Schutz unterstützen. Wie genau die Fördermaßnahme ausgestaltet werden soll, ist Thema bei einem nächsten Fachgespräch des Umweltministeriums mit den Weidetierhalterinnen und -haltern im September. Darüber hinaus sollen Entschädigungen bei Wolfsrissen künftig schneller und rechtssicher abgewickelt werden. Bisher werden Entschädigungen in direktem Austausch mit den Regierungspräsidien nach einer genetischen Untersuchung der Rissspuren geprüft und ausgezahlt. Künftig sollen klar definierte Regelungen zu den Entschädigungszahlungen in die Förderrichtlinie zum Herdenschutz mit aufgenommen werden. Damit der Prozess der Entschädigungszahlungen insgesamt schneller abgewickelt werden kann, sollen künftig Genproben schneller untersucht werden.

Wie geht es weiter?

„Wir haben die Anregungen und Kritikpunkte der Weidetierhalterinnen und -halter sowie der Naturschutzverbände und der Jagd aufgenommen. Diese werden jetzt kurzfristig geprüft und teilweise in Fachtreffen weiter diskutiert. Deswegen bin ich zuversichtlich, dass wir den neuen Wolfsmanagementplan in den kommenden Wochen vorstellen können“, sagte Hinz zum Abschluss des Gesprächs.

NABU-Landesvorsitzender Gerhard Eppler begrüßt Wolfsdialog

Wir begrüßen den von Umweltministerin Priska Hinz gestarteten Dialog zum Wolfsmanagement mit Vertretern der Verbände. Ein guter Herdenschutz ist essenziell für die Koexistenz von Wolf und Weidetierhaltern. Dabei bedarf es immer einer individuellen Lösung. Deshalb ist die Strategie der Landesregierung, die Weidetierhalter nicht nur finanziell besser zu unterstützen, sondern auch die Vor-Ort-Beratung auszubauen, ein guter Schritt in die richtige Richtung.“

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Wiebe Knell, Mdl(FDP: Professionelles Wolfsmanagement ist dringender denn je erforderlich

„Die Ministerin informiert nur eine ausgewählte Gruppe und präsentiert dann auch noch einen schlechten Plan“, kritisiert Wiebke Knell, jagd- und landwirtschaftspolitische Sprecherin der Fraktion der Freien Demokraten im Hessischen Landtag. „Schlechter kann man eigentlich nicht agieren, wenn man das Vertrauen der Betroffenen gewinnen will.“ Knell nimmt Bezug auf einen Termin, zu dem Umweltministerin Priska Hinz für den heutigen Freitagnachmittag einige Weidetierhalter eingeladen hatte, um den Entwurf eines neuen Wolfsmanagement-Plans vorzustellen. „Leider wurden weder alle Betroffenen eingeladen, noch wurden diese mit ihren Erfahrungen in die Ausarbeitung des Entwurfs einbezogen. Dass auch die Opposition im Landtag nicht in Kenntnis gesetzt wird, überrascht da kaum noch.“

Dabei sei ein professionelles Wolfsmanagement dringender denn je erforderlich: „Gerade erst wurde bekannt, dass die sogenannte Stölzinger Wölfin Ende Juli vier Schafe und ein Rotwildkalb gerissen hat“, erinnert Knell. „Und auch im Vogelsberg ist die sogenannte Ulrichsteiner Wölfin sesshaft geworden, die Nutztiere reißt und durch die sich die Menschen bedroht fühlen, denn die Wölfin dringt ohne Scheu bis in Wohngebiete vor.“

Allein: „Der heute vorgestellte Wolfsmanagement-Plan ignoriert die Probleme der Betroffenen vollständig. Keine der vorgestellten Maßnahmen wird Wölfe daran hindern, weiter Nutztiere zu reißen“, ist Knell überzeugt. Die Freien Demokraten unterstützen betroffene Tierhalter in deren Forderung, dass die Stölzinger Wölfin und die Ulrichsteiner Wölfin entnommen werden. „Die Ministerin rät den Tierhaltern aber weiterhin, immer höhere Zäune zum Schutz ihrer Herden aufzustellen. Abgesehen davon, dass selbst mittelgroße Hunde die vermeintlich wolfssicheren Zäune problemlos überwinden können, ist es gar nicht überall praktikabel, einen solchen Zaun zu errichten. Wir fordern daher, Problemwölfe auch als solche zu benennen und konsequent deren Entnahme anzuordnen“, sagt Knell.

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