„Fahrradstraße“ auf der K 59 zwischen Herzhausen und Asel-Süd

Landkreis plant Modellversuch

Korbach(pm). Der Landkreis Waldeck-Frankenberg möchte im Rahmen eines Modellversuchs die Kreisstraße 59 zwischen den Vöhler Ortsteilen Herzhausen und Asel-Süd zur Fahrradstraße umwidmen. Das bedeutet, dass auf dieser Verbindung dann Fahrräder Priorität genießen und auch das Tempo vorgeben. Bislang sind Fahrradstraßen in der Regel als innerörtliche Verkehrswege bekannt. Außerhalb geschlossener Ortschaften fehlen entsprechende Erfahrungen noch weitgehend; das wolle man nun ändern, wie Erster Kreisbeigeordneter Karl-Friedrich Frese betonte, zu dessen Dezernat sowohl die Bereiche Bauen als auch Tourismus gehören.

„Der Fahrradtourismus hat in den letzten Jahren enorm an Bedeutung gewonnen und wir haben von Anfang an versucht, diesen Trend aufzunehmen und in unsere touristische Strategie zu integrieren“, betont Frese. Gerade durch den Siegeszug der E-Bikes sei das Segment des Fahrradtourismus enorm gewachsen, auch habe sich das Altersspektrum erweitert, denn zunehmend nutzten auch Senioren die Vorteile der E-Bikes, die zuvor das Fahrrad eher gemieden hätten.

Seit Beginn der Corona-Krise vor gut einem halben Jahr sei auch der Alltagsradverkehr deutlich angewachsen. Immer mehr Menschen nutzen das Fahrrad als Alternative zum klassischen Personennahverkehr, bei dem die Abstandsregeln oft nicht einzuhalten seien. Man könne durchaus davon ausgehen, dass viele derjenigen, die zunächst aus Vorsicht bzw. Sicherheitsbedenken auf das Rad umgestiegen seien, dieses auch künftig als Hauptverkehrsmittel nutzen werden. Im touristischen Bereich habe man bereits große Anstrengungen unternommen, um zu den führenden Destinationen für Radfahrer in Deutschland zu zählen, erläuterte der Erste Kreisbeigeordnete. „Ich erwähne in diesem Zusammenhang nur die Radwege entlang der Eder und der Diemel, die mittlerweile sogar zertifiziert wurden; mit dem Grenztrail werden wir ebenfalls in eine neue Dimension des Radtourismus vorstoßen“.

So könnte die Fahradstraße aussehen.Fotocollage:Landkreis Waldeck-Frankenberg

Neu sei auch der Modellversuch „Fahrradstraße“ auf einer außerörtlichen Strecke. Das Land Hessen unterstütze diesen Testlauf mit einem Betrag von 30.000 Euro, zudem habe es weitere 66.000 Euro für den Ausbau des Alltagsradverkehrs zur Verfügung gestellt. Die gut 7,5 km lange K 59 zwischen Herzhausen und Asel-Süd stehe demnächst ohnehin zur Sanierung an und der Kreis sei in diesem Zusammenhang auch verpflichtet, Optionen für den Fahrradverkehr zu prüfen und umzusetzen, erklärt Frese. Ein Radweg entlang der K 59 wäre wegen der besonderen geographischen Verhältnisse und der vorgeschriebenen Mindestbreiten für die Fahrbahnen nur unter erheblichem finanziellen Aufwand zu realisieren. Die Berechnungen gingen von einem hohen zweistelligen Millionenbetrag aus.

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Deshalb habe man das Modell „Fahrradstraße“ in den Fokus genommen. Bereits vor einigen Wochen ist das Projekt mit den Ortsvorstehern der betroffenen Dörfer diskutiert worden, ohne deren Zustimmung und Kooperationsbereitschaft der Kreis nichts unternehmen werde. „Wir stellen hier alle bisherigen Prioritäten auf den Kopf, denn auf einer Fahrradstraße hat sich das Auto unterzuordnen“, führt der Erste Kreisbeigeordnete weiter aus. „Das Fahrrad gibt das Tempo vor, deshalb darf dort nur eine Maximalgeschwindigkeit von 30 km/h gefahren werden“.

Im Rahmen eines Modellversuchs müsste die Beschilderung erneuert werden, außerdem würden Piktogramme auf den Fahrbahnen angebracht. Man denke zunächst an einen Versuchszeitraum von O bis O, also Ostern bis Oktober, damit man die Erfahrungen aus der Hauptreisezeit mitnehmen könne. Näheres werde noch mit den Ortsbeiräten abgeklärt. „Die Ergebnisse dieses Modellversuchs werden nicht nur von regionalem Interesse sein“, zeigte sich Frese überzeugt. „Ich bin sicher, dass man auch bundesweit auf unsere Erfahrungen blicken wird“.

Hintergrund

Die Zahl der Radfahrer hat deutlich zugenommen – sowohl im Alltagsradverkehr (z.B. Pendler), als auch im Bereich des Radtourismus. Dieser Trend wird durch mehrere Faktoren gefördert. Einerseits tragen immer mehr E-Bikes dazu bei, dass mehr Ältere wieder das Rad nutzen, andererseits setzen mehr auf Bewegung, die gut für die Gesundheit ist. Die Corona-Pandemie hat diesen Trend deutlich verstärkt. Laut einem Artikel in „Die Zeit“ (23. Juli 2020) sind in 2017 in Deutschland um die 720.000 E-Bikes verkauft worden, im Jahr darauf 980.000 Millionen und 2019 bereits 1,36 Millionen. In diesem Januar und Februar gab es noch einmal ein signifikantes Wachstum. Im radtouristischen Bereich im Waldecker Land wurden die beiden Flussradwege, Diemelradweg und der Eder-Radweg, als Qualitätsradrouten zertifiziert; das heißt, hier geht es vor allem um die Sicherheit. Es werden fünf Kategorien bewertet, dabei sind Breite, Bodenbeschaffenheit und die Sicherheit der Straßennutzung die wichtigsten Punkte. Der Diemelradweg wurde in diesem Jahr neu bewertet und steht jetzt in einem sehr guten 4-Sterne-Bereich. Der 3-Sterne-Eder-Radweg steht auch in diesem Jahr wieder zur Zertifizierung an. Zu diesem Radweg gibt es auch ein aktuelles Förderprojekt zur Qualitätsverbesserung. Vom Ederseebahn-Radweg wurde jetzt über den R6 Buhlen – Affoldern eine neue Verbindung zum Edersee geschaffen, der vor allem für Pendler geeignet ist.

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