Fixierungen dürfen nur Ultima Ratio sein

Wiesbaden(pm). Das Magazin „defacto“ des Hessischen Rundfunks hat in einem Bericht die Fixierung eines Parkinsonpatienten in den Lahn-Dill-Kliniken in Wetzlar öffentlich gemacht. Die Fixierung erfolgte gegen seinen Willen und ohne die dafür erforderliche richterliche Befugnis. Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag, Dr. Daniela Sommer, übte scharfe Kritik an dem Fall.

Sommer sagte am Dienstag in Wiesbaden: „Fixierungen dürfen nur letztes Mittel sein, da sie einen Eingriff in das Grundrecht des Patienten auf die Freiheit seiner Person darstellen und traumatisierend wirken können. Nicht gerechtfertigte Fixierungen sind rechtwidrig und müssen geahndet werden. Fixierungen bedürfen, wenn sie länger als 30 Minuten angewandt werden, eines richterlichen Beschlusses. Dieser lag in dem vorliegenden Fall nicht vor.“ Da in jüngster Vergangenheit immer wieder von Fixierungen, vor allem in Psychiatrien zu hören gewesen sei, habe Sommer eine Anfrage zu Fixierungen und zu sogenannten Sitzwachen an das zuständige Sozialministerium gestellt. „Die Beantwortung ergab, dass im Klinikum Frankfurt-Höchst in den vergangenen zehn Jahren jeden Monat im Durchschnitt 17 Patienten fixiert wurden. Sie wurden an Armen, Beinen und Bauch festgezurrt, manchmal auch an der Stirn. In den Kreiskliniken Darmstadt–Dieburg waren es im Monatsdurchschnitt bis zu zehn Fixierungen. Auch andere Kliniken wandten Fixierungen an.“

Sommer warnte, dass Fixierung nicht gängige Praxis, in Psychiatrien, Krankenhäusern oder Altersheimen werden dürften. „Weil menschliche Begleitung zu teuer erscheint oder es an Personal mangelt, dürfen sturzgefährdete alte Menschen oder psychisch belastete Personen nicht ans Bett gefesselt oder medikamentös ruhiggestellt werden. Gerade in solchen Situationen sind Menschen besonders schutzbedürftig, insbesondere, wenn durch die ungewohnte Umgebung und die Medikation der seelische Stress steigt. Statt Fesselungen braucht es Zeit für eine gute Betreuung und Versorgung“, Sommer. Das Bundesverfassungsgericht habe außerdem im Jahr 2018 deutlich gemacht, dass für die Zeit, wenn eine Fixierung erfolge, eine Eins-Zu-Eins-Betreuung durch qualifiziertes Pflegepersonal sichergestellt sein müsse. Da Sitzwachen die Aufgabe hätten, ununterbrochenen Sichtkontakt mit den Patienten zu halten und in Gesprächen auf sie einzugehen, müsse auch in Hessen Sitzwachen bei Fixierung als Eins-zu-eins-Betreuung vorgehalten werden. Einen Patienten auf den Flur zu schieben, stelle keinen Sichtkontakt, schon gar nicht eine Eins-Zu-Eins-Betreuung sicher.

Einige Krankenhäuser berichteten auf Anfrage Sommers, dass sie zum Teil auf externe Anbieter bei Sitzwachen zurückgreifen müssten, auf FSJler, Schüler, Studenten oder Hilfs-/Honorarkräfte. Sogar Praktikanten seien mit dieser Aufgabe betraut worden. Eine Eins-zu-eins-Betreuung sei bei einer Fixierung aber von dafür qualifizierten Kräften vorzuhalten. „Strukturelle Mängel, zu denen auch der Personalmangel zählt, können immer wieder zu Missständen führen, die eine massive Belastung für Patienten und Personal zur Folge haben. Für uns steht nach wie vor fest, dass wir uns dafür einsetzen, die Bedingungen für Patienten wie Mitarbeiter zu verbessern“, sagte Daniela Sommer.

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