NABU hält Waldstrategie nicht für ausreichend

Vorsorge zum Schutz der Wälder fehlt

Wetzlar(pm). Das von Ministerpräsident Volker Bouffier und Umweltministerin Priska Hinz vorgelegte 200-Millionen-Euro-Programms des Landes zum Erhalt der Wälder hält der NABU Hessen für unzureichend. „Bisher handelt es sich nur um ein Subventionsprogramm und kein Waldschutzprogramm mit ausschließlicher Fokussierung auf Aufräumen und Aufforsten und kein Waldschutzprogramm“, kritisiert Mark Harthun, Waldexperte des NABU. Es fehlten Vorsorgemaßnahmen zur Erhaltung geschlossener Altholzbestände und die Ausweisung von Klimaschutzwäldern zur Erforschung der Waldentwicklung im Klimawandel. Auch vermisst der NABU noch verbindliche Vorgaben an Waldbesitzer zur Entwicklung naturnaher Wälder. „Öffentliche Gelder nur für öffentliche Leistungen“, so der NABU.

Die alarmierenden Schäden an Laubwäldern treten vor allem dort auf, wo durch radikale Erntemaßnahmen alte Bäume freigestellt wurden. So würden sie Sonne, Wind und Trockenheit schutzlos ausgesetzt. Eine Streckung der Ernte würde die Bestände dichter halten, so das feuchte Waldklima erhalten und einen Dauerwald entstehen lassen. Dies sei mit einem einzigen Erlass der Umweltministerin im Staatswald sofort umsetzbar, so der NABU.

„Pflanzungen sind sehr teuer und riskant“ kritisiert Harthun. Angesichts der in Zukunft wohl häufigeren trockenen Sommer muss damit gerechnet werden, dass viele Pflanzungen wieder vertrocknen. Im Jahr 2018 sind im hessischen Staatswald 20-30 Prozent der für 9 Millionen Euro gepflanzten Setzlinge vertrocknet, wie Umweltministerin Priska Hinz am letzten Mittwoch im Umweltausschuss des Landtags bekannt gab. Daher sollte nicht überstürzt aufgeforstet werden, sondern zunächst die Naturverjüngung abgewartet werden. Erst wenn dies nach 5-10 Jahren nicht funktioniere, sollten einzelne Pflanzen nachgepflanzt werden. Dabei entstehe zunächst ein sogenanntes „Vorwaldstadium“, z. B. aus Birken oder Ebereschen, bevor andere Bäume kommen. Negative Folgen mit fremden Baumarten können auch erst in einigen Jahrzehnten auftreten, wie man nun bei der Fichte sieht, die nun auf zehntausenden von Hektaren abstirbt, die auch in weiten Teilen Hessens nicht von Natur aus vorkommen würde. Stabiler sind Laubmischwälder aus heimischen Arten, die seit Jahrtausenden an die Wuchsbedingungen und Insektenwelt angepasst sind. Sie sind damit einerseits ein bedeutenderer Lebensraum für unsere Arten, und andererseits durch Koevolution an die Insekten angepasst und nicht so anfällig für Schädlingskalamitäten.

Weniger Aufräumen wäre sinnvoller und billiger, so der NABU, denn oft koste die Einbringung des Holzes mehr als der Verkaufswert erbringt. Und das Aufräumen entzieht der Fläche Nährstoff und Humus, der wichtig für die Wasserspeicherung im Boden für eine nächste Baumgeneration wäre. Daher sollte das Land solche Waldbesitzer fördern, die weniger Maßnahmen ergreifen. Unverzichtbar sei aus Sicht des NABU, dass in Hessen Klimaschutzwälder ausgewiesen werden, in denen nicht gepflanzt, nicht gepflegt und kein Holz eingeschlagen werde. Denn nur in solchen Naturwäldern ließe sich in Zukunft noch beobachten, welche Baumarten bzw. Mischungsverhältnisse von Natur aus überhaupt noch stabil und überlebensfähig sind. Diese Erkenntnisse könnten dann auf die bewirtschafteten Wälder übertragen werden. Harthun: „Auf der einen Seite experimentieren wir mit Neupflanzungen, während wir auf der anderen Seite den Wald weiter sterben lassen. Die Chance, in Klimaschutzwäldern zu lernen, welche Wälder künftig stabil sind, wird nicht genutzt“.

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