Der leise Tod in der Tiefe

Mehrsprachige Warnhinweise stehen zum Herunterladen auf den Kreisseiten bereit

Kreis Paderborn (krpb). Kurz vor Erreichen des Ziels ging er plötzlich unter. Der 28-Jährige verstarb kurz darauf in der Klinik. Die Berichte über tödliche Badeunfälle lauten jedes Jahr neu wie dieser: Im April ertrank ein junger Tansanier in einem Baggersee bei München vor den Augen seiner Freunde. Auch wenn das Wasser noch so schön glitzert und alles sich anfühlt wie Urlaub: Baggerseen sind Baustellen. Der Tod lauert in der Tiefe. Jedes Jahr neu unterschätzen Menschen die steil abfallenden Ufer, plötzliche Untiefen sowie eiskalte Wasserschichten. Wer in dem trüben Wasser untergeht, hat nur eine kleine Chance, rechtzeitig gefunden zu werden. Für das kommende Wochenende prognostizieren die Meteorologen erstmals sommerliche Temperaturen und damit bestes Badewetter. Landrat Manfred Müller warnt auch in diesem Jahr eindringlich vor den Gefahren in Baggerseen.

Da die Seen eigentlich Baustellen sind, verbergen sich unter der Wasseroberfläche mitunter alte Stromkabel oder auch Betonteile, die den Schwimmer zusätzlich gefährden. Der Kreis Paderborn stellt auch in diesem Jahr auf seiner Homepage unter www.kreis-paderborn.de mehrsprachige Warnhinweise (albanisch, arabisch, englisch, französisch, serbisch und persisch) in einfacher Sprache zur Verfügung. Denn besonders gefährdet sind auch neu zugewanderte Menschen, weil viele von ihnen weder schwimmen noch die Gefahren der hiesigen Gewässer einschätzen können. Der in deutscher Sprache verfasste Handzettel ist dort ebenfalls hinterlegt und kann für weitere Übersetzungen genutzt werden.

Gefährlich sind auch eiskalte Unterströmungen und die fehlende Sichttiefe. Schwimmer können leicht in Panik geraten, wenn sie plötzlich in kalte Wasserschichten geraten oder keinen Grund mehr unter den Füßen spüren. Das „mal eben in den See springen“ wird vielen zum Verhängnis, weil die Kräfte schwinden oder Krämpfe bzw. Herz-Kreislauf-Beschwerden sich einstellen. Wenn ein völlig verschwitzter und „aufgeheizter“ Mensch ins Wasser springt, setzt ein im Menschen angelegter Reflexmechanismus ein. Im ungünstigen Fall kommt es zu einer Bewusstlosigkeit, die z.B. durch Herz-Rhythmus-Störungen und Gefäßsteuerungsvorgänge im Körper entstehen. Mediziner sprechen von einem atypischen Ertrinken oder auch dem „leisen Tod“. Die Menschen gehen ohne Kampf unter. Deshalb gilt: Langsam ins Wasser steigen, sich an das Wasser „gewöhnen“. Auch sollte niemand mit vollem Magen geschweige denn unter Alkoholeinfluss sich in die Fluten begeben.

„Sowohl im Wasser wie auch in den Uferzonen kann man sich leicht kleine, oft unbemerkte Verletzungen zuziehen. Die sind oft schon wieder vergessen, wenn plötzlich Fieber und Schwächegefühl, vielleicht auch starke Kopf- und Gliederschmerzen oder Schwindel auftreten“, warnt der Leiter des Paderborner Kreisgesundheitsamtes, Uwe Litwiakow. Als leichte Sommergrippe verkannt, könne sich dahinter eine Sepsis, also eine Blutvergiftung im ganzen Körper verbergen, die durch Krankheitserreger ausgelöst wurde, die über die kleine Wunde vom Baggersee in den Körper gelangten. „Erfolgt keine sofortige Behandlung kann der Patient binnen Stunden versterben. Also Vorsicht am Baggersee!“, bekräftigt Litwiakow. Schwimmen lernen dient nicht nur der Sicherheit in Gewässern jeglicher Art. Wer regelmäßig seine Bahnen zieht, tut auch was für seine körperliche Fitness: „Wir beobachten, dass immer mehr Kinder und Jugendliche nicht schwimmen können. Da sollten Eltern unbedingt gegensteuern“, empfiehlt Litwiakow.

„Wenn jemand in einem Baggersee untergeht, haben wir nur ein kleines Zeitfenster, um ihn oder sie zu finden und zu retten“, warnt Marc Hammerstein. Wer einen Badeunfall beobachtet, sollte deshalb sofort Hilfe holen. Einen Notruf absetzen geht ganz einfach: „112 wählen, sagen wo man sich befindet und nicht auflegen sondern auf die Fragen und Hinweise des Disponenten warten“, erläutert Hammerstein. Im Kreis Paderborn sind alle Baggerseen oder sonstigen Gewässer, die erfahrungsgemäß im Sommer aufgesucht werden, mit Schildern versehen. Dort sind Orts- und Kennziffern aufgedruckt. Bei der Meldung des Notfalls an die Kreisleitstelle über die 112 sollte diese Kennziffer genannt werden. Sie hilft den Rettungseinsatzkräften, den Unglücksort schneller zu finden. „Aber auch wenn man nicht genau weiß, wo man sich befindet sollte der Notruf ohne Zeitverzug gewählt werden, da die Leitstelle auch über technische Möglichkeiten verfügt, mit denen Handys geortet werden können“, bekräftigt Hammerstein.