Korbach(nh). Auf reges Interesse stieß eine Veranstaltung, zu der Landrat Dr. Reinhard Kubat die Bürgermeister des Landkreises in das Korbacher Kreishaus eingeladen hatte. Ausschließlicher Punkt auf der Tagesordnung der Bürgermeisterdienstversammlung war die Verteilung und Unterbringung von Flüchtlingen auf die kreisangehörigen Kommunen. Damit einhergehend sollte auch über die Kostenerstattung an die Kommunen diskutiert werden. Alle 22 Bürgermeister waren der Einladung gefolgt, einige hatten ihre Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter für den Bereich der Flüchtlingsbetreuung mitgebracht.
Auf Seiten des Landkreises nahmen neben den vier Dezernenten ebenfalls zahlreiche Mitarbeiter/innen aus unterschiedlichen, mit dem Flüchtlingsthema befassten Fachdiensten teil. Landrat Dr. Kubat zeigte sich nach der gesprächsintensiven Sitzung zufrieden mit dem konstruktiven Verlauf und den sachlich fundierten Diskussionsbeiträgen. Im Vorfeld der Bürgermeisterdienstversammlung hatten die 22 Städte und Gemeinden des Landkreises eine ausführliche Diskussionsgrundlage in Form eines Arbeitspapieres erhalten, das vom Fachdienst Soziale Angelegenheiten des Landkreises erarbeitet worden war. Darin wird dargestellt, wie die Einbindung der Kommunen aussehen könnte. Basierend auf einem Beschluss des Kreisausschusses vom 11. Dezember 2012 wurde zur Diskussion gestellt, die Städte und Gemeinden unmittelbar an der Unterbringung der Flüchtlinge zu beteiligen.
Um die Größenordnung aufzuzeigen, wurden in der Versammlung einige Zahlen genannt. So ist der aktuellen Statistik für das Jahr 2014 zu entnehmen, dass bundesweit 202.834 Asylanträge gestellt wurden, 60 Prozent mehr als im Vorjahr, von denen 31,5 Prozent positiv beschieden wurden. Dem Landkreis Waldeck-Frankenberg werden wöchentlich rund 25 – 30 Personen von der zentralen Aufnahmestelle in Gießen zugewiesen. In den vergangenen beiden Jahren ist die Zahl der Neuzuweisungen in den Landkreis erheblich gestiegen: 2013 = 324 Personen, 2014 = 621 Personen, Prognose 1. Halbjahr 2015 = 529 Personen. Für die Unterbringung stehen neben angemieteten Privatwohnungen zehn Gemeinschaftsunterkünfte zur Verfügung.
Die Kreisvertreter und die Rathauschefs waren sich darüber einig, dass ein Königsweg in der Frage der angemessenen Unterbringung schwierig ist und von allen Beteiligten noch nicht gefunden wurde. Von den meisten Bürgermeistern favorisiert wurde das sogenannte „Marburger Modell“: Die Zuständigkeit für die Unterbringung der Flüchtlinge liegt allein beim Landkreis, die Kommunen bemühen sich jedoch eigenverantwortlich um geeigneten Wohnraum und melden diesen an den Kreis. Bei der Verteilung wird nicht allein die Einwohnerzahl zu Grunde gelegt, sondern man orientiert sich vor allem an den infrastrukturellen Voraussetzungen. Immer wieder aufs Neue hoben die Teilnehmer der Bürgermeisterdienstversammlung hervor, wie wichtig es vorrangig sei, eine Willkommenskultur für die Asylsuchenden aufzubauen. Zu diesem Zweck müssten Landkreis und Kommunen eng miteinander zusammenarbeiten. Als Grundkonsens wurde die Bildung von Arbeitsgruppen festgehalten, die sich der Thematik mit aller Intensität annehmen sollen. Landrat Dr. Kubat hob in diesem Zusammenhang auch noch einmal die Bedeutung des ehrenamtlichen Engagements in der Flüchtlingsbetreuung hervor. Die Ehrenamtlichkeit solle noch viel stärker in die Erarbeitung von Lösungsvorschlägen eingebunden werden. Im Ergebnis der Bürgermeisterdienstversammlung kann festgehalten werden, dass in der Frage der Flüchtlingsbetreuung allen an einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Landkreis und den kreisangehörigen Kommunen gelegen ist. Sehr rasch soll jetzt auf operativer Ebene ein Lösungsmodell erarbeitet werden, dass sowohl die Fragestellung der Unterbringung, als auch etwaige finanzielle Auswirkungen aufgreift. Die Gesprächsrunden sollen auf regionaler Ebene stattfinden, sowohl mit den Bürgermeistern, als auch mit den Sachbearbeitern der Kommunen. Der Landkreis seinerseits wird eine Arbeitsgruppe aus den beteiligten Fachdiensten zeitnah zusammenstellen.
Für die Bürgermeister betonte deren Sprecher, Bromskirchens Rathauschef Karl-Friedrich Frese, die Notwendigkeit einer engen und partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Landkreis und Städten und Gemeinden auf Augenhöhe. Nur so könne die von allen gewünschte Willkommenskultur auch gelebt werden. Mit der Umsetzung des „Marburger Modells“ solle vor allen Dingen erreicht werden, dass trotz der kurzfristigen Zuweisung von Asylbewerbern und Flüchtlingen alle vorbereitet seien und immer Wohnraum zur Verfügung stehe. Hinsichtlich der Finanzierung der nicht durch Land und Bund gedeckten Kosten für die Betreuung von Asylbewerbern und Flüchtlingen fordern die Bürgermeister vom Landkreis, auf eine Kostenbeteiligung der Städte und Gemeinden mindestens solange zu verzichten, wie die Rechtslage nicht abschließend geklärt ist. Es mache ohnehin keinen Sinn, wenn sich Kreis und Gemeinden mit erheblichem zusätzlichem Verwaltungsaufwand gegenseitig Rechnungen schickten. Alle verfügbaren Kräfte müssten beim Landkreis für die Betreuungsaufgaben konzentriert werden, so Karl-Friedrich Frese.