Kreislaufwirtschaft gemeinsam vorantreiben

Delegation niederländischer Experten erkundete die Region Nordhessen

Nordhessen(pm). Die Niederlande gelten als Vorreiter in Sachen Kreislaufwirtschaft: Bis 2050 will das Land eine Wirtschaft ohne Abfall schaffen, und schon jetzt ist die Zirkularitätsrate in Holland dreimal so hoch wie im Rest der Welt. Auch in Nordhessen entwickeln immer mehr Unternehmen nachhaltige Lösungen, um Ressourcen effizient zu nutzen. Ein internationales Kooperationsprojekt soll die Erfahrungen und Kompetenzen aus beiden Regionen künftig bündeln: Dafür arbeiten die Arbeitsgemeinschaft Nordhessischer Wirtschaftsförderer, die Regionalmanagement Nordhessen GmbH, die Germany Trade and Invest (GTAI) und die Deutsch-Niederländische Handelskammer (DNHK) zusammen. Gefördert wurde die Initiative durch das Programm „Internationalisierung der Regionen im Strukturwandel“ (ISW) der GTAI. Zum Auftakt des Projekts reiste jetzt eine 14-köpfige Delegation mit Vertretern niederländischer Technologieunternehmen, Forschungsinstitute und Start-ups nach Nordhessen mit dem Ziel, sich über das Marktpotenzial im Bereich Kreislaufwirtschaft zu informieren und Kooperationsmöglichkeiten mit regionalen Unternehmen auszuloten. Unter anderem stand ein Besuch der neuen Baustoff- und Materialbörse am Kasseler Hafen (siehe Foto) auf dem Programm: Ähnlich wie in einem Second-Hand-Laden werden hier Bauteile wie Fenster, Stahlbalken oder Fassadenpaneelen digital erfasst und eingelagert, um sie später für neue Bauprojekte zu verwenden. „Effektiver Klimaschutz gelingt nur durch regionale Kreisläufe. So können mit minimiertem Transportaufwand Bauteile von Bauvorhaben A zu Bauvorhaben B vermittelt werden“, so Hans-Georg Weishaar vom Innovationsnetzwerk Ressourceneffizientes Bauen Nordhessen (InRessBau). Auf diese Weise könnten CO2-Emissionen massiv reduziert werden.

Einen Einblick in das Recycling von Kunststoffabfällen – insbesondere aus der Fahrzeugindustrie – bekamen die Niederländer bei einem Besuch der Firma General Industries (GI) in Eschwege . Neben Produktionsabfällen werden hier auch Verpackungsmüll und Transportbehälter recycelt. „Als europäischer Marktführer im Kunststoffrecycling von EPP bedient GI ein breites Spektrum von Unternehmen wie Rohstoffhersteller und Verarbeiter“, erklärte Mitinhaber Matthias Henning bei einem Rundgang. Durch ein europaweites Netzwerk von 25 mobilen sowie stationären Recyclinganlagen sei das Unternehmen in der Lage, Inputströme mit geringer Dichte in einen wirtschaftlichen Stoffkreislauf zu bringen. „Die Nachfrage nach Kunststoffrecycling wächst weiterhin exponentiell, daher blicken wir erwartungsvoll in die Zukunft.“

In Korbach stand ein Besuch der Firma mauser einrichtungssysteme auf dem Programm. Der Hersteller von Einrichtungslösungen aus Stahl setzt auf Nachhaltigkeit, wie Klaus-Dieter Seib, General Manager Global Operations, der Delegation berichtete: „Rund 70 Prozent unseres verwendeten Flachstahls wird aus recyceltem Stahl gewonnen. Unsere Stahlmöbel und -systeme sind äußerst langlebig und nahezu 100 Prozent recyclingfähig, um Ressourcen zu sparen.“ Unter anderem habe das Unternehmen in eine Dünnschicht-Pulverbeschichtungsanlage investiert, welche 35 Prozent des üblich genutzten Pulvers einspart.

Beeindruckt zeigte sich die Delegation aus den Niederlanden auch vom Neubau des Rathauses in Korbach: Bei dem innovativen Projekt wurden erstmals die Möglichkeiten des kreislaufgerechten Bauens für ein Gebäude in Massivbauweise untersucht. Nach dem selektiven Rückbau des alten Rathauses waren die Materialien getrennt und unter anderem zu ressourcenschonenden Beton verarbeitet worden. Immerhin 62 Prozent des Abbruchmaterials fanden eine neue Verwendung. Beim Open Innovation Networking Event im Werra-Meißner-Lab Eschwege wurden diese Eindrücke dann zu konkreten Ideen. Erfolgsbeispiele aus beiden Ländern zeigten auf, welche Chancen Kreislaufwirtschaft für Unternehmen bietet. Keynotes und Pitches boten nicht nur den Gästen aus den Niederlanden, sondern auch 20 Unternehmensvertretern aus Nordhessen spannende Impulse. „Ohne Kreislaufwirtschaft wird es keine klimaneutrale Industrie geben. Viele Unternehmen in der Region haben das erkannt und bereits in innovative Technologien oder Prozesse investiert“, resümierte Kai Georg Bachmann, Geschäftsführer der Regionalmanagement Nordhessen GmbH. Die Niederlande seien jedoch in Europa führend auf diesem Gebiet. Deshalb sei es das Ziel, internationale Geschäftsbeziehungen zu stärken und Kooperationen sowie Investitionen in Nordhessen anzustoßen. Beim Event stand deshalb insbesondere der aktive Austausch zu konkreten Problemstellungen im Mittelpunkt. Bei Workshops und beim klassischen Networking wurden erste Lösungsansätze entwickelt und die Basis für die weitere länderübergreifende Kooperation gelegt

Background Kreislaufwirtschaft

Die Kreislaufwirtschaft bildet eine wichtige Grundlage für nachhaltiges Wirtschaften. Kreislaufwirtschaftspolitik muss stets den gesamten Produktlebenszyklus im Blick haben. Sie muss sowohl innovationsgetriebene Verbesserungen von Produkten und Verfahren würdigen als auch praxisgerechte Standards für ein nachhaltiges Produktdesign beinhalten. Leistungsfähigkeit, Sicherheit und Nutzeranforderungen an Produkte müssen im Einklang mit der Verwendung von Recyclingrohstoffen stehen. Innovationen sind unter der Prämisse der Technologieoffenheit zu fördern. Auf bewährte Verfahren muss bei der Weiterentwicklung aufgebaut werden.

Arbeitsgemeinschaft Nordhessischer Wirtschaftsförderer

Der Arbeitsgemeinschaft Nordhessischer Wirtschaftsförderer (AGW) gehören die Vertreter der Wirtschaftsförderungseinheiten der fünf nordhessischen Landkreise und der Stadt Kassel sowie die Regionalmanagement Nordhessen GmbH an. Zusammen mit der Regionalmanagement Nordhessen GmbH stimmt sich die AGW vor allem bei landkreisübergreifenden Entwicklungen, insbesondere bei den Themen Ansiedlungen und Standortmarketing, ab.

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