Frankenberg(pm). „Wisst Ihr eigentlich wie gut das tut? Da habe ich mich schon den ganzen Morgen drauf gefreut. Ach, heute bin ich glücklich.“ Mit diesen herzlichen Worten wurden die jüngsten Azubis des Kreiskrankenhauses auf der Geriatrie von der Patientin Esther Weyel freudestrahlend begrüßt. Schon seit 2016 werden im Kreiskrankenhaus Therapiehunde eingesetzt. Die beiden Hundeführerinnen Linda-Maria Vietz und Stefanie Birkenbusch bringen dazu ihre ausgebildeten bzw. in Ausbildung befindlichen Hunde mit in die Klinik, wo sie selbst in der Verwaltung tätig sind. An zwei Tagen in der Woche besuchen sie für eine halbe Stunde die Patienten auf der geriatrischen Station, wo sie immer herzlich willkommen sind. Die Patienten, die an den freiwilligen Sitzungen mit den Hunden teilnehmen, freuen sich auf den Kontakt mit den zutraulichen Vierbeinern. Die Senioren werden ermuntert, mit den Tieren zu sprechen, ihnen kleine Aufgaben zu erteilen und sie zu belohnen, wenn sie diese gemeistert haben. Sowohl kegeln, als auch würfeln oder das Glücksrad drehen sind für alle Hunde kein Problem. Mit viel Ausdauer, Geduld,
Streicheleinheiten und natürlich Leckerlis stellen sie sich auf die jeweilige Situation der erkrankten und älteren Menschen ein und beobachten interessiert und mit viel Neugier ihr Gegenüber. „Auf spielerische Art und Weise wird die grob- und feinmotorische Aktivität, das Bewegungsausmaß, die Sensibilität der oberen Extremitäten durch Berührungsreize, die Kommunikationsfähigkeit sowie die kognitiven (Gedächtnis-) Funktionen der Patienten trainiert und gefördert“, erklärt die Ergotherapeutin Diana Kaszmekat-Herguth.
Die hundegestützte Therapie wird unterstützt und organisiert seitens der Ergotherapie und der Logopädie, welche unter Absprache mit dem behandelnden Arzt auch die geeigneten Patienten für diese Therapieform auswählen. Diese Patienten werden zur Therapie eingeladen, können aber frei entscheiden, ob sie teilnehmen möchten. „Das Angebot ist fester Teil unseres Therapieplans und viele Patienten melden sich dazu an. Es ist sogar für einige ein entscheidendes Kriterium bei der Wahl unserer Einrichtung, deshalb haben wir viele Anfragen.“ Neben der „Arbeit“ kommt aber auch das Streicheln und Knuddeln nicht zu kurz, denn die Beschäftigung mit den
Tieren wirkt aufmunternd auf die Senioren. So können Sorgen und Angst, sowie körperliche Beschwerden in den Hintergrund treten. „Ein Hund besitzt von sich aus einen hohen Aufforderungsgrad zum Streicheln, Anfassen und Interagieren. Selbst auf die Mitarbeiter wirkt sich die Anwesenheit der Hunde beruhigend und entspannend aus uns sorgt somit für strahlende Augen für alle Anwesenden“, ergänzt Fr. Kaszmekat-Herguth. Die Therapiehunde finden ihren ganz eigenen Zugang zu jedem Patienten, denn sie haben ein gutes Gespür für deren emotionale Lage. Sie gehen offen auf die Patienten zu, freuen sich über deren Zuwendung und geben diese
bereitwillig zurück. Sie sind damit ein eigener Baustein in der Frührehabilitation der multimorbiden Senioren. Das Team der Geriatrie verfolgt das Ziel, neben der akutmedizinischen Versorgung, die Patienten zu mobilisieren und zu motivieren, um sie auf ihre Rückkehr in den Alltag vorzubereiten. Aktivierende Pflege, Physio-, Ergotherapie, Logopädie und der Unterstützung von Psychotherapeuten sorgen dafür, dass die Patienten im Rahmen ihrer alters- und krankheitsbedingten Möglichkeiten ihre Selbständigkeit erhalten oder wiedererlangen.
Einsatz auch in der Palliativmedizin
Die leitende Oberärztin der Gynäkologie und Geburtshilfe Gabriele Schalk war 2016 maßgeblich an der Einrichtung des Angebots, insbesondere für Patienten der Palliativmedizin beteiligt. Auch hier sind Hunde weiterhin regelmäßig im Einsatz, um Patienten emotional zu stützen. Unter Wahrung des Hygieneplans werden bei den Schwerkranken aber gerne deren eigene Hunde mit ins Krankenhaus gebracht, um ihnen den Kontakt zu ihren geliebten Vierbeinern zu ermöglichen, der ihnen Trost und Kraft spendet.
Wirksamkeit der Therapie ist wissenschaftlich belegt
Besonders der psychische Bereich wird durch den Einsatz der Hunde positiv beeinflusst. So kann bei depressiven Verstimmungen, Depressionen, dementen oder deliranten Patienten die Steigerung des Antriebs und der Motivation, die Stimmungsaufhellung sowie die Krankheitsverarbeitung begünstigt werden. „Wem die strahlenden Gesichter der Patienten noch kein ausreichender Beleg für die Wirksamkeit der Hundetherapie sind, der kann sie auch nach wissenschaftlichen Standards messen und nachweisen: Puls und Blutdruck sinken, die Muskelspannung lässt nach, Grob- und Feinmotorik verbessern sich. Daneben werden vom Körper selbst antidepressive und angstlösende Stoffe ausgeschüttet“, erläutert der Chefarzt der Geriatrie Dr. med. Dr. theol. M. Gernhardt.
Patienten mit Sprachstörungen, z.B. nach einem Schlaganfall fällt es oft leichter, in der Interaktion mit dem Hund die Sprachhemmung zu überwinden. Die Begegnungen mit den Hunden fördert auch die Kommunikation der Patienten untereinander und wirkt damit lange über die eigentliche Therapiestunde hinaus. Oft berichten sie dann auch den Pflegenden über ihre eigenen Haustiere und blühen dabei regelrecht auf. Diese „Biografiearbeit“ ist Bestandteil der aktivierenden Pflege und meint die Beschäftigung mit der Lebensgeschichte des Pflegebedürftigen. Als spezielles Angebot für die geriatrischen Patienten, die akut in der Mobilität eingeschränkt sind, erfolgt die hundegestützte Therapie am oder sogar im Bett unter Berücksichtigung aller hygienischer Vorgaben und Maßnahmen. Mit Hilfe eines
mobilen Bettchens kann der Hund direkt am Bett des Patienten platziert werden und seine Therapie beginnen. Somit hat der Patient die Möglichkeit, den direkten Kontakt zum Hund herzustellen. Als positiver Nebeneffekt rückt Abwechslung vom Krankenhaus- und Stationsalltag und Ablenkung in den Vordergrund.
Die Therapiehunde und ihre Ausbildung
Um als Therapiehund eingesetzt zu werden, absolvieren Hunde mit ihren Herrchen und Frauchen eine über 100 Stunden umfassende Ausbildung zum Therapiebegleithunde-Team nach Steinfurter Pädagogik. Auch nach der erfolgreich abgeschlossenen Ausbildung werden die Hunde regelmäßig getestet und rezertifiziert. Derzeit sind hauptsächlich zwei „Azubi“-Hunde im Einsatz. Lou ist eine Finnische Lapphündin und anderthalb Jahre alt. „Lou ist mutig und sehr neugierig, geht offen und freudig auf Menschen zu, ist sehr verspielt und hat magische Augen. Sie lässt sich gerne streicheln, trägt gerne Dinge wie z.B. Spielzeug oder Stöckchen. Ich bin sehr dankbar, dass auch Lou ihre Ausbildung hier im Kreiskrankenhaus absolvieren darf. Wie auch schon die ebenfalls ausgebildete weiße Schäferhündin Alaska begleitet mich Lou seit Anfang an mit an die Arbeit“, berichte Linda-Maria Vietz. Nala ist ein zwei Jahre altes Border-Collie Mädchen und neben Zazou die zweite Therapiehündin von Stefanie Birkenbusch. Nala wird wie Lou im Dezember ihre Prüfung zur Therapiehündin ablegen. „Unter anderem wird dabei
auch ein Wesenstest gemacht, um sicherzustellen, dass sie charakterlich geeignet ist für die anspruchsvolle Aufgabe. Denn sie soll trotz der vielen Eindrücke durch unterschiedliche Personen, die teilweise körperliche oder geistige Beeinträchtigungen haben, zahlreiche Gerüche oder fremde Räumlichkeiten stets ruhig und gelassen reagieren“, erklärt Stefanie Birkenbusch.