Ministerium für Wissenschaft und Kunst lässt die Kulturschaffenden nicht im Regen stehen

Iris Schulz aus Anraff erhält ein Brückenstipendium
Anraff(von Peter Fritschi). Die Kunstschaffende Iris Schulz aus Edertal-Anraff erhält ein Brückenstipendium der Hessischen Kulturstiftung zur Überbrückung der Pandemie unter der viele Künstler besonders leiden.
Bewahren und Gestalten – das Credo
Wir sprachen mit Frau Schulz
Frau Schulz „Ihr großes, aktuelles und zentrales künstlerisches Thema, ist die „Zeit“, die Vergänglichkeit der Dinge und die Relativität der Zeit. Was macht die Zeit oder der Zeitgeist mit uns und den Dingen, die uns umgeben? Die Antwort auf diese Fragen wird in Ihren Bildern und Objekten sichtbar. Ihre Kunstwerke bestechen nicht nur durch Ästhetik und Harmonie, sondern auch durch Ihre Funktionalität?“

„Ja, sie haben recht, das Thema Zeit begleitet sowohl meine fotografische als auch meine Arbeit an Objekten. Ich halte vergängliche Details fest, die für mich erst durch das Altern ihre besondere Ästhetik entfalten. Meine Objekte, in erster Linie Uhren, fertige ich überwiegend aus gebrauchten Gegenständen und Naturmaterialien (Strandgut, alte Zahnräder, Werkzeuge, „Schrott“ i.a.) Dinge, die ansonsten im Müll landen würden, versuche ich, in einen neuen Zusammenhang zu bringen und auf eine andere Art erlebbar zu machen. Dabei tauchen Fragen auf. Wie nutzen wir unsere Zeit in einer Epoche, die geprägt ist durch einen enormen Überfluss – nicht nur an Materiellem.
Frau Schulz, wie dürfen wir Ihre Kunstwerke im Kunstbetrieb einordnen? Kann man Ihre Kunstobjekte im weitesten Sinne als Gebrauchskunst, als eine dem Menschen im Alltag nützliche Kunst, bezeichnen?“
Iris Schulz: „Ja, das trifft es ganz gut“.

Das erinnert an Bauhaus. Sehen Sie sich in der Bauhaustradition?
Iris Schulz: „Ehrlich gesagt, habe ich nie versucht mich irgendwo einzuordnen „Mir ist die Bauhaus-Kunst nicht besonders nah. „Der Jugendstil, mit seiner Mischung aus Verspieltheit und Klarheit begeistert mich viel mehr.
Frau Schulz: „Mit Ihren beiden Objekten Uhr – „Natur (Ge) Zeiten“ und Uhr „Technik – Zeit – Alter“ konnten Sie die Jury der Hessischen Kulturstiftung von Ihrem Talent überzeugen. Erzählen Sie ein wenig. Welche Message haben Ihre Objekte?
Frau Schulz: zunächst die Uhr „TechnikZeitAlter“
Der erste Teil meines Projektes setzt sich mit dem Thema Technik und Technisierung auseinander. Dafür
wollte ich überwiegend im „Upcycling-Modus“ arbeiten, was meinem Grundanliegen entspricht. Nur wenige Elemente wurden zusätzlich erworben.


Den Ausgangspunkt für das Objekt bildete ein stählernes Antriebsrad von einem Bus Im unteren Teil befindet sich eine Holzplatte, die vermutlich als Sägeunterlage diente und viele vertikale und horizontale Sägespuren aufweist. Das erschien mir perfekt für die Darstellung unserer durch Landwirtschaft, Bergbau und Holzwirtschaft geprägten Erde. Das Gitter oberhalb der Holzplatte kennzeichnet die räumliche und inhaltliche Abgrenzung und Aufteilung von Lebensräumen, Auf der linken Seite oberhalb des Gitters befinden sich Rohre aus verschiedenen Metallen. Diese Teile ermöglichten mir die Darstellung von Fabriken bzw. Schornsteinen… Sie stehen aber auch für die moderne Statistik (Säulendiagramme) und alles nach oben Strebende. Das zeigt auch der ganz unten angebrachte Metallpfeil. Ganz oben hinter der mattierten und dadurch transluzenten Plexiglasplatte befindet sich das Herzstück eines Computers.  Es ist nur teilweise sichtbar sowie – im Gegensatz zur Mechanik – fast alle digitalen und elektronischen Prozesse, die quasi „im Hintergrund“ ablaufen. Über dem Motherboard, das Herzstück eines Computers.  ist eine Feder aus einem alten Uhrwerk angebracht. Ihre schwungvolle runde Form soll dafür stehen, dass in vielen von Menschen geschaffenen Dingen immer wieder natürliche Formen, Strukturen und Oberflächen nachgeahmt werden In der Mitte befindet sich dann die eigentliche Uhr, bestehend aus dem Zahnrad eines Fahrrad- Tretlagers und dem Ziffernblatt einer ausgemusterten Wanduhr.

Der „Zahn der Zeit“ ist unaufhaltsam. Uhr „Natur (Ge)Zeiten“

Im zweiten Teil meines Projekts beschäftigte ich mich mit dem Thema „Natur“. Meine Idee war, die 3 Lebensräume: Erde, Wasser, Luft darzustellen sowie die entsprechende Fauna und Flora anzudeuten. Bei der Umsetzung der Idee verwendete ich vor allem Naturmaterialien (Schwemmholz, Sand, Steine, Knochen, Feder…), aber auch einige „künstliche“ Gegenstände, z.B. eine Sanduhr, eine „ehemalige“ Armbanduhr, ein Reagenzglas. Den äußeren Rahmen bildet ein geschmiedeter Radreifen der auch symbolisch für das Element Feuer steht. In diesen setzte ich verschiedene Schwemmhölzer ein, die luftig angeordnet sind.


Den Anfang machte im unteren Teil ein sehr hartes Holz, welches einen wunderbaren Schwung in der Maserung aufweist und sich für die Darstellung der Erde eignete. So konnte ich die Erdkrümmung wiedergeben. Auf der rechten Seite ist im oberen Rand dieses Holzes ein Ammonit eingelegt worden, der für die Fauna in und auf der Erde steht. Links habe ich 3 Metalldosen eingearbeitet, welche die 3 Gesteinstypen enthalten, die auf der Erde vorkommen: Sedimentgestein, magmatisches und metamorphes Gestein. Darüber zieht sich in „kühnem Schwung“ die Flora über die Erdoberfläche – hier in Form eines schmalen Schwemmholzes. In selbiges habe ich mittig eine Vertiefung gefräst und diese mit den Oberteilen von Mohnkapseln gefüllt, so dass eine Art Blumenwiese entsteht.
In der Mitte des Radreifen befindet sich ein besonderes Schwemmholz von der dänischen Nordseeküste. Dieses ist komplett von kleinen Bohrmuscheln durchlöchert. Es stellt das Wasser dar. Rechts ist in einen kreisrunden Ausschnitt eine Sanduhr eingearbeitet.
Die winzigen Schnecken im Reagenzglas am unteren Rand des Holzes zeigen die Fauna der Meere. Der Fischknochen rechts auf der Oberfläche „vertritt“ die Wirbeltiere. Das Reagenzglas steht wie auch die Metalldosen mit den Gesteinstypen beispielhaft für den beobachtenden und forschenden Menschen.

Über das Meer spannt sich eine große Wolke – dafür habe ich ein sehr helles, kraus gewachsenes Holz verwendet. Ganz oben schwebt eine Feder, damit auch die Vogelwelt hier nicht zu kurz kommt. Zwischen Meer und Himmel ist das Überbleibsel eines Thermometers zu sehen als Hinweis auf Wetter und Klima – darin eingelassen eine spezielle Armbanduhr mit 2 Uhrgläsern, zwischen denen sich Sand befindet. Das verbindende Element zwischen den 3 Lebensräumen ist letztlich der Baum, für den ich das „Gerippe“ eines großen Kaktusblattes verwendet habe. Es gibt kein zentrales Uhrwerk, sondern verschiedene Zeiten, zum einen die Sanduhr und zum anderen der Armbanduhr, alles in der Natur hat seine eigene Zeit!
„Frau Schulz, wir danken Ihnen für das Gespräch.“

Zur Person
Iris Schulz, geboren in Vorpommern. 1998- 2010 Theaterphotographie (Staatsoper
rette Dresden.)2002 – 2009 Beteiligungen der Aktion „Offene Ateliers“ in Dresden 2001 – heute Konzeption für Jugendweihe feiern
Seit 2010 im Edertal zu Hause, verfassen von Kabarett-Texten 2010 Beteiligung am Festival Treppen, Keller, Hinterhöfe in Witzenhausen 2011 – 2017 Beteiligung am Festival Denkmal-Kunst-Kunstdenkmal in Hann. Münden 2013 – 2019 Teilnahme an La Werra – Frauenkunst an der Werra.2015 1. Platz beim Wettbewerb Thema „Salz“. 2020 Förderung eines Projektes durch ein Arbeitsstipendium der Hessischen Kulturstiftung
Aktuell: Arbeit am Stipendium-Projekt: Zeitfenster 20/21

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