Energieversorgung aus lokaler Perspektive: Keine einfachen Lösungen

Landkreis Waldeck-Frankenberg, Fritzlar, Bad Zwesten, Breuna, Trendelburg(pm). In einem energiepolitischen Gespräch informierte sich MdL Armin Schwarz als Vorsitzender des CDU-Kreisverbands Waldeck-Frankenberg am 28. Juni beim regionalen Unternehmen EWF über den Stand der Energieversorgung aus lokaler Perspektive. Geschäftsführer Stefan Schaller erläuterte, welche Änderungen in diesem Jahr auf die EWF zukommen und wie sich das Unternehmen darauf vorbereitet. In Ergänzung dazu zeigte Gesprächsgast Dr. Christof Spangenberg von der K.Group GmbH aus München, welche komplexen Herausforderungen die Energiebranche insgesamt noch lösen muss.

„Die zuverlässige Energieversorgung betrifft genauso wie unser Bildungssystem jeden einzelnen Bürger ganz direkt. Wir müssen die richtige Balance finden, um den Umbau der Energiewirtschaft zu Gunsten des Klimaschutzes wettbewerbsfähig aber auch fair zu gestalten. Gerade die lokalen Energieunternehmen sind direkt mit den Bürgern vernetzt und wissen wie sich die Energiewende im Alltag anfühlt,“ stellte MdL Armin Schwarz zu Beginn der Gespräche fest. „Ich weiß, dass gerade hier die Anforderungen in den vergangenen Jahren immer weiter gestiegen sind.“

Lokal mehr Verantwortung übernehmen
Daran anschließend erläuterte Geschäftsführer Stefan Schaller die aktuellen Entwicklungen bei der EWF und verwies dabei vor allem auf die ab Oktober geltenden neuen Regeln für Energieversorger. Die neuen Vorgaben unter dem sperrigen Begriff „Redispatch 2.0“ führen dazu, dass lokale Betreiber vor Ort stärker zur Netzstabilität beitragen müssen. Deshalb betreut die EWF mittlerweile über 10.000 Strom-Einspeisepunkte, berücksichtigt Wettervorhersagen, simuliert die zukünftige Stromerzeugung im Netz und optimiert die gemeinsamen Abläufe mit anderen Netzbetreibern. Mit diesem Wissen kann die EWF beispielsweise die Stromerzeugung an den Bedarf anpassen und so punktgenau zur Stabilität des Netzes beitragen. Im umgekehrten Fall wäre es auch möglich, auf der Nachfrageseite einzugreifen und beispielsweise energieintensive Produktionen zu drosseln.


„Bisher sind die großen Energiekonzerne federführend, wenn es darum geht, das Netz stabil zu halten und einen Blackout zu verhindern. Mit dem neuen Verfahren teilen wir uns diese Aufgaben. Das Ziel ist, dass wir vor Ort präziser und damit wirtschaftlicher handeln können, im Gegensatz zu den wenig spezifischen Eingriffen von oben,“ erklärte EWF-Geschäftsführer Stefan Schaller. In seinem Fazit stellte er fest, dass die Energiebranche schon seit Jahren Erfahrung darin gesammelt habe, Erneuerbare Energien in großem Maßstab ins Netz zu integrieren, ohne dass es zu gravierenden Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit gekommen sei. „Wir dürfen aber die Versorgung nicht gefährden, indem wir einerseits mehr Strom aus Erneuerbaren Energien haben wollen, andererseits aber dem Ausbau möglichst enge Grenzen setzen.“


Mit einem klaren Bekenntnis zum Klimaschutz erinnerte MdL Armin Schwarz daran, dass mittlerweile die Hälfte des Stroms aus Erneuerbaren Energien stammt. Mit Verweis auf den bereits beschlossenen Ausstieg aus Kohle und die wachsende Nachfrage nach Elektrizität im Verkehrs- und Wärmesektor stimmte er aber den Ausführungen von Stefan Schaller zu. „Früher haben große Kraftwerke außerhalb unserer Region die Energie geliefert und für uns im Landkreis die Versorgung sichergestellt. Heute gilt das nicht mehr vollständig, weil die Arbeit der Stromerzeugung auf viele Schultern verteilt wird. Die neuen Vorgaben für unseren heimischen Netzbetreiber machen das mehr als deutlich. Es kommt nun also darauf an, die Energiewende nicht nur fortzuführen, sondern alles intelligent miteinander zu vernetzen und effizient zu gestalten.“ Einen Überblick über die Lage der Energiebranche insgesamt gab im Anschluss Dr. Christof Spangenberg von der K.group GmbH aus München. Das Unternehmen berät in ganz Deutschland Versorger bei Transformationsprozessen jedweder Art. Auch er betonte, dass in Deutschland durch die konsequente Förderung, z.B. mit den Mitteln des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, bereits ein Anteil von etwa 50 Prozent regenerativer Energien erreicht wurde. Der weitere Ausbau erfordere nun Lösungen in drei Themenfeldern: Die Genehmigung von neuen Flächen für Windenergie, Photovoltaik und andere Formen regenerativer Energiebereitstellung, die Speicherbarkeit der Energie durch Batterien, Wasserstoff und möglicherweise weitere innovative Konzepte und nicht zuletzt die Weiterentwicklung der Sektorenkoppelung zwischen Wärme- und Strommarkt einerseits sowie Mobilität und Strommarkt andererseits.

Schwarmintelligenz ist gefordert
Unabhängig von den technischen Detaillösungen machte Dr. Christof Spangenberg aber klar, dass für den Erfolg alle mit eingebunden werden müssen: „Für den Erfolg ist entscheidend, die dezentralen und zum Teil privaten Erzeuger einzubinden und den daraus entstehenden Schwarm an „Prosumern“ intelligent zu steuern. Ein anderer sehr wichtiger Baustein wird sein, die Energiepreise zeitabhängig zu steuern. Nur damit lassen sich die „richtigen“ wirtschaftlichen Signale bereitstellen, um den volkswirtschaftlich effizientesten Weg zur vollständig nachhaltigen Energiewelt zu finden. Für beide Aufgaben spielen die lokalen und regionalen Netzbetreiber und Energieversorger eine Schlüsselrolle. Sie müssen die entsprechenden Lösungen kundenspezifisch ausgestalten, die Kunden überzeugen und die technische Umsetzung sicherstellen.“ Zum Abschluss der Gespräche zeigte sich MdL Armin Schwarz davon überzeugt, dass der Weg zur Klimaneutralität möglichst schon vor 2050 in der breiten Bevölkerung akzeptiert werde, wenn die Energieversorgung vor allem sicher und zugleich bezahlbar bleibe. „Einfache Lösungen wird es nicht geben. Wir brauchen in jedem Fall mehr Digitalisierung in den ländlichen Regionen, einen Strommix aus verschiedenen Erneuerbaren Energien, eine effiziente Speichertechnik, aber auch Brückentechnologien wie das Erdgasnetz, das uns den Umstieg erleichtern soll. Ganz wichtig sind mir hierbei alle Beteiligten, die vor Ort Lösungen anbieten. Und dazu zähle ich ganz bewusst auch die Netzbetreiber, die dafür sorgen müssen, dass wir die richtige Infrastruktur haben, um all das zu erreichen.“

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