Leserbrief zum Wilke-Skandal von Christoph Vogel

Forderung nach Rücktritt Fritz Schäfers und Freistellung Dr. Martin Rintelens

Zum Skandal mit in Wilke Wurstwaren u.a. enthaltenen Listerien, die offenbar mindestens zwei Todesfälle zur Folge hatten, äußert sich Christoph Vogel (Korbach), stellvertretender Vorsitzender der Waldeck-Frankenberger Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA). Wer sich mit Listerien auskenne, so der Apotheker, wisse, dass sich die wirkliche Anzahl an Erkrankungen und Todesopfern niemals wird ermitteln lassen.

„Leidtragende sind wie die Angehörigen der Opfer, denen unsere Anteilnahme gilt, immer auch die Mitarbeiter, nicht nur 200 direkt Beschäftigte und Leiharbeiter an der Zahl, sondern auch von Wilke abhängige Landwirte und Unternehmen über die Region hinaus. Schlechten Gewissens gingen sie wohl zur anstrengenden Arbeit, ihnen wurde scheinbar mit Repressalien gedroht und viele arbeiteten zum Mindestlohn. Für die osteuropäischen Leiharbeiter, deren Lebensverhältnisse als menschenunwürdig geschildert werden, ist es sicher genauso eine Tragödie. Alle Hoffnungen auf ein besseres Leben sind zerstört, teilweise haben sie offenbar schon Deutschland verlassen. Dass eine Personalvermittlung, die auf den Berndorfer Unternehmer spezialisiert gewesen sein soll, die Mitarbeiter schon wieder vermittelt haben will, erscheint unglaubwürdig. Der Vorwurf der Schwarzarbeit wiegt schwer und bleibt im Raum stehen.
Und wer zahlt beispielsweise den Mitarbeitern Insolvenzgeld? Die Solidargemeinschaft, die später nur ein Bruchteil zurückerhalten wird. Und das ist nur der Anfang.
Bei einem Skandal dieser Größenordnung muss man sich die Frage der politischen Verantwortung stellen. Den Bundesministern entsprechen sozusagen auf Kreisebene die Dezernenten. Zuständiger Dezernent für Direktvermarktung und Verbraucherschutz ist der amtierende Kreislandwirt Fritz Schäfer (CDU). Er verhielt sich im vorliegenden Fall bisher eher bedeckt, obwohl sein Verantwortungsbereich unmittelbar betroffenen ist.

Vom zuständigen Amtsleiter des u.a. für Lebensmittelüberwachung zuständigen Fachbereichs Dr. Martin Rintelen wird man keine unabhängige und zweckmäßige Aufklärung der Unregelmäßigkeiten erwarten können, deshalb ist zumindest eine unverzügliche Freistellung erforderlich. Dass die Taskforce des Landes laut Berichterstattung erst nach Ermittlung des Kausalzusammenhanges mit den Todesfällen durch eine Bundesoberbehörde eingebunden wurde, erscheint als grobe Pflichtverletzung.
Die Missstände bei Wilke waren verwaltungsintern schon seit 2018 bekannt und hatten bisher nur Folgen, die der Bedeutung des zumindest deutschlandweit operierenden Unternehmens nicht gerecht wurden. Eine verordnete Grundreinigung ändert nichts an tropfenden Rohren. Todesfälle wurden billigend in Kauf genommen. Offenbar kam es zu einer folgenschweren Fehlabwägung kommunalpolitischer Interessen gegenüber denen des vorbeugenden Verbraucherschutzes. Sicher ist ein mittelständischer Betrieb mit 200 Mitarbeitern, der kräftig Gewerbesteuern zahlt, nicht unbedeutend. Der Fall zeigt aber, dass dieses Vorgehen keine Arbeitsplätze sichert, sondern nachhaltig gefährdet, auch über den unmittelbar betroffenen Betrieb hinaus. Wozu auch immer das angebahnte Insolvenzverfahren führt, ein Eigentümerwechsel beispielsweise könnte nichts daran ändern, dass der Betrieb auf unbestimmte Zeit nicht mehr aufgenommen werden kann. Vorbeugender Verbraucherschutz im richtig verstandenen Sinne hätte diesen Standort und die mit ihm verbundenen Arbeitsplätze erhalten können. Schließlich scheint es über viele Monate nicht gelungen zu sein, die Quelle der Verunreinigungen ausfindig zu machen. Am Ende bleiben wohl nur Lagerhallen übrig.
Die Öffentlichkeit wird nur unzureichend eingebunden, u.a. durch eine verzögerte Erstellung von Abnehmerlisten, die eigentlich per Knopfdruck möglich sein sollte. Dies steht möglicherweise mit der Versorgung von Patienten der Uniklinik Köln nach Bekanntwerden des Skandals in Zusammenhang. Demnach muss auch nach Fertigstellung eine umgehende Veröffentlichung des Berichts der Taskforce Lebensmittelsicherheit erfolgen.
Qualität hat ihren Preis. Hier klingt das mehr als zynisch. Not my taste.“

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