Klimaschutz mit Hilfe der Natur

NABU Hessen fordert acht große Klimaschutzwälder

Wetzlar(pm). Angesichts der großen Waldschäden durch die Klimaerwärmung fordert der NABU vom Land die Einrichtung von acht großen Klimaschutzwäldern im hessischen Staatswald. „Um zu erfahren, welche Wälder künftig Trockenheit und Hitze am besten standhalten können, müssen wir der Natur über die Schulter schauen“, erklärt NABU-Waldexperte Mark Harthun. In den Klimaschutzwäldern solle die Natur den Vorrang erhalten und zeigen, welche Baumarten für die Zukunft am besten geeignet seien. „Dem Staatswald kommt hier eine große Verantwortung zu. Es kann nun nicht darum gehen, vorschnell und mit viel Steuergeldern gewagte Aufforstungs-Experimente zu starten“, so Harthun. Es komme vielmehr darauf an, die bestehenden heimischen Laubwälder nachhaltig zu stabilisieren und flächendeckend die Naturverjüngung zu fördern. Die insgesamt 10.000 Hektar umfassenden Klimaschutzwälder könnten zeigen, wie das am besten geht. „Vorsorge ist wichtiger als die Therapie durch Aufforstungen, und sehr viel billiger“, so der NABU. Dafür müsse das Land auf jährlich rund 5 Mio Euro Einnahmen durch Holzeinschläge verzichten. Hingegen sollen die Aufforstungspläne des Landesbetriebs Hessen-Forst allein im Staatswald 80 Millionen Euro kosten.

In den vom NABU Hessen vorgeschlagenen Klimaschutzwäldern spielt die Forschung eine wichtige Rolle. „Um herauszufinden, welche heimischen Baumarten sich am besten an längere Trockenperioden und Hitze anpassen können, muss natürlich genau beobachtet werden, was in den Klimaschutzwäldern mit ihrer natürlichen Dynamik passiert“, erklärt Harthun. Die dort gewonnenen Erkenntnisse gäben dann wertvolle Hinweise darauf, wie Wälder im Klimawandel künftig nachhaltig bewirtschaftet werden können. „Schon jetzt sehen wir, dass eine Beförsterung von Laubwäldern in einheitlichen Altersklassen, die durch den Holzeinschlag stark aufgelichtet werden und so ihre innere Feuchte verlieren, nicht klimastabil ist“, so Harthun. Die dort freigestellten alten Bäume seien äußerst anfällig für Hitzeschäden und Windwurf.

Die vorgeschlagenen Klimaschutzwälder liegen im ganzen Land verteilt, von Waldeck-Frankenberg bis zum Spessart. Sie sollten jeweils mindestens 1.000 Hektar umfassen, um dynamische Abläufe wie Sturmwürfe oder starke Insektenvermehrung zu verkraften, ohne dass wichtige Tier- oder Pflanzenarten verschwinden. „Nur bei dieser Größe gibt es zu jeder Zeit alle nötigen Lebensraumstrukturen in ausreichender Zahl, um allen Arten in ausreichend großen Beständen in genetischer Vielfalt ein dauerhaftes Überleben zu garantieren“, so Harthun. Auch die Effekte der Klimaerwärmung auf die Naturverjüngung ließen sich nur auf größerer Fläche wirksam untersuchen. Die Klimaschutzwälder erstrecken sich meist über mehrere Höhenstufen, so dass Arten auch in die Höhe wandern und somit Trockenheit und Hitze ausweichen können. Ihre Größe ermöglicht eine große Standortvielfalt von feuchten Tälern bis trockenen Kuppen in Nord- bis Südlagen.

Hintergrund „Klimaschutzwälder“

Der Natur anvertraute Klimaschutzwälder unterscheiden sich stark von den üblichen Wirtschaftswäldern. In ihnen können sich Bäume frei aussäen, aufwachsen und alt werden. Ihre Holzmasse kann sich in ihrer Lebenszeit nahezu verdoppeln. Damit wird der Luft viel Kohlendioxid entzogen und das Klima geschützt. Von der Natur gestaltete Klimaschutzwälder sind meist weitgehend geschlossen, kühl und feucht. Dieses Waldinnenklima ist vor allem für die heimische Buche von großer Bedeutung. So wird sie gegen Sonnenbrand und Trockenheit geschützt. In Klimaschutzwäldern finden auch viele bedrohter Tiere, Pflanzen und Waldpilze ein Zuhause. In normal bewirtschafteten Wäldern erfolgen hingegen bis zur Ernte etwa 25 Eingriffe zur Erziehung, Zuwachssteigerung und Wertholzbildung. Durch solche Pflege wurden in den letzten Jahrzehnten auch Forste herangezogen, die der Klimakrise nicht gewachsen sind – wie sich jetzt mit dem flächigen Sterben von Fichtenwäldern und ersten Schäden bei Buchen zeigt.

Vorgeschlagene Klimaschutzwälder (von Nord nach Süd)

  1. Großer Diedensberg bei Battenberg (Kreis Waldeck-Frankenberg), 1.307 Hektar
  2. Krofdorfer Wald (Kreis Gießen), 1.145 Hektar
  3. Hörre (Lahn-Dill-Kreis), 1.201 Hektar
  4. Kreuzberg (Lahn-Dill-Kreis, Kreis Limburg-Weilburg), 1.066 Hektar
  5. Oberwald (Vogelsbergkreis), 1.179 Hektar
  6. Alsberg im Spessart (Main-Kinzig-Kreis), 1.486 Hektar
  7. Taunushöhen (Hochtaunuskreis), 1.038 Hektar
  8. Kammerforst (Rheingau-Taunus-Kreis), 1.122 Hektar

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