Wiesbaden(pm). Ein ambitionsloser Ganztagsschulausbau auf Sparflamme, so kommentiert die SPD-Landtagsfraktion, die gestern vom Kultusminister präsentierten Zahlen zur Entwicklung des Ganztagsausbaus im kommenden Schuljahr. Von über 600.000 Schülerinnen und Schülern an allgemeinbildenden Schulen wird wieder nur ein Bruchteil an fünf Tagen die Wochen ein verlässliches Ganztagsangebot erhalten. „Auch im Schuljahr 2019/20 wird es in Hessen nur eine Handvoll echter Ganztagsschulen geben. Die Zahl der Schulen mit einem verlässlichen und konzeptionell anspruchsvollen Ganztagskonzept wird lediglich von 107 auf 109 ansteigen, wovon die meisten nach wie vor Förderschulen sind. Ein solch geringer Zuwachs in sechs Jahren Schwarz-Grün ist weder rekordverdächtig noch ein Grund, sich dafür mit einer Pressekonferenz zu feiern,“ sagt Sommer.
Ohnehin seien Kommunen, Schulträger und die Schulen selbst diejenigen, die sich ins Zeug legten, um Eltern eine verlässliche und gute Ganztagsbetreuung zu ermöglichen. Das Land hingegen streue der Öffentlichkeit weiter Sand in die Augen und zeichne sich dadurch aus, dass es zwar den Ganztagsausbau nicht mehr blockiere, aber dafür auch nichts unternehme, um die Akteure bei der Schulentwicklung zu unterstützen. „Es fehlt an einer klaren Haltung der Landesregierung, die sich nicht dazu bekennt, dass Hessen Ganztagsland werden soll. Unsere Schulen und auch die Schulträger brauchen mehr Unterstützung, sowohl beim Gebäudeausbau als auch bei der Leitung und Verwaltung von ganztägig arbeitenden Schulen“, so die heimische Abgeordnete.
„Die Tatsache, dass im gerade ausgelaufenen Schuljahr 18/19 517 der 1.800 öffentlichen Schulen noch immer in keinster Weise irgendeinem Ganztagsprogramm angehörten, zeigt den drastischen Handlungsbedarf. Auch im nächsten Schuljahr 2019/20 sieht es nicht viel besser aus. Viele der Schulen, die ganztägig arbeiten, bieten lediglich an drei Tagen freiwillige Zusatzangebote bis 14:30 Uhr an, ohne dass hierfür ausreichend Plätze für alle Schülerinnen und Schüler der Schule vorgehalten werden können. An den anderen Tagen müssen Eltern sich anderweitig nach Betreuung umsehen oder eben Teilzeit arbeiten. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf steht weiter unter keinem guten Stern.“
Die aktuelle Situation der Ganztagsbeschulung geht aus der Kleinen Anfrage der SPD (Drucksache 20/39) hervorgeht. Daran zeige sich auch, dass das Vorzeigeprojekt von CDU und Grünen, der „Pakt für den Nachmittag“, in der ganzen vergangenen Wahlperiode lediglich bewirkt habe, dass nur 69 der fast 1200 hessischen Grundschulen sich in das Ganztagsprogramm des Landes begeben hätten. Vor dem Hintergrund des von der Bundesregierung angestrebten Rechtsanspruchs auf ganztägige Bildung und Betreuung im Grundschulalter sei keine Zeit mehr beim Ausbau zu verlieren.
„Gute, ganztägige und gebührenfreie Bildung, wie sie auch unsere Verfassung vorsieht, darf nicht zu Lasten von Eltern gehen, sondern muss vom Land ausreichend finanziert werden. Hier in Hessen haben wir massiven Nachholbedarf bei echten Ganztagsschulen“, sagt Dr. Sommer und fordert, dass die Landesregierung hier nachjustieren und sich insgesamt noch kräftig ins Zeug legen muss, um den Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz bis 2025 umsetzen zu können.