Beseelt von dem Wunsch, Bedürftigen zu helfen

Pionierin für Paderborner Frauenhaus: Magdalene Arndt erhielt die Verdienstmedaille der Bundesrepublik Deutschland

Kreis Paderborn(krpb). Frauen lernen sehr früh, dunkle Ecken und Tunnel zu meiden oder spät abends möglichst nicht mehr allein auf die Straße zu gehen. Worauf sie niemand vorbereitet ist die Gefahr, die zu Hause lauern kann: der eigene Ehemann oder Lebensgefährte. Jede vierte Frau im Alter von 16 bis 85 Jahren wurde bereits einmal in ihrem Leben von ihrem Lebensgefährten oder Ex-Partner misshandelt. Das geschieht durch alle Gesellschaftsschichten hindurch. Körperliche und seelische Gewalt passiert gleich nebenan. Magdalena Arndt aus Paderborn hat hingesehen, das Schweigen durchbrochen und die verborgene Gewalt gegen Frauen hinter vermeintlich intakten Fassaden thematisiert. Bereits als 20-Jährige setzte sie sich gemeinsam mit anderen für eine Zufluchtsstätte für Frauen in Paderborn ein. Seit 1980 bietet das Frauenhaus Paderborn misshandelten und von Misshandlung bedrohten Frauen und ihren Kindern unbürokratisch Zuflucht, Beratung und Hilfe an. Arndt unterstützt zudem seit Jahren besonders auch Frauen mit einer HIV-Infektion. Sie macht das nicht nur beruflich sondern auch ehrenamtlich. Sie hilft Betroffenen, ihren oftmals verlorengegangenen Weg wiederzufinden oder neu zu suchen. Sich selbst zu helfen, Kontakte zu anderen Frauen mit HIV zu knüpfen und in Verbindung zu bleiben; anzukommen im Leben nach der Diagnose. Für dieses langjährige Engagement im sozial-karitativen Bereich hat ihr der Bundespräsident die Verdienstmedaille der Bundesrepublik Deutschland verliehen. Landrat Manfred Müller überreichte im Rahmen einer Feierstunde Magdalene Arndt die Ordensinsignien und richtete gleichzeitig die Glückwünsche des Ministerpräsidenten, des Ministers für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration sowie der Regierungspräsidentin Detmold aus.

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Der Landrat erläuterte, dass Arndts berufliche und ehrenamtliche Tätigkeiten immer eng miteinander verwoben waren, sie immer mehr machte, als sie eigentlich musste, stets beseelt von dem Wunsch, sich für die Schwachen der Gesellschaft einzusetzen. „Egal aus welchen Gründen sich Menschen mit ihren Ängsten und Nöten nicht äußern können, es sollte unter anderem die Aufgabe der Gesellschaft sein, ihnen möglichst einfach und schonend Hilfe anzubieten oder Wege aus scheinbar ausweglosen Situationen aufzuzeigen, die Menschen abholen, wie man so sagt“, betonte Müller. Ein erster Schritt sei stets, vermeintliche Tabuthemen aus dem Schattendasein zu holen, offen darüber zu sprechen, zum Nachdenken anzuregen, Schranken abzubauen. Magdalena Arndt sei diesen Weg stets in aller Konsequenz gegangen.

1979 gehörte sie einer Fraueninitiative an, die sich für die Gründung eines Frauenhauses in Paderborn einsetzte. Das Thema „Gewalt in der Ehe“ wurde öffentlich gemacht, was häufig kontrovers geführte Diskussionen zur Folge hatte. Besonders bei den Forderungen nach öffentlichen Mitteln zur Finanzierung des Frauenhauses habe sie sich durchsetzen müssen. Im Mai 1980 ging das Frauenhaus an den Start. Im gleichen Jahr wurde zuvor der Trägerverein Frauenhaus Paderborn e.V. gegründet, dem sie seit 1981 als Mitglied angehört. Nach zunächst unregelmäßiger Vorstandsarbeit ist sie seit 2000 durchgehendes Vorstandsmitglied. Zweck des Vereins ist es bis heute, den betroffenen Frauen und ihren Kindern zur Seite zu stehen und Öffentlichkeitsarbeit zu leisten. Kinder, die erleben müssen, dass ihre Mütter vom Vater oder (Ex-)Partner misshandelt, geschlagen oder bedroht werden, tragen fast immer körperliche und seelische Spuren davon. Mit weiteren Ehrenamtlichen setzte sich Arndt bei den zuständigen Stellen des Landes NRW für die Einrichtung und finanzielle Förderung einer Personalstelle für die hauptamtliche Arbeit mit Kindern aus instabilen Familien ein. „Sie leistete während dieser Zeit auf Landesebene und in vielen Gesprächen mit Politikern wichtige Pionierarbeit für die Frauenhäuser“, betonte der Landrat. Seit 2001 kümmere sie sich mit viel Herzblut auch beruflich um Kinder in Frauenhäusern. Das größte Ziel des Frauenhauses, nicht mehr gebraucht zu werden, sei jedoch längst nicht erreicht. Das zeige auch der am vergangenen Sonntag, 25. November, stattgefundene internationale Tag „Nein zu Gewalt an Frauen“. An diesem Tag wird weltweit aller Frauen und Mädchen gedacht, die Opfer von Gewalt wurden und werden. Am 25. November 2001 ließ TERRE DES FEMMES zum ersten Mal Fahnen wehen, um ein Zeichen gegen Gewalt an Frauen zu setzen. Seither wehen die Fahnen und Banner weltweit jedes Jahr an diesem Tag. „Um ein sichtbares Zeichen gegen Gewalt an Frauen zu setzen, haben wir selbstverständlich auch vor dem Kreishaus eine Fahne gehisst“, betont Müller. „Menschen wie Magdalene Arndt sorgen dafür, dass die Debatte über Gleichberechtigung nicht verstummt und der Druck wächst, solche Übergriffe zu verhindern“, bekräftigt der Landrat.

Viel Zeit, Kraft und mit Hingabe widmete sie sich auch der Aids-Hilfe Paderborn e.V.. Seit 2001 ist sie dort mit einer halben Stelle tätig. Die Aids-Hilfe in Paderborn ist ein gemeinnütziger Verein, der neue HIV-Neuinfektion verhindern möchte und HIV-positive und an Aids erkrankte Menschen begleitet und betreut. „Einfühlsam und kompetent“ unterstützt sie die Betroffen sowie deren Angehörige und Freunde. Zu dem begleitet sie Selbsthilfegruppen von HIV-positiven Menschen und sorgt gemeinsam mit anderen Kolleginnen und Kollegen für eine Vernetzung der benachbarten Aidshilfen. Von Oktober 2008 bis 2011 war sie ehrenamtlich im Vorstand der Aidshilfe NRW tätig. In dieser Funktion hat sie Kontakte zu öffentlichen Gremien gepflegt und sich für die finanzielle Absicherung der Aidshilfen in Deutschland stark gemacht. Bei ehrenamtlichen Aktionen, wie bei der Solidaritäts-Aktion „run für Life“ zum Osterlauf in Paderborn oder am Welt-Aids-Tag, sind sie und auch ihre Familienangehörigen ebenfalls bei den ehrenamtlichen Helfern zu finden. Auch dieses Jahr ist am 1. Dezember, dem Welt-Aids-Tag, wieder ein Info-Stand auf dem Weihnachtsmarkt geplant. Sie wirbt Sponsoren und Förderer für den Verein und übernimmt wie selbstverständlich hauswirtschaftliche und handwerkliche Tätigkeiten der Einrichtung, z.B. das Waschen von Kleidung für Sammelaktionen oder das Zubereiten von Speisen für Großaktionen. Ihr Ziel ist es, dass an Aids erkrankte Menschen ohne Stigmatisierung und Diskriminierung leben können. „Denn nicht mehr das Sterben an Aids ist ein Thema, sondern das Leben mit dem HIV-Virus als eine schwere chronische Krankheit“, sagt sie.

 Müller bedankte sich abschließend bei Arndt und all den vielen engagierten Helferinnen und Helfern für ihr Engagement: „Die Hoffnung, dass ganz in Ihrem aller Sinne diese Hilfe irgendwann einmal überflüssig sein wird, unterstütze ich ausdrücklich und wünsche abschließend eine ruhige und besinnliche Adventszeit: warten, hoffen, aufmachen, ankommen.“ Für die musikalische Umrahmung sorgten Marina Mickenbecker und Elisabeth Seggewies von der Kreismusikschule mit ihrem Querflötenspiel.

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