Freiräume schaffen: 6. Integrative Waldwoche im Nationalpark Kellerwald-Edersee

Bereits zum 6. Mal engagierten sich das Lebenshilfe-Werk Kreis Waldeck-Frankenberg und das Bergwaldprojekt gemeinsam in einer Integrativen Waldwoche im Nationalpark Kellerwald-Edersee. Foto: Nationalpark Kellerwald-Edersee/nh

 Bad Wildungen/Frankenau-Altenlotheim(nh). Auch dieses Jahr leisteten Freiwillige im Nationalpark Kellerwald-Edersee wieder ganze Arbeit. Unter dem Motto „Gemeinsam im Wald“ fand bereits zum sechsten Mal das gemeinsame Projekt der Integrativen Waldwoche des Lebenshilfe-Werks Kreis Waldeck-Frankenberg e.V., des Bergwaldprojekts e.V. sowie der Nationalpark-verwaltung in Kooperation mit dem Naturschutzgroßprojekt Kellerwald-Region statt. In diesem Jahr stand beim freiwilligen Arbeitseinsatz vom 26. bis zum 30. September der Fahrentriesch im Mittelpunkt des Geschehens. Als Triescher werden Flächen bezeichnet, die früher im Rahmen einer Felderwirtschaft extensiv genutzt wurden. Auf den heutigen Magerrasen wachsen seltene Kräuter wie Arnika, Katzenpfötchen, Läusekraut oder Besenheide. Im Nationalpark Kellerwald-Edersee gilt bereits auf über 90 Prozent der Fläche der Prozessschutz und das Motto „Natur Natur sein lassen“. Die Nationalparkverwaltung greift nur auf den geringen verbleibenden Prozent ein, um der Natur als Initialzündung unterstützend unter die Arme zu greifen oder die wenigen Dauerpflegeflächen aus z. B. kulturhistorischen Gründen wie am Fahrentriesch zu erhalten. „Wir versuchen hier, die Natur gezielt zu fördern und besonders gefährdeten Arten zu helfen. Auch vor unserer Haustür sind ehemals für die Region typische Arten bedroht“, erzählte Carsten Müller, Projektbetreuer des Naturschutzgroßprojektes. Die Arnika, eine Heilpflanze, ist nur noch mit wenigen Exemplaren im Kellerwald vertreten. Um die Verbreitung dieser seltenen Pflanzen zu fördern, stachen die Freiwilligen während der Integrativen Waldwoche mit Spaten und Hacken sog. Plaggsoden auf den mageren Wiesen heraus. Durch den nun freigelegten Boden können sich die Pflanzen dort einfacher ansamen und verbreiten. Um die kulturhistorische Offenlandschaft zu erhalten und Freiräume für besondere Arten zu schaffen, wurden die Baumreihen aufgelichtet. Diese Maßnahmen kommen u. a. Neuntöter und Raubwürger zu Gute. Die heimischen und seltenen Vogelarten bevorzugen zum Brüten offene Kulturlandschaften mit Sträuchern und Hecken, in der sie Insekten, Mäuse und kleine Eidechsen als Nahrung erbeuten. Außerdem bauten die tatkräftigen Helfer alte und nicht mehr benötigte Zäune ab. Angeleitet und unterstützt wurden die insgesamt 24 freiwilligen Helfer neben Carsten Müller von den Rangern Volker Nagel und Alexander Backhaus, Nationalpark-Försterin Mareike Schulze sowie der Bergwaldprojekt-Försterin Lena Strixner.

Ranger Alexander Backhaus hat zum Fahrentriesch eine besondere Verbindung. Seine Familie hatte in diesem Bereich früher Wiesen und sogar einen Kartoffelacker. „Auf dem Triesch hatten wir früher Rinder und Schafe“, berichtete Alexander Backhaus. Er ist jetzt schon zum dritten Mal bei der Integrativen Waldwoche dabei. Auch für Annette Hasenzahl, Friedhelm Huft und Mario Müller, die ehrenamtlichen Betreuer der Lebenshilfe-Teilnehmer, sind die Arbeitseinsätze im Reich der urigen Buchen nicht neu. Neben der Waldwoche engagieren sie sich zusätzlich an fünf Samstagen im Jahr mit der Lebenshilfe im Nationalpark. „Die Kooperation Bergwaldprojekt, Lebenshilfe und Nationalpark ist in Deutschland einmalig“, sagt Friedhelm Huft stolz. Die Freude, mit Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen zu arbeiten und zu sehen, was alle gemeinsam schaffen, motiviert ihn und Mario Müller seit Beginn der Kooperation, an der Waldwoche teilzunehmen. Zahlreiche Teilnehmer der Lebenshilfe haben schon während ihrer Zeit an der Kegelbergschule regelmäßig im Nationalpark geholfen, so auch Sven Speier und die Zwillinge Karsten und Sven Sommer. An einem Tag der diesjährigen Integrativen Waldwoche waren auch Schüler der Kegelbergschule zu Gast und packten ebenfalls tatkräftig mit an.

Beim Plaggen_hoch

Für die Arbeitswoche im Rahmen des Bergwaldprojekts meldeten sich u. a. drei Berliner an. Ingrid Meier und Barbara Meiling nahmen bereits das 11. Mal am Bergwaldprojekt teil, und haben auch Ronald Liese angesteckt. „Aus allen Schichten kommen hier die Leute zusammen. Wir kommen aus verschiedenen Bereichen, aber haben ein gemeinsames Ziel“, begeisterte sich Barbara Meiling. Alle drei nahmen sich für die Integrative Waldwoche extra Urlaub. „Manche können sich erst gar nicht von der Arbeit lösen, sie müssen erst lernen, das Handy einmal liegen zu lassen“, erzählte Ingrid Meier augenzwinkernd. Sie wollten der Natur, die ihnen viel gegeben hat, mit praktischer Arbeit etwas zurückgeben und zeitgleich einen freien Kopf bekommen. „Die Betreuung im Kellerwald ist etwas Besonderes, das unterscheidet diese Bergwaldwoche von den anderen. Die Ranger sind immer mit dabei“, fügte Ingrid Meier hinzu. Neben der praktischen Arbeit wurden den Teilnehmern abwechslungsreiche Exkursionen im Schutzgebiet geboten. Neben einer Brunftführung mit anschließender Nachtwanderung begab sich Nationalpark-Försterin Mareike Schulze mit den freiwilligen Helfern auf eine Entdeckungstour zur Quernst-Kapelle und zum UNESCO-Weltnaturerbe im Ruhlauber. Carsten Müller schaffte mit der Besichtigung des Arche-Schiffs und einer Wanderung auf dem nahgelegenen Erlebnispfad einen Einblick in die Arche-Region. Abgerundet wurde das Programm mit einem gemütlichen Abend beim Nationalpark-Partner Hofcafé Kellerwaldschätze in Altenlotheim. Wie auch die Jahre zuvor wohnten die Freiwilligen im ehemaligen Forsthaus in Bringhausen, das die Nationalparkverwaltung zur Unterbringung von Praktikanten, Forschern oder ehrenamtlichen Helfern nutzt. Versorgt wurden die Tatkräftigen dieses Jahr erneut von der Bergwaldprojekt-Köchin Sanni. Neben ausschließlich vegetarischen Gerichten verarbeitete sie Reste des Vortages, beispielsweise eines Linseneintopfes, zum schmackhaften Brotaufstrich für den nächsten Tag.

Zum Feierabend_hoch

Entstehung des Projektes:

In den vergangenen Jahren engagierten sich die einzelnen Kooperationspartner in insgesamt rund 300 Einsätzen mit ca. 3000 Teilnehmerstunden im Nationalpark Kellerwald-Edersee. 2010 entstand die Idee, sich untereinander zu vernetzen und zusätzlich einen großen gemeinsamen Arbeitseinsatz durchzuführen. Dieser wurde erstmalig 2011 realisiert. Alle Beteiligten waren auf die Ergebnisse, die gute Zusammenarbeit und vor allem auf das große Engagement sehr stolz.

Kooperationspartnern:

Das Bergwaldprojekt e. V. bietet Menschen zwischen 18 und 88 die Möglichkeit, als Freiwillige für eine Woche in unterschiedlichen Biotopen, Wald, Moor und Offenland, zu arbeiten und sich u. a. für künftige Baumriesen zu engagieren. Seit 2006 werden auch Projekte im Nationalpark Kellerwald-Edersee betreut. Das Bergwaldprojekt e.V. bringt mit seinen Einsatzwochen allein in Deutschland jedes Jahr über 2000 Menschen in den Wald. In 2016 finden 90 Projektwochen an 47 verschiedenen Standorten in Deutschland statt. Das Bergwaldprojekt gibt es auch in Österreich, der Schweiz und Katalonien. Seit 2009 engagieren sich auch Betreute der Lebenshilfe in Waldeck-Frankenberg e.V. tatkräftig an vier bis fünf Einsätzen pro Jahr im Nationalpark. Außerhalb der Waldwoche finden die ehrenamtlichen Einsätze von Menschen mit Behinderung und ihren freiwilligen Begleitern seit 2009 immer samstags von 10:00 bis 14:00 Uhr statt. Insgesamt gibt es aktuell über 20 betreute Freiwillige und 5 ehrenamtliche Betreuer. Das Interesse bei den Menschen mit Behinderung ist ungebrochen groß, sodass zurzeit sogar Interessierte auf der Warteliste stehen. Initiiert wurde die erste Veranstaltung im Rahmen einer Kooperation von EUROPARC Deutschland e.V. und der Bundesvereinigung Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung e.V.. Gemeinsam bieten sie interessierten Menschen mit geistiger Behinderung die Möglichkeit, die Arbeit in Nationalen Naturlandschaften ehrenamtlich zu unterstützen. Das Naturschutzgroßprojekt Kellerwald dient zum Erhalt und zur Entwicklung der ausgedehnten Buchenwälder und der vielgestaltigen Kulturlandschaft der Region. Die Naturschutzmaßnahmen sollen zur nachhaltigen Sicherung in einen Kontext zur umweltverträglichen, integrierten Regionalentwicklung und sanften, touristischen Erschließung gestellt werden. Für das Gesamtprojekt stehen rund 6,5 Millionen Euro Fördermittel zur Verfügung. Es wurden in den Kerngebieten vorrangige Maßnahmenräume ausgewählt. Sie alle sind zentrale Aufhänger bzw. Kernprojekte des Naturschutzgroßprojektes und ihre Umsetzung wird beispielhaft verfolgt. Die ausgewählten Maßnahmenräume, für die die Finanzierung der Umsetzung gesichert ist, sind die Edersee Steilhänge, der Nationalpark Kellerwald-Edersee, Frankenau und das Wesetal sowie der Hohe Keller.

„Ehrensache Natur“ , Freiwilligenprogramm von EUROPARC Deutschland:

Die Ehrenamt-Initiative von EUROPARC Deutschland, dem Dachverband der Nationalen Naturlandschaften, zu denen auch der Nationalpark Kellerwald-Edersee gehört, startete zunächst unter dem Namen „Freiwillige in Parks“ und wird seit 2010 unter dem neuen Namen „Ehrensache Natur“ fortgesetzt und ausgebaut. Vorbild für die Initiative ist das Programm „Volunteers in Parks“, das seit 1970 die Freiwilligenarbeit in US-amerikanischen Nationalparks organisiert. Träger und Koordinator ist EUROPARC Deutschland. Bei der Finanzierung werden die Parks seit 2003 von Stiftungen, der Europäischen Kommission sowie dem Bund unterstützt. Die Freiwilligen helfen den hauptamtlichen Mitarbeitern der Schutzgebiete bei ihren zahlreichen Aufgaben. „Ehrensache Natur“ richtet sich an Einzelpersonen oder Gruppen aus allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens.

Weitere Freiwilligen-Arbeitseinsätze:

Seit 2004 besuchen Schülerinnen und Schüler der Kegelbergschule Frankenberg, eine Einrichtung für Menschen mit verschiedensten Behinderungen, regelmäßig den Nationalpark und beteiligen sich an von Rangern betreuten Projekten. Jeden Mittwoch arbeitet eine Werkstufengruppe im Reich der urigen Buchen.

Kontaktdaten:

Lebenshilfe-Werk Kreis Waldeck-Frankenberg e.V.

Martina Fackiner, Freiwilligenkoordinatorin

Handy : 0173-3592160

E-Mail: m.fackiner@lebenshilfe-wa-fkb.de

www.lebenshilfe-wa-fkb.de 

Bergwaldprojekt e.V.

Peter Naumann, Projektförster, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Handy: 0171 – 207 22 65

E-Mail: presse@bergwaldprojekt.de

www.bergwaldprojekt.de 

Nationalparkamt Kellerwald-Edersee

Mareike Schulze, Nationalpark-Försterin, Freiwilligenkoordinatorin

Tel.Nr.: 05621-75249-42

E-Mail: Mareike.Schulze@nationalpark.hessen.de

www.nationalpark-kellerwald-edersee.de 

Kegelbergschule

Schule für Praktisch Bildbare und praktisch bildbare Körperbehinderte

Gerald Tausch

Friedrich-Trost-Str. 1
Tel.: 06451-21774
E-Mail: kegelbergschule@t-online.de

www.kegelberg.frankenberg.schule.hessen.de 

Zweckverband Naturpark Kellerwald-Edersee
Naturschutzgroßprojekt Projektbüro

Carsten Müller, Projektbetreuer
Telefon: 05621 96946-22
info@naturschutzgrossprojekt-kellerwald.de 
www.naturschutzgrossprojekt-kellerwald.de 

 

Leave a Comment

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.