Holzeinschlag im Laubacher Wald zerstört geschützte Lebensräume
Wetzlar(nh). Der NABU Hessen hat beim Regierungspräsidium Gießen eine Umweltschadens-Anzeige wegen einer erheblichen Beeinträchtigung des Europäischen Schutzgebiets „Laubacher Wald“ durch Forstarbeiten gestellt. „Durch die kürzlich erfolgten Einschläge wurden ehemals sehr naturnahe, alte, geschlossene, moosreiche Hallen-Buchenwälder so stark aufgelichtet, dass die Lebensbedingungen von geschützten Arten zerstört wurden“, erklärt Mark Harthun, Naturschutzreferent des NABU Hessen. Für die Holzeinschläge im Wald am Diethersberg etwa zwei Kilometer östlich des Hungener Ortsteils Villingen sei es nun nötig, den Schaden wiedergutzumachen und Waldgebiete an anderer Stelle aus der Nutzung zu nehmen, so Harthun. Nur so ließen sich die geschützten Arten dauerhaft sichern.
„Eigentlich müsste es längst einen behördenverbindlichen Maßnahmenplan für den Laubacher Wald geben, der den Holzeinschlag am Diethersberg unterbindet“, so Harthun. Für das europäische Fauna-Flora-Habitat-Gebiet (FFH) „Laubacher Wald“ wurden in 2011 alle seltenen Tiere und Pflanzen in einer Grunddatenerhebung erfasst. Zusätzlich erarbeiteten die Gutachter Vorschläge, mit welchen Maßnahmen der wertvolle Wald erhalten werden kann. Demnach sollte die forstliche Nutzung im Altbuchenwald am Nordhang des Diethersberges aufgrund eines großen Vorkommens des gesetzlich geschützten Grünen Besenmooses gänzlich unterbleiben. Das Laubmoos wächst bevorzugt in alten naturnahen Wäldern und gilt als Zeiger für viele andere selten gewordenen Arten. Ein Erhaltungsziel des Schutzgebietes ist daher gemäß der europäischen Natura 2000-Verordnung die „Erhaltung von Laubbaumbeständen mit luftfeuchtem Innenklima und alten, auch krummschäftigen oder schräg stehenden Trägerbäumen (vor allem Buche, Eiche, Linde)“. Ein Auflichten der Bestände oder ein Abholzen benachbarter Bestände führt nach Aussage der Gutachter durch direkte Sonneneinstrahlung und eine starke Beschattung der Stammbasen durch aufkommende Kräuter und Sträucher zum Absterben des gefährdeten Mooses.
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Bewirtschaftet wird die Staatswaldfläche durch den Landesbetrieb Hessen-Forst. Da das Land Hessen die Fertigstellung des Maßnahmenplans seit zehn Jahre verschleppt, besteht erhebliche Unsicherheit über den Umgang mit den europäischen Schutzgebieten. Aus diesem Grund führt die EU-Kommission auch derzeit ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland. „Solange es keinen fertigen Maßnahmenplan gibt, muss die fachliche Expertise der Gutachter bei der Grunddatenerhebung gelten“, fordert Harthun. Da davon auszugehen sei, dass die Waldflächen am Diethersberg naturschutzfachlich entwertet sind, müssten als Sanierungsmaßnahme nun andere alte Waldbereiche aus der forstlichen Nutzung genommen werden. Der NABU Hessen hatte bereits im Dezember Vorschläge für nutzungsfreie Waldschutzgebiete im Langder Wald und südwestlich von Schotten eingebracht. Nur solche großen, weitgehend ungestörten Naturwälder bieten eine Garantie für das Überleben vieler gefährdeter Waldarten. Das aktuelle Beispiel zeige, so Harthun, das die besten Gutachten und Pläne nichts helfen, wenn vom Forst einfach weitergewirtschaftet werde wie bisher. Deshalb seien klare, eindeutige Regelungen nötig, so der NABU Hessen. Das wirksamste Mittel sei eine Ausweisung von Naturschutzgebieten mit einem generellen Verbot zum Fällen der zumeist alten Bäume. Hier sei auch das Hessische Umweltministerium gefragt.