Wetzlar(nh). Der NABU präsentierte am Mittwoch eine neue Studie zur Rückkehr des Wolfes nach Hessen. Die Kasseler Biologin Franziska Paul analysierte Wolf-Aktionspläne in anderen Bundesländern und entwickelte Empfehlungen für ein Wolfsmanagement in Hessen. Aktuell haben bereits sechs deutsche Bundesländer einen Wolfsmanagementplan, Hessen jedoch nicht. „Nicht der Wolf muss gemanaged werden, sondern der konfliktfreie Umgang des Menschen mit dem Wildtier und entsprechend neuen Situationen“, so der Biologe Mark Harthun vom NABU Hessen. Als Langstreckenläufer könnten Wölfe innerhalb weniger Tage Hessen erreichen. Deshalb sei es wichtig, sich auf ihre Rückkehr einzustellen.
Beim Auftauchen des „Gießener Wolfs“ im Jahr 2011 habe sich gezeigt, dass völlig unklar war, welche Ämter oder Verwaltungen nun zuständig seien. Reflexartig wurde damals die Forderung nach einem Abschuss formuliert. Da niemand voraussagen könne, wo der nächste Wolf in Hessen auftauchen wird, sei auch von keiner hessischen Kreisverwaltung zu erwarten, dass sie sich schon intensiv mit dem Wolf auseinandergesetzt habe, so der NABU. „Hier ist ein Masterplan vom Land notwendig, der angewendet wird, sobald der nächste Wolf kommt“, erklärte Harthun.
In den Jahren von 2006 bis 2011 hatte sich auch im hessischen Reinhardswald ein Wolf angesiedelt, der dann tot aufgefunden wurde. Hier hatten sich das Forstamt Reinhardshagen und der Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) um das Management gekümmert. Schäfer bekamen finanzielle Hilfen für gerissene Schafe. Für etwa 7.500 € wurden Präventionsmaßnahmen ergriffen. „Prävention macht dann Sinn, wenn ein Gebiet als ‚Wolfsgebiet‘ eingestuft wurde“, führt die Biologin Franziska Paul aus. Dies gelte für ein festes Wolfsterritorium mit einem Umkreis von 30 Kilometern. Daher sei es wichtig, Wolfsbeobachtungen zusammenzuführen, um abschätzen zu können, ab wann es eine dauerhafte Ansiedlung gibt. Für solche Sichtungen gibt es bereits eine zentrale Koordinationsstelle des Landes bei der der Naturschutzabteilung ‚FENA‘ von Hessen-Forst in Gießen. In den letzten zwei Jahren gingen dort allerdings nur jährlich vier bis sechs Hinweise ein. Die Senckenberg-Forschungsstelle in Gelnhausen fungiert zudem seit 2009 als bundesweites Referenzzentrum für Wolfsgenetik. Im Rahmen eines Pilotprojekts haben die Wissenschaftler bereits 158 Wolfsproben, wie Haare, Blut, Kot und Speichel untersucht und daraus DNS extrahiert. Mit den Beprobungen lässt sich unter anderem herausfinden, woher aufgefundene Wölfe stammen.
NABU fordert Managementplan
Der NABU fordert neben einem Managementplan ein Abschussverbot für Hunde im hessischen Jagdgesetz. Im letzten Jagdjahr wurden fünf wildernde Hunde von Jägern geschossen. Gleichzeit gilt die Verwechslung mit einem „wildernden Hund“ immer wieder als Rechtfertigung für den illegalen Abschuss von Wölfen. So war auch der 2011 in Gießen beobachtete Wolf ein Jahr später von einem Jäger im Westerwald abgeschossen worden. Der Schütze begründete dies mit der Verwechselung mit einem Hund. Das Amtsgericht Montabaur verurteilte den Jäger zu einer Geldstrafe, die Höhe der Strafe bedeutete auch den Verlust des Jagdscheins. Der Abschuss von Wölfen ist neben dem Straßenverkehr eine große Gefahr für sein Überleben und war auch bereits die Ursache seines Verschwindens in Hessen im vorletzten Jahrhundert: 1841 wurde der letzte Wolf in Hessen geschossen. Er hängt heute hinter Glas im Landesmuseum Darmstadt. „Es steht in keinem Verhältnis, wegen fünf wildernden Hunden den Abschuss des geschützten Wolfes zu riskieren“, so Harthun.
NABU-Wolfsbotschafter werben für den Wolf
In Hessen sind mittlerweile 36 NABU-Wolfsbotschafter unterwegs und werben für den Wolf. So etwa Andreas Lenhart aus Bad Camberg. In ihrer Studie räumt Franziska Paul der Öffentlichkeitsarbeit für das konfliktträchtige Tier einen großen Stellenwert ein: „Eine erfolgreiche Öffentlichkeitsarbeit beginnt bereits vor der Ankunft von Wölfen“, betonte Paul. Der NABU Hessen fordert das Umweltministerium auf, sich zusammen mit den Naturschutz- und Jagdverbänden sowie Schafzüchtern systematisch auf zuwandernde Wölfe vorzubereiten. Aktuell sind in Deutschland insgesamt 35 Wolfsrudel oder Paare und vier sesshafte Einzelwölfe bestätigt, vor allem in Sachsen, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt. In unserem Nachbarland Niedersachsen haben sich bereits fünf Wolfsrudel oder Paare dauerhaft angesiedelt.
„Wolfsmanagement in Hessen“: Vier NABU-Forderungen für ein Wolfs-Management in Hessen
1. Erstellung eines Wolfs-Managementplans, gemeinsam mit Jagdverband, Schafzüchtern, Behörden, Naturschutzverbänden
2. Fortbildung von amtlichen und ehrenamtlichen Wolfsbeauftragten für die Begutachtung von Rissen
3. Änderung Jagdgesetz: Verzicht auf Abschuss von wildernden Hunden
4. Erstellung von attraktivem Material für die Öffentlichkeitsarbeit zum Wolf (Poster, Faltblatt, u.a.) und Aufklärung von Tierhaltern über Schutzmaßnahmen