In Willingen familiär aufgenommen – Vorfreude auf den großen Sprung
Willingen(ds/nh). Sie heißt Nina Peräniemei, kommt aus Kuopio in Finnland und absolviert gerade ein vierwöchiges Praktikum auf der Geschäftsstelle des Ski-Clubs Willingen. Die Idee war beim Skisprung-Weltcup des Phijo Ski-Club in Kuopio (450 Kilometer nördlich der Hauptstadt Helsinki) im März dieses Jahres entstanden. Bei dem Verein verdient sie als Assistentin seit vier Jahren ihre Brötchen und hat auch bereits ein Sportmanagement- und Touristikstudium absolviert. Die junge Frau kam mit Dr. Walter Hofer, dem langjährigen Renndirektor Skispringen des Internationalen Skiverbandes (FIS) ins Gespräch, und äußerte den Wunsch für ein Auslandspraktikum in Sachen Skispringen. Hofer sprach mit Jarkko Ruhanen vom Weltcup-Organisationskomitee in Kuopio, rief spontan bei Ski-Club-Präsident und OK-Chef Jürgen Hensel in Willingen an, und dann war die Sache schnell geritzt. Nun ist Nina als erste Praktikantin aus dem Ausland da und genießt die Zeit in Willingen „erstaunlicherweise ohne jedes Heimweh.“
„Das ist Nina, unsere neue Praktikantin, sie kommt aus Finnland, also bitte heute alles auf finnisch“, schockte Jürgen Hensel seine Vorstandskollegen bei der wöchentlichen Sitzung im Cafe-Müller. Er und seine Frau Christine, die die Geschäftsstelle des Traditionsvereins an der Mühlenkopfschanze leitet, sprechen mit der 23-Jährigen ausschließlich englisch. Nina wohnt während ihres Praktikums bei den Hensels in einer „Ferienwohnung mit Familienanschluss“, isst mit der Familie und bestätigt, dass nicht nur ihr deutsch Tag für Tag besser wird, sondern auch das Englisch der Hensels. „Anfangs hat sich die deutsche Sprache für mich wie chinesisch angehört, aber mittlerweile verstehe ich vieles ganz gut, vor allem die Witze.“ Das geht so schnell, weil Nina ein Sprachtalent ist. Sie spricht fließend englisch, schwedisch, spanisch, natürlich finnisch und etwas französisch.
Janne Ahonen und Janne Happonen persönlich kennen gelernt
Logischerweise schlägt das Herz der Skandinavierin für die finnischen Skispringer. Was denn sonst. Einen Favoriten hat sie aber nicht. „Unsere Skispringer sind alle sehr nett, ich hoffe nur, dass sie zur neuen Saison auch wieder sportliche Erfolge haben werden“, sagt sie. Zuletzt lief es bei den finnischen Weitenjägern trotz des abermaligen Comebacks von Idol Janne Ahonen und Janne Happonen nicht wirklich gut. Beide hat Nina Peräniemi persönlich kennengelernt und sich gut unterhalten. Gern möchte sie in Zukunft dem (Skisprung-)Sport beruflich erhalten bleiben und kann sich auch eine Anstellung bei der FIS in Zürich in der Schweiz gut vorstellen. „Die Organisation von großen Sportveranstaltungen, da ist mein Traumjob“, ist sie sich nicht erst seit den Tagen in Willingen sicher.
Von Kindesbeinen an hat Nina mit ihrem Vater Kari Skispringen im Fernsehen geschaut und ist bis heute von dem Virus erfasst. Mehrere große Weltcups hat sie mittlerweile auch live in ihrer Heimat verfolgt.
Auch Finnen haben ein großes Herz, wenn das Eis gebrochen ist
Was sind die größten Unterschiede zwischen Willingen und Kuopio? „Mir ist sofort aufgefallen, dass die Menschen hier viel freundlicher und offener sind“, beschreibt Praktikantin Nina ihre Eindrücke, „Bei uns sind die Leute viel zurückhaltender, aber wenn das Eis einmal gebrochen ist, haben auch wir Finnen einen großes Herz. Welche Willingen-Erfahrungen sind für zuhause zu gebrauchen? Was war beeindruckend in Deutschland? „Ich habe beim Ski-Club Willingen sehr viel gelernt“, sagt die Nordländerin. „Bei uns gehen die Fans eher spontan zu den großen Sportveranstaltungen und kaufen keine Tickets vorher. Für den Veranstalter bringen im Vorverkauf abgesetzte Karten natürlich eine gewisse finanzielle Sicherheit. Ich hoffe, dass ich von meinen Erfahrungen beim professionellen Weltcup-Ticketing des SC Willingen mit seiner guten Werbung und Medienarbeit in Zukunft einiges in der Heimat umsetzen kann“, sagt Nina. „Super klasse war das Sommer-Grand-Prix-Finale in Klingenthal, das ich mit Sportwart Volkmar Hirsch erleben durfte. Es geht nichts darüber, Skispringen an der Schanze zu sehen“, spricht der begeisterte Fan aus ihr. Selbstverständlich hat sie auch jeden Winkel der Mühlenkopfschanze gesehen und ist von der größten Großschanze der Welt angetan.
Aufgabe als Übersetzerin beim Forum Nordicum
Nun freut sie sich auf das 35. Forum Nordicum in Willingen, das von Montag bis Donnerstag kommender Woche vom Ski-Club bereits zum dritten Mal für die nordischen Skisportjournalisten aus aller Welt ausgerichtet wird. „Es gibt ein interessantes Programm, und ich werde zwei finnische Landsleute aus Kontiolahti vom dortigen Biathlon-Orga-Team treffen“, freut sich die begeisterte Touristin und Hobby-Sportlerin („Ich mache alpin and nordic Skiing, Skating, Running, Nordic Walking, Dancing und ich liebe traveling“) mal wieder ihre Muttersprache sprechen zu können. Bei ihrer Forum-Premiere wird sie vor allem als Dolmetscherin gebraucht. Und welche drei Worte kann Nina mittlerweile in deutscher Sprache perfekt aussprechen? „Die Natur“ kommt es wie aus der Pistole geschossen. Es gefällt ihr gut im waldeckischen Upland, wo sie mit den Hensels an einem Sonntag beim gemeinsamen Spaziergang mit „Schanzenhund Falco“ unter anderem Siggis Ettelsberghütte auf dem Willinger Hausberg besucht hat. „Viele Berge, bei uns gibt es nur einen, auf dem die Schanze steht.“ „Und Bier“, sagt Nina strahlend. Zuhause trinkt sie kein Bier, weil es ihr nicht schmeckt. „Das Bier in Willingen ist aber richtig gut.“ Und: „Danke“. „Alle sind so freundlich zu mir, da kann ich nur herzlich danke sagen.“ Zum Weltcup-Skispringen vom 30. Januar bis 1. Februar 2015 möchte sie mit einer kleinen Fan-Gruppe aus Kuopio zum Mühlenkopf und zu den Willinger Freunden zurückkehren. „Bis dahin übe ich weiter fleißig deutsch, damit ich dann für meine finnischen Freunde fehlerfrei eine Runde Bier bestellen kann“, sagt sie mit einem Augenzwinkern.
Auf der Orenbergschanze den ersten Skisprung wagen
Bis zum Abschied sind es noch ein paar Tage. Am 25. März geht es mit dem Flieger in die Heimat zurück. Tags davor wird es für die sportliche Abenteuerin, die schon den Kick beim Fallschirmspringen erlebt hat und in der Zuikunft auch Bungee-Jumping machen möchte, aber noch einmal richtig spannend. „Ich wollte schon immer mal selbst mit den Skiern über die Schanze“, sagt Nina, die in Willingen viele Sympathien gewonnen hat. Also hat der Ski-Club kurzerhand eine Übungseinheit mit Vereinstrainer Jörg Pietschmann auf den Mattenschanzen am Orenberg organisiert. Dann geht für die gute Skifahrerin ein Wunsch in Erfüllung. Da kann man dem weiblichen Tausendsassa nur im doppelten Sinne eine sichere Landung sowie „Hals- und Beinbruch“ und ein gesundes Widersehen beim Dreifach-Weltcup in Willingen im nächsten Jahr wünschen.