Auf den Spuren der Schöpfung – über Stock und Wurzel in die werdende Wildnis

Die Quernst-Kapelle bietet Wanderern im Nationalpark Kellerwald-Edersee einen besonderen Ort der Ruhe.Foto: Nationalparkamt Kellerwald-Edersee/nh

Frankenau(nh/od). Am Samstag, 28. Juni, lädt Nationalpark-Führerin Angelika Tonner zu einer Wanderung über Stock und Wurzel in die werdende Wildnis des Nationalparks ein. Während der dreieinhalbstündigen Tour erfahren die Wanderer von der zertifizierten Natur- und Landschaftsführerin spannende Geschich-ten über die Quernst. Startpunkt der kostenfreien Führung ist um 13 Uhr 30  der Parkplatz Euler bei Frankenau. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Teilnehmer denken bitte an festes Schuhwerk.

 

Schon lange war die Quernst für die Menschen im Hochgewälde, dem Gebiet des heutigen Nationalparks, von Bedeutung. War das Plateau, bevor die Hö-henkirche und die Begräbnisstätte entstanden, früher ein heidnischer Kult-platz? Wie kam es zum Verfall der großen, seinerzeit sogar zweitürmigen Quernstkirche? Angelika Tonner lässt die Beziehung der Menschen zur Quernst im Laufe der Jahrhunderte lebendig werden – eine Beziehung, die auch heutzutage fortbesteht. Am Dreiherrenstein vorbei und über den Talgang gelangen die Wanderer zur Quernst. Sie begeben sich im Sommerwald auf den Spuren der Schöpfung und erleben die werdende Wildnis hautnah. Die im Jahr 2006 auf historischem Platz neu erbaute Quernst-Kapelle lädt ein zur Rast, bietet Gelegenheit zur Besinnung und zum Kraftschöpfen.
Bei gutem Wetter werden die Teilnehmer mit einer herrlichen Aussicht von der Hochebene belohnt. Im Norden lässt sich die Waldecker Tafel, auf der die Stadt Korbach erbaut wurde, entdecken. Die Berge des Kellerwaldes erstrecken sich im Osten, im Westen schauen die Teilnehmer bis zu den Höhenzügen des Rothaargebirges. Über den Quernstpfad begleitet Angelika Tonner die Wildnisliebhaber durch den im Wandel begriffenen Wald zurück zum Ausgangspunkt. Voraussichtli-ches Ende ist gegen 17 Uhr

An der Quernst-Kapelle: Ein spiritueller Ort mit weitem Blick ins Land lädt zum Verweilen ein.Foto: Nationalparkamt Kellerwald-Edersee/nh

Hintergrund:

„Buchenurwälder der Karpaten und Alte Buchenwälder Deutschlands“

Das Welterbekomitee der UNESCO hat am 25. Juni 2011 auf seiner 35. Sitzung in Paris entschieden, die „Alten Buchenwälder Deutschlands“ in die Liste des Welterbes einzuschreiben. Sie ergänzen hervorragend das seit 2007 bestehende UNESCO-Weltnaturerbe „Buchenurwälder der Karpaten“, mit denen die deutschen Gebiete nun eine gemeinsame Stätte bilden.

Sommergrüne Laubwälder erstrecken sich fast ausschließlich auf die nördliche Halbkugel. Die Rotbuche, Fagus sylvatica, kommt jedoch ausschließlich in Europa vor. Es ist weltweit ein einzigartiger Vorgang, dass die Rotbuche als einzelne Baumart im Zuge eines sogar noch andauernden (!) ökologischen Prozesses die Wald- und Ökosystembildung weiter Teile eines ganzen Kontinents bestimmt. Diese Dominanz hat sich seit der letzten Eiszeit innerhalb von wenigen Jahrtausenden entwickelt – einer geologisch wie evolutionär gesehen extrem kurzen Zeitspanne. Gegenwärtig zeigt insbesondere Deutschland innerhalb Europas markant den ungebrochenen Prozess, der einen Kontinent prägt.
Weitere hervorragende europäische Buchenwaldgebiete sollen im Rahmen einer seriellen Erweiterung folgen. Damit soll das Abbild des andauernden ökologischen Prozesses und der außergewöhnlichen biologischen Vielfalt der europäischen Buchenwälder in den unterschiedlichen biogeografischen Regionen vervollständigt werden.
Zu den „Alten Buchenwälder Deutschlands“ zählen ausgewählte Bereiche der Nationalparks Jasmund und Müritz in Mecklenburg-Vorpommern, des Nationalparks Hainich in Thüringen, des Nationalparks Kellerwald-Edersee in Hessen und der Grumsin im brandenburgischen UNESCO-Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin. Sie bilden die unterschiedlichen Buchenwaldtypen Deutschlands ab – von den Mittelgebirgen bis zur Küste. Außerdem beherbergen sie zusammen mehr als zwei Drittel derjenigen Waldpflanzenarten, deren Weltverbreitung auf Europa konzentriert ist.
Der Kellerwald weist die besten und ausgedehntesten bodensaurern Buchenwälder des Mittelgebirges über Schiefer und Grauwacke auf. Seine Wälder zeichnen sich durch ihre Naturnähe und einen überdurchschnittlich hohen Altholzanteil mit Urwaldrelikten aus. 18 von 22 in Hessen vorkommenden Fledermausarten, sieben von zehn mitteleuropäischen Spechtarten, Urwaldzeiger wie der Pilz Ästiger Stachelbart sowie der Veilchen blaue Wurzelhalsschnellkäfer und die Pfingstnelke als Eiszeitrelikt belegen den Strukturreichtum dieser alten Wälder. Die Weltnaturerbefläche im Nationalpark Kellerwald-Edersee ist 1467 Hektar groß.
Weitere Informationen zum Weltnaturerbe „Alte Buchenwälder Deutschlands“ unter www.nationalpark-kellerwald-edersee.de  und www.weltnaturerbe-buchenwaelder.de 

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