Berlin(nh/od). Zum Start der Olympischen Winterspiele in Sotschi am kommenden Freitag kritisiert der NABU die mangelhafte Überwachung der Umweltstandards durch das Internationale Olympische Komitee (IOC). Bereits im Jahr 2006 hatte sich das IOC selbst verpflichtet, bei der Auswahl der Olympia-Orte auch Natur- und Umweltschutzaspekte zu berücksichtigen. „Die russische Regierung und das IOC hatten versprochen, Sotschi als ,grüne Olympiade‘ zu planen. Doch die olympische Infrastruktur richtete viel Schaden in der umliegenden Natur an“, sagte NABU-Vizepräsident Thomas Tennhardt. Der IOC hatte die Mängel des Olympiaaustragungsortes zwar erkannt und Umweltstandards festgelegt, aber kaum überprüft, inwieweit sie in Russland umgesetzt wurden. „Die russische Regierung muss nun unbedingt Maßnahmen zur Kompensation der Umweltzerstörung ergreifen und beispielsweise Wälder wieder aufforsten“, forderte Tennhardt.
Der NABU hatte bereits im Jahr 2007 davor gewarnt, dass eine Veranstaltung dieser Größe im Großraum Sotschi ökologische Probleme nach sich ziehen würde und an das IOC appelliert, die Winterspiele nicht dort auszutragen. „Der Westkaukasus ist eines der bedeutendsten Biodiversitätszentren der Erde und Lebensraum der letzten Bergwisente Europas“, sagte Vitalij Kovalev, Leiter des NABU Kaukasusprogramms, der selbst aus dem Gebiet Krasnodar stammt. „Die Olympiade richtete zwar bislang nicht wie befürchtet Schäden im benachbarten UNESCO-Weltnaturerbegebiet Westkaukasus an, aber der Sotschier Nationalpark und die Imeretinskaya-Tiefebene sind von den Vorbereitungen stark gezeichnet“, so Kovalev weiter.
Die mangelhafte Überwachung durch das IOC zeigt sich beispielhaft anhand der Mülldeponien, die zum Teil in Nationalparknähe errichtet wurden. „Zwar existiert ein aufwendig ausgearbeitetes Abfallvermeidungs- und Entsorgungskonzept, doch wurde bisher kaum etwas davon umgesetzt“, bemängelte Kovalev. Ein weiterer Kritikpunkt sind die Baumaßnahmen: Seit 2008 entstanden Sportkomplexe in Adler an der Küste und im 40 Kilometer entfernten Krasnaja Poljana/Esto Sadok im Landesinneren an der Grenze zum Weltnaturerbegebiet Westkaukasus und seinen Gebirgsmassiven. Die neu errichtete Straße und parallel verlaufende Eisenbahn, die beide Wettbewerbsorte verbindet, verläuft durch das Tal entlang des Flusses Mzymta, der Trinkwasserlieferant für die Bevölkerung Sotschis ist und direkt ins Schwarze Meer mündet. Die Errichtung der Verkehrswege ging zu Lasten des Mzymta und der umliegenden Wälder. Die Begradigung und Verschmutzung des Flusses sowie die Abholzung von Laubwäldern zwischen Adler und Krasnaja Poljana hinterlassen eine sichtbare Spur in der Landschaft des Großraumes Sotschi.
Auch wenn das gesamte Ausmaß ökologischer Schäden bislang nicht bekannt ist: „Sicher ist, dass Sotschi keine grüne Olympiade erleben wird. Sotschi ist ein Beispiel der Superlative und der Beweis, dass die derzeitigen Umweltstandards und die Vorgehensweise des IOC bislang unzureichend sind“, so Kovalev weiter.