NABU Hessen lehnt den Abschuss von Kormoranen ab
Wetzlar(pm). Als Antwort auf die aktuellen Pläne des Landes, den Abschuss von Kormoranen mit einer neuen Verordnung zu erleichtern, fordert der NABU Hessen eine konsequente Renaturierung der Gewässer. „Die Begründung der Landesregierung, mit dem Töten von Kormoranen die gefährdete Äsche zu schützen, ist nicht stichhaltig. Wer Äschen schützen möchte, sollte sich zunächst einmal darauf konzentrieren, den Lebensraum der Äsche zu verbessern und zu entwickeln“, so Maik Sommerhage, Landesvorsitzender des NABU. Das Land müsse für die Fische die Wasserqualität und die Gewässerstruktur verbessern, die Entstehung von Kies- und Schotterbänken als Laichhabitate fördern und Querbauwerke beseitigen. Daher sei es sinnvoller, Gewässerentwicklungsstreifen anzulegen, um mehr Dynamik zuzulassen, statt den Kormoran zum Feindbild zu erklären, so der NABU. Dessen Tötung sei mit europäischem Naturschutzrecht nicht vereinbar, weil der Kormoran vom Land Hessen als „im ungünstigen Erhaltungszustand“ eingestuft sei. „Sollte es zu Abschüssen kommen, sind Ausgleichsmaßnahmen vorzunehmen, so wie es das EU-Recht vorgibt“ erläutert Sommerhage.
Schlechter Zustand der Gewässer
Das Land rechtfertigt die neue „Artenschutzrechtliche Ausnahmeverordnung Kormoran“ damit, „ernste fischereiwirtschaftliche Schäden“ reduzieren zu wollen und die „Fischfauna zu schützen“. Insbesondere die Fischart Äsche sei in einem schlechten Erhaltungszustand. Der NABU Hessen hält dem entgegen, dass es schon immer Vögel gegeben habe, die Fische fressen. Dies sei kein Grund, sie zu töten. „Die Bedrohung der Äsche hat viele andere Ursachen, für die es Lösungen gibt“, so Dr. Sybille Winkelhaus, Expertin für Gewässerschutz beim NABU. So gefährden ansteigende Wassertemperaturen im Zuge der Klimaerwärmung aufgrund der häufig fehlenden Beschattung die Vermehrung der Fische. Ein großes Problem sind auch Wanderhindernisse, die während Hitzeperioden das Ausweichen in die kühleren Oberläufe des Gewässersystems und das Einwandern von Äschen aus dem Unterlauf behindern. Immer noch weisen 80 Prozent der hessischen Bäche einen schlechten Zustand der Gewässerstruktur auf. Wissenschaftliche Untersuchungen aus Bayern, Schleswig-Holstein, Brandenburg und der Schweiz konnten nachweisen, dass in naturnahen Gewässern keine erheblichen Schäden bei Fischen durch Kormorane auftreten. Auch die Einführung einer ganzjährigen Schonzeit für die Fischarten Äsche, Barbe und Nase könne den Arten helfen. „Wer Äschen schützen möchte, sollte zuerst mal darauf verzichten, sie zu angeln“, so Winkelhaus.
Keine Zunahme beim Kormoran
Kormorane sind nach dem Bundesnaturschutzgesetz „besonders geschützt“. Ihr Bestand nimmt in Hessen nicht zu: Ausgehend von nahezu 600 Brutpaaren im Jahr 2004 nahmen die Bestände erst bis 2009 auf 300 Brutpaare ab und stiegen dann wieder etwas an. In den letzten 15 Jahren lagen die Brutpaarbestände in Hessen stabil bei rund 450 Brutpaaren. In diesem Sommer waren im Jahr 2025 insgesamt 18 Brutkolonien besetzt, in denen zusammen 464 Paare brüteten. Die Landesregierung erklärte selbst im August 2024 in einer Antwort auf eine Landtagsanfrage, es sei „derzeit von einem die Gesamtkapazität des Lebensraums ausschöpfenden Bestand auszugehen.“
Sinnloses Töten von Vögeln
In den letzten Jahren gab es bereits Kormoran-Abschüsse. Dafür waren aber Einzelfallgenehmigungen mit Begründungen notwendig. Pro Jahr wurden im Winter etwa 500 Tiere getötet. „Mit der neuen Verordnung wird die rechtliche Ausnahme zur Regel, es erfolgt ein Abschuss ohne Alternativenprüfung und ohne Befristung“, so Winkelhaus. Es sei ein sinnloses Ausweiten der Tötung einer geschützten Art. Kormorane jagen als Nahrungsopportunisten vor allem Fische, die sie einfach erbeuten können, wie die häufig vorkommenden Arten Rotauge und Ukelei. Sie stellen daher keine ernsthafte Gefährdung für die seltene Äsche dar. Störungen durch Abschüsse führen zu einem wesentlichen höheren Energie- und damit Nahrungsbedarf, der dann an anderer Stelle gedeckt werden muss. Ohne einen Nachweis von Schäden und eine entsprechende Begründung sei die Tötung der Tiere nicht zu rechtfertigen, so der NABU. Es sei zu begrüßen, dass es einige Schutzbereiche für die Kormorane gebe, jedoch müsse der Schutz in allen Europäischen Schutzgebieten (auch in Fauna-Flora-Habitat-Gebieten) gelten, weil die Abschüsse generell Störungen auch für andere Arten in Schutzgebieten bedeuten.












