Wir haben einen Schatz gehoben: Landschaftspflegeverband stellt verschollene Wacholderheide frei

Löhlbach(pm). Nicht nur alte Burgen und Kirchen sind Denkmale unserer Zeitgeschichte. Auch bestimmte Landschaftsformen, wie die alte Hutefläche am Sportplatz Löhlbach, können uns an das Leben und Wirken unserer Vorfahren erinnern. Der Landschaftspflegeverband hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese besondere Fläche für den Arten- und Klimaschutz, für den Erhalt unserer Kulturlandschaft und auch als Erholungs- und Bildungsraum für die Region wiederherzustellen. Praktische und fachkundige Unterstützung bekommt der Verein von zwei maschinenbegeisterten Cousins, einem Vater-Sohn-Gespann und einer Herde Ziegen.

Was bisher geschah

Vor zwei Jahren hätte man die Fläche wohl als „Unland“ oder „Windwurffläche“ bezeichnet. Umgefallene Fichten, dichtes Gebüsch aus Brombeeren und Faulbaum sowie Müll kennzeichneten die ehemalige Weidefläche. Vereinzelte Wacholdersträucher drohten, vollständig von Schlehen zu überwachsen. Viele vertraten die Meinung, der Einsatz würde sich hier nicht mehr lohnen, erinnert sich die Projektleiterin Kerstin Arndt. Mit den Mitstreitern und Initiatoren Eike Isgen, Christian Möller sowie Adolf und Michael Wickert fand der Verband jedoch tatkräftige und fachkundige Unterstützung für die Umsetzung.


Bereits im letzten Winter wurde eine randliche Teilfläche entbuscht. Mit großem Geschick wurden standortfremde Gehölze entfernt und dabei die gesetzlich geschützten Wacholdersträucher freigestellt. Für die teils filigrane Arbeit bauten die Cousins Christian Möller und Eike Isgen sogar einen Stammgreifer so um, dass dünne Faulbäume gefasst und aus dem Boden gezogen werden können. Adolf und Michael Wickert stellten mit ihren Ziegen im Sommer die Beweidung der Fläche sicher. Für die Zäune wurden mühselig Schneisen in den Gehölzbestand geschnitten, um zu prüfen, welchen Einfluss die Tiere beim Zurückdrängen der Gebüsche haben. In diesem Winter schneiden die Herren Wickert zudem Gebüsche zurück, wo Maschinen den Untergrund zu sehr verletzen würden. Keiner konnte sich vorstellen, welch großer Bestand an Wacholder und Heide im inneren der Fläche zum Vorschein kommen würde. „So ähnlich müssen sich Archäologen fühlen, wenn sie die alten Mauern einer Stadt ausgraben“ meint Kerstin Arndt. „Es sieht großartig aus, es liegt aber noch viel Arbeit vor uns.“ Die Freistellung weiterer Teilflächen ist daher in Planung. „Um diese Flächen dauerhaft offenzuhalten brauchen wir unbedingt den Einsatz von Ziegen und Schafen.“ ergänzt der Geschäftsführer Carsten Müller. Zudem sind solche lokalen Naturschutzmaßnahmen auch immer in einem großräumigen zusammenhängenden Verbundsystem zu sehen. Durch klimawandelbedingte Lebensraumverschiebungen muss es den Pflanzen- und Tierarten ermöglicht werden, auf diese Änderungen mit Wanderung zu reagieren. Das kleine Team des Landschaftspflegeverbandes versucht daher immer, den Klimaaspekt in der Landschaftspflege zu berücksichtigen.


Auch Ideengeber Heinz Brück, Vorsitzender des Heimat- und Kulturvereins in Löhlbach freut sich über das Ergebnis. Der Wunsch, die alte Heide wieder freizustellen existierte schon lang. Mit dem Landschafspflegeverband konnten die Pläne endlich in die Tat umgesetzt werden.

In größter Armut entstanden sind Wacholderheiden für die Natur von unschätzbarem Wert

Wacholderheiden wie die in Löhlbach sind durch jahrhunderte lange Bewirtschaftung entstanden. Die Beweidung und der sogenannte Plaggenhieb, also das Abstechen von Oberboden, der zur Einstreu im Stall oder zur Düngung von Ackerflächen genutzt wurde, haben einen nährstoffarmen, flachgründigen Boden hinterlassen. Anspruchslose Zwergsträucher wie das Heidekraut oder die Charakterart Wacholder, der aufgrund der Stacheln von Weidetieren nicht verbissen wird, konnten sich auf der Fläche etablieren. Durch Aufgabe dieser historischen Nutzungsformen breitete sich der Wald über die Jahre wieder aus. Mit dem Rückgang vieler Schäfereien wurden in den letzten Jahrzehnten viele verbliebene Standorte gezielt aufgeforstet.


Mit dem Verschwinden der Wacholderheiden sind jedoch nicht nur wunderschöne Landschaftsformen verloren gegangen, sondern auch viele Tier- und Pflanzenarten, wie der Raubwürger, die Heidelerche, die Zauneidechse, die Schlingnatter oder zahlreiche Tagfalter verschwunden. Die Wiederherstellung der alten Landschaftsformen hat daher nicht nur nostalgische Gründe, sondern ist ein wichtiger Baustein im Arten- und Klimaschutz. Hinzu kommt, dass durch die Beweidung der Heiden und Magerrasen die Wertstellung der Tierhalter in der Region an Bedeutung gewinnt. Die Tierhalter können nicht nur tierische Produkte, sondern auch die Leistung ihrer Tiere für den Erhalt unserer Landschaft vermarkten und haben so ein zweites wirtschaftliches Standbein.

Der Landschaftspflegeverband pflegt und erhält vom Aussterben bedrohte Landschaftsformen

Die Fläche am Löhlbacher Sportplatz ist einzigartig und doch kein Einzelfall im Landkreis Waldeck Frankenberg. Die Nutzung unserer Landschaft hat sich stark verändert. Viele Magerrasen, insbesondere an Hängen oder in Waldnähe wachsen zu, da sich die landwirtschaftliche Nutzung dort nicht mehr lohnt. Genau hier setzt der Landschaftspflegeverband an. Ziel ist der Erhalt und die Vernetzung dieser verbliebenen, verinselten und für Natur und Mensch so wertvollen Biotope. Durch den Einsatz regionaler Tierhalter, Landschaftspflegefirmen, Planungsbüros und ehrenamtlichen Akteuren entstehen weitere Synergien für die regionale Wertschöpfung.

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