Warum der Impfstoff besser ist als sein Ruf
Korbach(pm). Seit der Zulassung des Impfstoffes vom Unternehmen Astrazeneca in Europa Ende Januar steht ein drittes hochwirksames Serum im Kampf gegen die Corona-Pandemie zur Verfügung – auch in Waldeck-Frankenberg. Momentan sind alle Impfstoffe noch knapp, weswegen
Impflinge nicht frei wählen können, welches Serum sie erhalten können. Für unter 65-Jährige ist derzeit der Impfstoff von Astrazeneca vorgesehen. Warum dieser viel besser ist als sein Ruf, darüber klärt der Leiter des Fachdienstes Gesundheit Amtsarzt Thomas Hetche auf.
- Wie wirkt der Impfstoff von Astrazeneca? Was unterscheidet ihn von den anderen Impfstoffen von Moderna oder Biontech & Pfizer?
Thomas Hetche: „Der Wirkstoff des Unternehmens Astrazeneca funktioniert so: Durch ein für uns vollkommen ungefährliches Botenvirus transportiert das Serum eine Kopie eines kleinen Teils des Corona-Erbguts in unsere Zellen. Unser Körper reagiert darauf und bildet Proteine, an denen unser Immunsystem seine Abwehr trainieren kann. Kommen wir dann tatsächlich mit dem Coronavirus in Kontakt, sind wir gewappnet. Diese Art Impfstoffe, die mit Hilfe eines Trägervirus funktionieren, gibt es seit einigen Jahren. Man nennt sie Vektorimpfstoffe. Biontech & Pfizer sowie Moderna hingegen verwenden keinen Trägervirus, sondern transportieren den Bauplan des Coronavirus selbst in unseren Körper, sodass dieser ihn eigenständig nachbaut – und so eine Immunabwehr aufbaut. Im endgültigen Resultat also unterscheiden sich die Impfstofftypen daher gar nicht großartig voneinander. Übrigens ist bei beiden Wirkungsweisen
keine Beeinträchtigung unseres Erbguts oder der Fruchtbarkeit möglich.“ - Auf dem Papier erzielen die Impfstoffe von Moderna und Biontech & Pfizer eine höhere Wirksamkeit. Warum ist der Wirkstoff von Astrazeneca trotzdem viel besser als sein Ruf?
Thomas Hetche: „Alle drei bisher zugelassenen Impfstoffe gegen das Coronavirus sind hocheffektiv. Die Wirksamkeit des Impfstoffs von Astrazeneca liegt laut Studien bei 70 Prozent – und damit weit über dem notwendigen Zulassungswert von 50 Prozent. Zum Vergleich: Grippe-Impfstoffe bieten oft höchstens 50-prozentigen Schutz. Astrazeneca hat zwar eine etwas geringere Wirksamkeit als bei den beiden anderen bisher zugelassenen Impfstoffen. Dies ändert jedoch nichts daran, dass er sicher ist und tut, was er tun soll: Schwere Krankheitsverläufe mit Klinikaufenthalten verhindern – und so Leben retten.“
- Wie sieht es mit den Nebenwirkungen des Astrazeneca-Vakzins aus?
Thomas Hetche: „Wie bei allen anderen Impfungen auch, kann es zu typischen Impfreaktionen wie Müdigkeit, Kopf- oder Gelenkschmerzen, Übelkeit, Schüttelfrost, Schmerzen an der Einstichstelle oder Fieber kommen. Mitunter können die Nebenwirkungen ein wenig stärker
ausfallen, als bei den Impfstoffen von Moderna und Biontech & Pfizer. Auch, wenn es paradox klingt, sollten wir uns aber darüber freuen. Denn: Je stärker der Körper auf das Serum reagiert, umso stärker ist die Immunabwehr und umso besser geschützt sind wird, wenn wir tatsächlich
mit dem Coronavirus in Kontakt kommen. Diese Nebenwirkungen sind daher überhaupt kein Grund zur Sorge und klingen in kürzester Zeit wieder ab.“ - Was entgegnen Sie Kritikern, die eine Impfung mit dem Serum von Astrazeneca ablehnen?
Thomas Hetche: „Dass uns leichte Erkältungssymptome allemal lieber sein sollten, als an einer Beatmungsmaschine auf der Intensivstation zu liegen – unabhängig davon, mit welchem Impfstoff der Schutz erreicht wurde. Die Impfungen sind der Schlüssel zum Weg aus der Pandemie – und zur Rückkehr in eine neue Normalität.“