Wohnortnahe hausärztliche Versorgung sicherstellen

Wiesbaden/Waldeck-Frankenberg(pm). Die Gewährleistung einer wohnortnahen hausärztlichen Versorgung der Menschen in ländlichen Regionen Hessens ist vielerorts nicht mehr selbstverständlich. Um dieser Tendenz entgegenzuwirken, hat die SPD-Fraktion einen Gesetzentwurf zur Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung in Hessen in den Landtag eingebracht. Die gesundheitspolitische Sprecherin und örtliche Abgeordnete Dr. Daniela Sommer sagt: „Der demografische Wandel, die Zunahme chronischer Erkrankungen, der Fachkräftemangel im medizinischen und pflegerischen Bereich stellt das Flächenland Hessen vor große Herausforderungen. Insbesondere die Nachbesetzung von Hausarztsitzen in ländlichen Regionen wird immer schwieriger.

Im Jahr 2030 werden 60 Prozent aller heute noch praktizierenden Hausärzte in Hessen in den Ruhestand gehen. Nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung gibt es derzeit im Land rund 4000 Allgemeinmediziner, das heißt, wir müssten bis zum Ende des Jahrzehnts 2400 Nachrücker für die freiwerdenden Praxen gewinnen. Doch gibt es, um diese Nachrücker zu generieren, nicht genügend Medizinstudienplätze. Bereits jetzt können schon 400 offene Stellen nicht besetzt werden.“ Es gibt zwar mehr Medizinerinnen und Mediziner denn ja, doch in allen Arztgruppen besteht Mangel oder wird in naher Zukunft ein Mangel herrschen. Junge Medizinerinnen und Mediziner bevorzugen oftmals Anstellungen und legen großen Wert auf die Work-Life-Balance.

Hinzu kommt, dass der ländliche Raum für viele junge Menschen im Vergleich zu größeren Städten nicht attraktiv genug ist: „Deshalb bin ich der Ansicht, dass hier dringend gehandelt werden und Maßnahmen ergriffen werden müssen, die jungen, an einer Landarzttätigkeit interessierten Menschen, die Möglichkeit eines Studiums der Medizin zu eröffnen.“ Auch Ärzte, die selbst aus ländlichen Regionen stammen, plädieren – so wie beispielsweise der Frankenberger Arzt Dr. med. Dipl.-Chem. Paul Otto Nowak dafür. Er war in den siebziger Jahren selbst Betroffener und konnte erst 6 Jahre später sein Medizinstudium beginnen. Das brachte ihn dazu selber berufspolitisch aktiv im Marburger Bund und in der Ärztekammer zu werden und er ist seit vielen Jahren auch auf Bundesebene tätig.

Im Rahmen der Anhörung des Sozial- und Integrationspolitischen Ausschusses des Hessischen Landtags zu dem Gesetzentwurf der Fraktion der SPD für ein Gesetz zur Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung in Hessen hat er den Abgeordneten klar empfohlen, dem Gesetzentwurf zu zustimmen, um die hausärztliche Versorgung auf dem Lande zu sichern: „Betrachtet man geschichtlich die Entwicklung der Arztpraxen in unserer Gegend muss man feststellen, dass die Ärzte ihre „Wurzeln“ bei uns auf dem Lande haben bzw. ein Partner/eine Partnerin von hier kommt. Es gibt alt eingesessene Ärztegenerationen, die seit Jahren ihre Praxen an ihre Kinder „weitergegeben“ haben und so eine kontinuierliche Versorgung gewährleisten.

Nur haben diese Kinder leider nicht immer die erforderliche Abiturnote. Gleichzeitig ist festzustellen, dass ein Einser-Kandidat nicht unbedingt der bessere Arzt sein wird,” ist Nowak überzeugt. Er kennt selber viele Medizinstudium-Interessanten aus unserer Heimat, die geeignet sind und sehr gerne Medizin studieren würden, jedoch nicht über den erforderlichen Numerus clausus, der sehr nahe an 1,0 liegt, verfügen und folglich vorerst leer ausgehen. Diese haben sich für ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) im medizinischen Bereich entschieden und sind insbesondere auch im Rettungsdienst tätig.

Zum 01.03.2020 waren fast 270 Hausarztsitze in Hessen nicht besetzt, davon 16,5 im Landkreis Waldeck-Frankenberg und 11,5 im Landkreis Marburg-Biedenkopf (Quelle KVH). Bereits 2009 warnte die Landesärztekammer Hessen vor einem drohenden Ärztemangel durch altersbedingtes Ausscheiden aus dem Berufsleben der geburtenstarken Jahrgänge und einem zu geringen Nachrücken von Jüngeren, vor allem auf dem Lande. Die Gesetzesnovelle müsste schnellstens umgesetzt werden, da diese Ärzte frühestens in 12 Jahren mit ihrer Aus- und Weiterbildung fertig würden und ihre Tätigkeit aufnehmen könnten, erläutert Nowak weiter.

Dr. Sommer hält nochmal deutlich fest: „Wir wollen niemanden auf´s Land zwingen, sondern vielmehr die gewinnen, die gerne Landarzt werden möchten, jetzt keine Chance auf einen Studienplatz haben! Deshalb wollen wir, dass dafür 10 % der Studienplätze zusätzlich geschaffen werden.“ In anderen Ländern sei die Landarztquote bereits ein Erfolg: In Nordrhein-Westfalen haben sich auf 145 Plätze 1312 Studierende beworben. Wegen der großen Nachfrage soll die Quote dort erhöht werden. Andere Länder wie Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz versuchen Ähnliches.

Die geplante Quote sei nicht ein Allheilmittel, sondern nur ein Baustein von vielen: neben Stipendien, Niederlassungsförderung, Weiterbildung: „Die Landarztquote soll den Menschen, deren Traumberuf Hausarzt ist, die mit Begeisterung und sozialer Kompetenz punkten können, das Studium und die Berufsausübung ermöglichen. Sie kann ein zusätzlicher Baustein zur Verbesserung der medizinischen Versorgung und Infrastruktur sein. Ein Versuch ist es allemal wert, statt die Entwicklungen weiterhin zu verschlafen.“ sagt die heimische Abgeordnete Dr. Daniela Sommer abschließend.

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