Wolf und Herdenschutz gehen zusammen

Für besseren Herdenschutz: Elf Verbände verständigen sich auf gemeinsame Standards

Berlin/Wetzlar/Wiesbaden(pm). Ein Bündnis aus elf Organisationen der Landwirtschaft und Nutztierhaltung, des Natur- und Tierschutzes sowie der Jagd hat gemeinsame Empfehlungen für einen bundeseinheitlichen Herdenschutz und Kriterien zur Tötung von auffälligen Wölfen vorgelegt. Auf einer Pressekonferenz am Mittwoch in Berlin kritisierten die Verbände, dass in dem Bereich oftmals eine praktische wie rechtliche Unsicherheit herrsche. Schuld sei ein unübersichtlicher Flickenteppich aus Empfehlungen zur Umsetzung und Förderung von Herdenschutz in Deutschland. Zudem fehlten klare Regelungen für die rechtlich bereits mögliche Tötung von einzelnen Wölfen, die empfohlenen Herdenschutz überwinden und Nutztiere angreifen. Dieses „föderale Wirrwarr“ gehe sowohl zulasten des Artenschutzes als auch der Tierhalter. Politik und Gesellschaft dürften, so die einhellige Forderung, die ökologisch wertvolle Weidetierhaltung und die ebenfalls ökologisch wertvolle Rückkehr des Wolfes nicht gegeneinander ausspielen und die Lasten allein den Tierhaltern zumuten.

„Es braucht endlich Rahmenregelungen des Bundes, um eine tragfähige Koexistenz zwischen Wölfen und Weidetierhaltung zu ermöglichen“, so die Forderung der Verbände. Anders als die geplante Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes fokussiert das Eckpunktepapier inhaltliche und praktikable Lösungsansätze und liefert konkrete Empfehlungen für die flächendeckende Umsetzung von geeignetem Herdenschutz in tatsächlichen und möglichen Wolfsgebieten. Gefordert wird eine kostendeckende staatliche Förderung, die auch laufende Unterhaltskosten, etwa für Herdenschutzhunde, umfasst. Tötungen von auffälligen Wölfen betrachten die Verbände stets als das letzte Mittel im Einzelfall. Sie sind sich einig: An gutem Herdenschutz führt kein Weg vorbei. Hierfür müssen sich das Umwelt- und vor allem auch das Landwirtschaftsministerium gemeinsam einsetzen.

Hinter den Empfehlungen steht ein breites Bündnis aus der Arbeitsgemeinschaft Herdenschutzhunde, dem Bundesverband Berufsschäfer, dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, dem Deutschen Tierschutzbund, der Gesellschaft zum Schutz der Wölfe, dem International Fund for Animal Welfare, dem Naturschutzbund Deutschland, dem Ökologischen Jagdverband, der Vereinigung der Freizeitreiter und -fahrer in Deutschland, dem Verein für Arbeitende Herdenschutzhunde und dem WWF Deutschland.

Die Europäische Kommission hat laut dem Bündnis inzwischen die Möglichkeiten für eine umfassende Förderung des Herdenschutzes geschaffen. Jetzt müssten Bund und Länder dringend handeln. Über flächenbezogene Zuschläge zu bereits bestehenden Agrarumweltmaßnahmen könnten beispielsweise Unterhaltskosten ausgeglichen werden. Ausgleichsleistungen für Tierverluste sollten aus Sicht des Bündnisses dann greifen, wenn Maßnahmen zum Standardschutz umgesetzt wurden, beispielsweise bodenabschließende Elektronetze mit einer Höhe von 90 cm für Schafe und Ziegen. Eine Möglichkeit zur Erhöhung sei die Aufstockung auf 120 cm durch den Einsatz von Flatterband. Überwindet ein Wolf einen solch erhöhten Schutz, um Nutztiere anzugreifen, sollte er von einer Fachperson geschossen werden, sofern die zuständige Landesbehörde dies genehmigt. In dem Verbändepapier heißt es hierzu, das betreffende Tier müsse hinreichend identifiziert sein. Bestenfalls werde es direkt bei einem Folgeübergriff auf eine geschützte Herde gestellt.

Bessere Unterstützung beim Schutz der Tiere vor Wolf und Luchs

Wichtige Hilfe für Schaf- und Ziegenhalter – Mehr Mittel und Förderung für Präventionsmaßnahmen

Anlässlich der vorgestellten neuen Herdenschutzprämie für Weidetierhalter erklärte der jagdpolitische Sprecher der hessischen CDU-Landtagsfraktion, Markus Meysner: „Wir haben im Koalitionsvertrag eine bessere Unterstützung der Schaf- und Ziegenhalter für ihren Umgang mit dem Wolf angekündigt – und wir setzen unser Versprechen um. Es ist richtig, dabei zuallererst auf Prävention zu setzen. Die Rückkehr des Wolfes in unsere Gefilde ist ein Ergebnis erfolgreicher Umwelt- und Artenschutzpolitik, weil wir viel für Lebensräume und Biotopvernetzung getan haben. Jetzt gilt es aber, für die Folgen dieser Politik Verantwortung zu übernehmen. Deshalb bieten wir den Schaf- und Ziegenhaltern, denen der Wolf auch in Hessen verstärkt Kopfzerbrechen bereitet, eine noch bessere Unterstützung an und erhöhen die Förderung für Zäune und andere Präventionsmaßnahmen signifikant. Wir wollen, dass die Tierhalter modern ausgestattet und gut vorbereitet sind – denn ordentlich geschützte Herden sind in aller Regel vor dem Wolf sicher. Diese zusätzliche Prämie ist ein wichtiger Baustein im Umgang mit dem Wolf. Die dadurch ermöglichte optimale Prävention greift Hand in Hand mit den Maßnahmen der Bundesregierung, die wir ebenfalls unterstützen. Der Wolf wird wieder heimisch in Deutschland – deshalb sollten wir ihn auch wie andere heimische Tiere behandeln. Mittelfristig gehört dazu auch eine Regulierung des Bestandes, damit Mensch, Nutztier und Wolf konfliktfrei miteinander leben können.“

NABU-Landeschef Eppler „So wird den Schäfern geholfen ohne dem Wolf zu schaden“

Umweltministerium kündigt zusätzliche Flächenprämie zur Förderung des Herdenschutzes an

Der NABU Hessen begrüßt die Initiative der Umweltministerin Priska Hinz zur Förderung von Herdenschutz. „So wird den Schäfern geholfen ohne dem Wolf zu schaden“ lobt Gerhard Eppler, Landesvorsitzender des NABU. Dies sei die richtige Antwort auf den zweifelhaften Vorstoß der Bundesregierung zu einem erleichterten Abschuss zurückkehrender Wölfe. Mit der zusätzlichen Flächenprämie erhalten Schäfer 31 Euro pro Hektar und Jahr als Unterstützung für die Anschaffung besserer Zäune und den Mehraufwand für Kontrollen. Was sich zunächst gering anhört, ist schon eine große Hilfe: „Selbst wenn ein Schäfer nur 20 Hektar beweidet, summiert sich die Förderung innerhalb von 10 Jahren auf eine Höhe von 6200 Euro“, so Eppler. Damit ließe sich schon ein guter Zaun anschaffen. Mit der darüber hinaus angekündigten Förderrichtlinie ab 2020 für weitere Herdenschutz-Investitionen könne ein Weg für ein friedliches Miteinander von Weidetierhaltung und Wolf gefunden werden.

Die Förderung des Herdenschutzes sei sehr viel sinnvoller als Entschädigungszahlungen für gerissene Tiere. Erstens fielen diese Verluste wirtschaftlich nicht ins Gewicht: Denn jährlich sterben in Hessen schon im Rahmen der normalen Haltung rund 15.000 Schafe, während in diesem Jahr nur 12 Schafe von einem Wolf gerissen wurden. Zweitens falle angesichts dieser sehr hohen Zahl normal verendender Tiere (die dann auch manchmal von Füchsen oder Hunden angefressen werden) ein enormer Prüfaufwand an, wenn jedes Mal DNA-Tests gemacht werden müssen. Und Drittens schütze eine Entschädigungszahlung nicht vor einem neuen Wolfsangriff.

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