„Arbeit mit jungen Medizinern hat großen Mehrwert“
Bereits seit 2006 bilden Sie in Ihrer Praxis junge Medizin-Studierende der Universität Marburg aus. Was schätzen Sie daran, akademische Lehrpraxis zu sein?
Ralf Wittwer: „Es entspricht meinem Selbstverständnis als Mediziner, Patienten, die Hilfe benötigen, nicht abzuweisen. Studierende, die von der Universität Marburg zu uns kommen, sind daher zum einen eine Verstärkung für unseren Praxisalltag. Zum anderen bereichern Sie unsere Tätigkeit, weil sie immer neue Impulse – auch aus Wissenschaft und Forschung – mitbringen und dazu anregen, sich immer wieder mit aktuellen Fragestellung auseinanderzusetzen. Darüber hinaus ist dies auch eine gute Möglichkeit, der eigenen Nachwuchsförderung. Die Studierenden, die bei uns hospitiert haben, tragen ihre positiven Erfahrungen weiter. So bauen wir uns ein gutes Netzwerk an jungen Mediziner-Kollegen und möglicherweise potenziellen Landärzten für Waldeck-Frankenberg auf. Denn ich bin nicht nur Arzt, sondern auch Unternehmer, der über den Tellerrand hinausschauen und den langfristigen Erfolg im Auge haben muss. Dieser kann nur durch junge Kollegen gesichert werden.“
Welche Anforderungen werden an eine akademische Lehrpraxis gestellt?
Ralf Wittwer: „Voraussetzung für eine Zusammenarbeit mit der Universität Marburg sind die erforderliche apparative Ausstattung in der Praxis sowie die Niederlassung als Allgemeinmediziner – und natürlich die Bereitschaft und Motivation, die jungen Mediziner in den drei Praktikumswochen in den Praxisalltag einzubinden. Einmal im Jahr findet eine Fortbildung statt. Mit der Universität Marburg wird dann ein Kooperationsvertrag geschlossen, der die Zusammenarbeit regelt. Für die Praxis entstehen keine Kosten.“
Wie läuft das Blockpraktikum der Medizin-Studierenden ab?
Ralf Wittwer: „Für die Studierenden ist das Blockpraktikum, welches aus 60 Stunden besteht, die sich auf zwei bis drei Wochen aufteilen können, Pflicht. Sie können sich über einen Pool an akademischen Lehrpraxen für das Blockpraktikum bewerben. Für die Praktikumszeit gibt es die Vorgabe, dass die Studierenden in den Praxisalltag mit eingebunden werden. Wie dies geschieht, steht der Praxis frei. In unserer Praxis stricken wir für die Studierenden eine Art Stundenplan – von der Arbeit in der Praxis über Hausbesuche bis hin zu Treffen der Qualitätszirkel oder beispielsweise des Herzsports. Neben dem medizinischen Alltag gebe ich den Studierenden einen Einblick in betriebswissenschaftliche Themen – auch um ihnen klarzumachen, dass sich eine Landarztpraxis wirtschaftlich lohnt und man davon sehr gut leben kann. Mir ist darüber hinaus wichtig, dass die Studierenden die vollumfängliche Bandbreite der Allgemeinmediziner-Tätigkeit kennenlernen – um ihnen zu zeigen, dass Medizin auf dem Land spannend und vielseitig ist. Intensiver Austausch und gute Gespräche sind mir dabei wichtig – gern auch bei einem gemeinsamen Familienabendessen, zu denen ich die Studierenden manchmal einlade.“
Welchen Mehrwert hat das Blockpraktikum für Sie persönlich?
Ralf Wittwer: „Die Arbeit mit jungen Menschen hat für mich persönlich einen sehr großen Mehrwert, denn auch ich als langjähriger Landarzt kann etwas von den jungen Kollegen lernen. Das macht großen Spaß. Zudem habe ich mir mit den Jahren ein tolles Netzwerk an jungen Mediziner-Kollegen aufgebaut. Studierenden, denen es in unserer Praxis gefallen hat, tragen ihre positiven Erfahrungen weiter. Das motiviert mich sehr. Langfristig ergibt sich aus den Kontakten, die ich weiterhin zu den jungen Kollegen pflege, möglicherweise auch eine Praxisnachfolge. Daher sehe ich dies auch als eine Art Zukunftssicherung. Das kann ich nur allen meinen Kollegen weiterempfehlen.“