Fluchtfolgen, Trauma, Therapie: Vitos veranstaltete Fachtagung

Mehr als 60 Teilnehmer nehmen Migration aus Afrika in den Blick

Kassel/Gießen(nh). Flucht und ihre Folgen: Zum ersten Mal hat Vitos eine Fachtagung zu diesem Thema ausgerichtet. Mehr als 60 Teilnehmer kamen am Mittwoch, darunter Klinikdirektoren, Fachärzte, Migrationsbeauftragte, Pflegekräfte, Erzieher und ehrenamtliche Helfer. Die von der Vitos Akademie in Gießen organisierte Veranstaltung nahm vor allem die Migration aus Afrika in den Blick. „Wir haben uns schon frühzeitig auf die Herausforderungen eingestellt, die die Behandlung von geflüchteten Menschen mit sich bringt“, sagt Reinhard Belling, Geschäftsführer der Vitos GmbH, die in Hessen Kliniken für Psychiatrie und Psychotherapie und Jugendhilfe betreibt. Vitos hat ein eigenes Versorgungskonzept für Flüchtlinge erstellt. Das sieht vor, dass Mitarbeiter der Vitos psychiatrischen Ambulanzen in den Erstaufnahmeeinrichtungen und Übergangswohnheimen Sprechstunden anbieten, in denen traumatisierte Flüchtlinge untersucht und behandelt werden. Außerdem baut Vitos derzeit einen hausinternen Dolmetscher-Dienst auf, der die Behandlung von geflüchteten Menschen erleichtern soll. „Diese Fachtagung soll einen weiteren Beitrag leisten, um die interkulturelle Kompetenz unserer Mitarbeiter zu stärken“, sagt Belling. Die Veranstaltung spannte einen weiten Bogen – angefangen von den Ursachen, die Menschen zur Flucht bewegt, über traumatisierende Erlebnisse während der Flucht und die Ankunft in einer fremden Kultur bis hin zu Konzepten, die eine medizinische Behandlung trotz sprachlicher und kultureller Hürden ermöglichen. So beschrieb der Politologe Dr. Akilulu Ghirmai, Dozent an der Johann Wolfgang Goethe-Universität, die Fluchtursachen am Beispiel Eritrea. Dort litten die Menschen unter Einschüchterung und Folter eines brutalen Regimes. Das Land sei abgeschottet, es gebe keine Rechtsstaatlichkeit. Die Flucht bringe für die Menschen oft weitere traumatische Erfahrungen mit sich, schilderte Dr. Annette Duve, Klinikdirektorin der Vitos Klinik Hofheim und mitverantwortlich für die Organisation der Fachtagung. Auf dem Weg nach Europa litten die Menschen unter Gewalt, Klimaschwankungen, Hunger und Durst sowie fehlender sozialer Unterstützung. Dr. Hildegard Schürings, Erziehungswissenschaftlerin und Geschäftsführerin von Imbuto e. V., stellte ressourcenorientierte, pädagogische Konzepte vor. Diese sollen Kinder und Jugendliche für ihre Zukunft stark machen und sie beispielsweise in der Jugendhilfe emotional stabilisieren. Lula Helms, die sich ehrenamtlich als Dolmetscherin engagiert, gab den Teilnehmern der Fachtagungen einen Einblick in ihre Arbeit. Helms, die sich für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aus Eritrea engagiert, beschrieb typische Gesprächssituationen. Dabei wurde deutlich, wie schnell Missverständnisse entstehen, weil es bei der Beschreibung von Gefühls- und Krankheitszuständen große kulturelle Unterschiede gibt. Dr. Bernd Hanewald, stellvertretender Direktor des Klinikums für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Gießen-Marburg schilderte, wie dort die stationäre Behandlung von Flüchtlingen aussieht und welche Besonderheiten es bei psychiatrischen Stellungnahmen im Asylverfahren zu beachten gibt.

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