Frankenberg(nh). Um deutsche Standards in der Wundversorgung kennenzulernen, hat eine Delegation chinesischer Mediziner kürzlich das Frankenberger Kreiskrankenhaus besucht. Dieses bietet in der Wundversorgung landesweit ein hohes Qualitätslevel und wurde in 2011 als erste Wundambulanz in Hessen mit dem Wundsiegel zertifiziert.
Die Wundtherapie der Wundambulanz befasst sich im Schwerpunkt mit schlecht heilenden, chronischen Wunden. Im Zentrum steht die Ermittlung der Wundursachen und der heilungshindernden Faktoren – das sind am häufigsten Venenschwäche, Durchblutungsstörungen, Diabetes, Immobilität oder Infektionen. In der Behandlung wird die Wundursache so weit wie möglich therapiert und außerdem eine individuelle, zeitgemäße Wundversorgung angewendet. Im späteren Verlauf stehen die Vorbeugung und Vermeidung von Rückfällen im Fokus der Bemühungen. Als regionale Wundambulanz arbeitet das Kreiskrankenhaus Frankenberg mit Kooperationspartnern wie beispielsweise der Dermatologie der Universität Marburg zusammen. Ob die Analyse oder Dokumentation der Wunden oder wie und mit welchen Therapien und Materialien betroffene Patienten in der Kreisklinik versorgt werden – sechs Vertreter einer Klinik aus der chinesischen Provinz Guangdong sowie dem Unternehmen für Medizin- und Pflegeprodukte, der Paul Hartmann AG aus Shanghai, haben sich im Wundzentrum der Kreisklinik ein Bild von aktuellen Behandlungsmethoden, der Qualifikation der Mitarbeiter und der personellen und räumlichen Ausstattung gemacht.
„Das chinesische Gesundheitssystem ist mit dem deutschen nicht vergleichbar“, erklärt die Wundexpertin und Lehrerin für Pflegeberufe im Schulzentrum der Klinik Ida Verheyen-Cronau, die neben ihrer Tätigkeit im Krankenhaus die Zertifizierungsstelle „Initiative Chronische Wunden“ leitet – ein Verein, der sich für die praxisnahe und optimale Versorgung von Patienten mit chronischen Wunden einsetzt, Experten ausbildet und Betriebe zertifiziert. „Es gibt kein Hausarztsystem und keine ambulanten Pflegedienste; die stationäre Pflege in den Kliniken übernehmen in aller Regel die Angehörigen“, so die Wundexpertin. „Um die Wundversorgung dort zu verbessern, soll dort künftig ein Wundzentrum nach deutschen Standards eingerichtet werden.“ Die Klinik in der Nähe von Hongkong hat Platz für 3.600 stationäre Patienten und gehört zu den führenden medizinischen Einrichtungen in der Volksrepublik. Täglich werden dort 10.000 Patienten ambulant behandelt. „Dass sich ein Haus dieser Größenordnung an unserer Klinik ein Beispiel nimmt, ehrt uns. Wir haben uns sehr gefreut, die chinesischen Kollegen empfangen zu dürfen“, sagt der Geschäftsführer des Kreiskrankenhauses Ralf Schulz. „Von diesem fruchtbaren fachlichen Austausch über internationale Grenzen hinaus werden wir alle profitieren.“