Sonderausstellung mit Sargportraits aus Międzyrzecz/Meseritz noch bis zum 20. Juli im Burgsaal der Wewelsburg
Kreis Paderborn/Büren (krpb/nh/od). Sargporträts sind eine spezifische Besonderheit der polnischen Bestattungskultur im 17. und 18. Jahrhundert. Die wertvollen Gemälde, die bereits zu Lebzeiten auf Holz oder Metall – auch Edelmetall – entstanden, wurden während der Trauerfeier an der kurzen Seite des Sarges befestigt. Nach der Beerdigung blieben die Bildnisse in der Kirche und erinnerten dauerhaft an den Verstorbenen und seine Familie. Diese Tradition endete, als durch die Fotografie lebensechte Abbildungen ermöglicht wurden. Das Kreismuseum Wewelsburg erinnert mit einer Sonderausstellung an diese besondere Form der Abschieds- und Erinnerungskultur und zeigt unter dem Titel „Im Angesicht des Todes“ noch bis zum 20. Juli im Burgsaal der Wewelsburg Sargportraits aus dem Museum Międzyrzecz/Meseritz in Polen. Zu sehen sind zudem weitere unterschiedliche Arten des Gedenkens an Verstorbene, z.B. auch Totenmasken. Der Bogen, den diese Ausstellung spannt, reicht zurück bis ins zweite Jahrhundert nach Christi und endet in der Gegenwart auf dem Sennefriedhof in Bielefeld.
Acht Portraits und Wappen der deutschstämmigen Freiherren von Unruh bilden den Kern der Ausstellung. Der stellvertretende Landrat des Kreises Paderborn, Wolfgang Schmitz, erläuterte bei der Eröffnung, dass es sich dabei um eine protestantische Familie handelte, die über Jahrhunderte Spuren im Posener Land hinterlassen habe. 1597 siedelte Christoph von Unruh aus Böhmen in die Nähe von Meseritz. Auf ihn sei die Gründung der ersten protestantischen Kirche auf polnischem Boden zurückzuführen. In diesem Gotteshaus in Pieski, 10 km südwestlich von Meseritz, hingen jene Sargporträts, die nun als Einheit in der Ausstellung zu sehen sind. Die neu zugezogenen Freiherren von Unruh hätten dieses Zeremoniell und damit eine Praxis aus der Kultur des heimischen katholischen Adels übernommen. Andrzej Kirmiel, eigens zur Eröffnung angereister Direktor des Museums in Miedzyrzecz, erläuterte, dass die Tradition der Sargporträts ursprünglich aus Rumänien stamme und in Polen Ende des 16. Jahrhunderts bei der Beerdigung eines Königs auftauchte. Die Verstorbenen seien lebendig mit geöffneten Augen porträtiert worden. Diese Werke seien oftmals noch zu Lebzeiten in Auftrag gegeben worden und hingen während der mehrtägigen Zeremonie an dem errichteten Trauergerüst (caastrum doloris), das den Sarg auf einer Plinthe (flacher Untersatz) hervorhob.
Schauspieler stellten den Verstorbenen dar. So kam es vor, dass ein Ritter zu Pferde in die Kirche kam und dort dramatisch zu Boden fiel. Wenn mit dem Verstorbenen ein Familienzweig endete, wurden symbolisch die Wappenschilder und Waffen zerbrochen. Danach nahm man sie ab und hing sie in die Kirche, für die der Adlige das Patronat innehatte. Der Museumsdirektor stellte die Wandlung des Aussehens bei den Portraits der Familien von Unruh heraus. Der Sohn Alexanders von Unruh, Christoph, der neben seinem Vater abgebildet ist, sei von Frisur und Kleidung nicht mehr von einem polnischen Adligen zu unterscheiden. Trotzdem habe er vermutlich deutsch gesprochen. Die Unterscheidung in Nationen deutsch oder polnisch sei damals auch nicht für Eheschließungen so bedeutungsvoll gewesen wie die Konfession: Man war entweder Katholik oder Protestant.
Während ein Bild, das den Verstorbenen zu Lebzeiten zeigt, als Erinnerungsmedium unproblematisch ist, „schrecken wir bei dem Gedanken an eine Abbildung des Leichnams zurück. Zu präsent sind Aufnahmen von gewaltsam zu Tode gekommenen Menschen in den Nachrichten, zu plastisch wird uns die Endlichkeit vor Augen geführt“, führte Schmitz weiter aus. Dass moderne Post-Mortem-Fotografie, also Bilder nach dem Eintritt des Todes, nicht grausam seien, sondern friedlich, zeigten die Fotografien von Dr. Martin Kreuels.
Früher seien auf Totenzetteln keine Fotografien vorgesehen, sondern Abbildungen von Heiligen und Fürbitten. Der Erste Weltkrieg habe diese Praxis geändert. Seitdem fänden sich halbfigürliche Fotoporträts der Männer in Uniform auf den Totenzetteln. Die Soldaten selbst wurden auf dem Felde bestattet, dort, wo sie gefallen waren. In der Ausstellung findet der Besucher eine Auswahl von Totenzetteln und eine Ehrentafel für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges, die die Heimatstube Ostenland zur Verfügung gestellt hat. Abbilder zur Erinnerung an Verstorbene gab und gibt es nicht nur in zwei Dimensionen, sondern auch dreidimensional: mit den Totenmasken des Bildhauers Michael Diwo.
Für die Zusammenstellung der Ausstellungsthemen und –objekte ist die wissenschaftliche Mitarbeiterin des Kreismuseums, Sabine Angenendt, verantwortlich. Als Kunsthistorikerin hat sie sich bereits ausführlich mit dem Epitaph Sylvesters von Büren beschäftigt, dessen Fragmente im Kreismuseum ausgestellt werden.
Für die musikalische Umrahmung der Ausstellungseröffnung sorgten die Geschwister Madeline und Cedric Trappmann aus Detmold sowie Marie-Justine Klemme, die gerade beim Landeswettbewerb von Jugend musiziert den 2. Platz in der Sparte Gesang gewonnen hat.
Eintritt in die Sonderausstellung und ins Historische Museum des Hochstifts Paderborn: Erwachsene 3 €, ermäßigt 1,50 €, Familienkarte 6 €, kostenlos für Inhaber einer Jahreskarte. Dazu wird ein Begleitprogramm angeboten. Mehr Infos unter www.wewelsburg.de.