Deutschland muss sich mehr engagieren

 Sektionsleiter Holger Schmör, Referent Dustin Dehéz Foto: Manfred Weider/nh

Frankenberg(we/nh).  Einen Überblick sollte der Vortrag „Die sicherheitspolitischen Herausforderungen Deutschlands“  vermitteln, zu dem die Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik e.V., Sektion Waldeck-Frankenberg (GfW) eingeladen hat.

 

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Vor zahlreichem Publikum begrüßte Sektionsleiter Holger Schmör den hier schon bekannten Referenten Dustin Dehéz, der dem gesteckten Ziel auch voll gerecht wurde.

In seiner lockeren, ansprechenden und verständlichen Art begann Dehéz seine Ausführungen mit der Darstellung eines Aspektes der Globalisierung. Er erklärte, unterlegt mit einer Karte, die Handelswege über die Meere. All diese Warenströme gehen über den Atlantik, den Pazifik und dort durch Nadelöhre, wie den Panamakanal, Suezkanal oder die Straße von Malaga. Diese Seewege sind die Lebensadern unseres Wohlstandes, unserer Sicherheit. Deutschland als zweitgrößte Exportnation muss daher alles daran gelegen sein, diese Handelsströme zu garantieren, führte er aus.
Anschaulich machten diese Erklärungen auch, dass die Kapazität dieser Wege so gut wie erschöpft sind. Es kann in 24 Stunden eben nur eine bestimmte Menge durch die Engen transportiert werden. Damit ist das Ende der Ausweitung der Globalisierung absehbar, wenn nicht neue Wege gefunden werden. Hier verwies Dehéz auf die Klimaerwärmung, die eventuell in wenigen Jahren eine Passage durch das Nordmeer möglich macht. 

Im Schutz dieser Handelswege liegt auch der Grund für unsere Beteiligung zur Bekämpfung der Piraterie. Dies führte auch dazu, dass die deutsche Marine, im gegensatz zu den anderen Teilstreitkräften, aufgerüstet wurde und wird. Die Ursache der Piraterie sei ein Landproblem, kein Seeproblem, erklärte Dehéz. Piraterie entsteht dort, wo instabile Staaten an der Küste sind. Er begrenzte seine Ausführungen hierzu, da die GfW im Mai einen eigenen Vortrag zur Piraterie veranstaltet. 

Viel Nachholbedarf sieht Dehéz in der deutschen Beteiligung im internationalen Zusammenspiel und dies auf allen Gebieten. Als Beispiel nannte er die Beteiligung Deutschlands an Blauhelmeinsätzen, also Einsätzen zur Friedenserhaltung. Hier liegt Deutschland nicht an dritter, vierter Stelle, sondern zwischen dem 160. und 170. Platz der Nationen.
Speziell unsere Alliierten, würden Deutschland als unzuverlässigen Partner ansehen. Als eine Ursache sieht er das Debakel im Libyenkonflikt 2011.
Bis 2005 galt die Souveränität eines Staates als Dogma. Was der Staat in seinen Grenzen macht, hat niemanden etwas anzugehen. Die Massenmorde in Ruanda verursachten hier ein Umdenken. Eine Ergänzung zur Charta der Vereinten Nationen wurde beschlossen, dass solange der Staat seine Bürger korrekt behandelt, seine Souveränität unangetastet bleibt. Wenn er aber seine Bürger, wie in Libyen geschehen, abschlachtet, muss die internationale Gemeinschaft eingreifen. Treibende Kraft zu dieser Ergänzung der Charta der Vereinten Nationen war Deutschland. Und ausgerechnet wir, halten uns im Libyenkonflikt heraus. Diese Doppelmoral ist bis heute nicht vergessen, nicht verziehen.
Einen anderen Grund für mehr deutsches Engagement sieht Dehéz in der Abrüstung der USA und deren Rückzug aus Europa, aus den europäischen Problemen. Daraus resultiert ja auch die Forderung der USA, dass Europa, die europäischen Nationen, ihre Probleme allein lösen müssen. Schwerpunkt der USA ist eindeutig der asiatische Raum. Dies wird auch deutlich, dass in den Reden der Präsidentschaftskandidaten der USA Europa gar nicht oder nur sehr kurz vorkommt.
Der aktuelle Krisenherd Ukraine sind für Dehéz die schwerste Krise seit dem Ende des Kalten Krieges. Er ist der Meinung, dass die Krim nun unumkehrbar russisch ist. Die Sanktionen hält er für zu geringfügig, das Taktieren des Westens nicht für optimal. So kann er nicht verstehen, wieso unser Außenminister erklärt, es gebe entweder Sanktionen oder Diplomatie. Wesentliche Gründe für die Eskalation und schlechtes Krisenmanagement sei das Nichtverstehen Putins, die Fehleinschätzungen seines Verhaltens in den ersten Amtsjahren. Er sei ein Autokrat und nicht der Modernisierer, was ihm zu Beginn unterstellt wurde. Ein entschiedenes Entgegentreten Russlands ist geboten, um weitere Expansionsversuchen Russlands zu verhindern. Die Angst der baltischen Staaten ist sehr groß. Eine Gefahr dafür, dass Russland uns die Gaslieferungen verweigern könnte, sieht Dehéz nicht. Dann wäre Russland ohne Einkommen, denn alle Pipelines gehen nach Westen. Nur hierhin kann das Gas verkauft werden.
Ein starkes Engagement für ein besseres, sicheres Afrika mahnte der Referent an. Nur ein befriedetes Afrika, dass staatliche Strukturen und wirtschaftliche Perspektiven hat, kann die Gefahren für Europa und Deutschland beseitigen. Nigeria hat z.Zt. ca. 180 Millionen Einwohner in 20 bis 30 Jahren wird es 500 Millionen Einwohner haben. Es ist nicht abzusehen, wie dann die Migrantenströme nach Europa zunehmen, wenn nichts unternommen wird, um vor Ort Bedingungen zu schaffen, die diese verhindert. Auch zu Afrika bietet die GfW im Juni einen eigenen Vortrag an.
Zur Einleitung einer spannenden Diskussionsrunde betonte der Referent wiederholt, dass wir alles unternehmen müssen im internationalen Zusammenspiel mit hohem Einsatz auf allen Gebieten, Militär sei nur ein Baustein davon, unseren Handel zu stärken. Sonst droht bei uns Arbeitslosigkeit, damit Altersarmut. Handel ist ja auch die beste Garantie von Sicherheit. Wer miteinander handelt, führt keine Kriege.
Nach den Dankesworten von Sektionsleiter Schmör für den gelungenen Überblick der Herausforderungen Deutschlands, unterstrich lang anhaltender Applaus, die hohe Kompetenz und gute Rhetorik des Referenten.

 

 

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