Korbach(pm). Patienten mit schwerwiegenden Erkrankungen können medizinisches Cannabis auf Rezept bekommen. Seit 2017 dürfen Ärzte bestimmten Patienten bei fehlenden Therapiealternativen Cannabis (Cannabinoide) verordnen, mussten dies jedoch durch die Krankenkassen genehmigen lassen. Seit 2024 dürfen Haus- und Fachärzte mit bestimmten Qualifikationen Cannabis in Form von getrockneten Extrakten oder Blüten beziehungsweise Fertigarzneimittel ohne vorherige Prüfung verordnen. Viele Schmerzpatienten haben hohe Erwartungen und große Hoffnung im Bezug auf cannabishaltige Medikamente. Wie bei vielen anderen Medikamenten muss die Dosierung für alle Betroffenen individuell gefunden werden. Um Rauschzustände durch enthaltenes THC (Tetrahydrocannabinol) zu vermeiden, wird in der Regel mit einer sehr geringen Dosis begonnen. Ist diese gut verträglich, wird sie langsam erhöht, bis die gewünschte Wirkung ausreichend ist. THC ist einer der beiden Hauptwirkstoff der Cannabispflanze und ist auch psychoaktiv wirksam. Der andere wichtige Cannabiswirkstoff ist CBD (Cannabidiol). CBD ist nicht psychoaktiv und hat eine entzündungshemmende Wirkung.
Bei der zweiten Fachfortbildung „Cannabis in der Medizin 2.0“ des Stadtkrankenhaus Korbach nahmen erneut über 100 Ärzte und medizinisches Fachpersonal der Region teil, um sich fundiert über aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse, rechtliche Rahmenbedingungen und praktische Anwendungsfelder auszutauschen. „Ziel unserer Fachveranstaltung in der Korbacher Stadthalle war es, den Teilnehmenden Einblicke in die Bereiche Diagnostik, Indikationsstellung, Therapiestrategien und Arzneimittelverwaltung zu geben, aber auch Risiken oder Nebenwirkungen zu benennen und gemeinsam zu diskutieren“, erläutert Matthias Hentrich, Chefarzt Anästhesie und operative Intensivmedizin. „Ich freue mich, dass uns dafür erneut Dr. med. Dipl.-Chem. Konrad F. Cimander als Referent zur Verfügung stand.“ Dr. med. Dipl.-Chem. Konrad F. Cimander hat sich auf den Gebieten der Suchtmedizin, der Infektiologie und der Cannabismedizin einen Namen gemacht. Er ist Gründungsmitglied und seit 2022 Präsident der Deutschen Medizinal-Cannabis Gesellschaft (DMCG e.V.), wo er eine zentrale Rolle bei der Förderung der Akzeptanz gegenüber der Cannabismedizin spielt.
„Cannabinoide dürfen nur in Einzelfällen bei schwerwiegenden körperlichen Erkrankungen gegeben werden, bei denen andere Medikamente keine Wirkung gezeigt haben“, berichtet Dr. Arved-Winfried Schneider, Ärztlicher Direktor im Stadtkrankenhaus Korbach. Eine Krankheit gelte dann als schwerwiegend, wenn sie lebensbedrohlich sei oder wenn sie eine so schwere Gesundheitsstörung verursache, dass die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt sei. Als mögliche Einsatzgebiete für cannabisbasierte Medikamente gelten derzeit insbesondere chronische Schmerzen (speziell neuropathische Schmerzen), Spastiken (langandauernde Muskelverkrampfung) bei Multipler Sklerose sowie Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen bei Krebserkrankungen unter Chemotherapie. Initiator Matthias Hentrich sieht das Stadtkrankenhaus beim Thema Medizinal-Cannabis in einer Vermittlerrolle mit den niedergelassenen Ärzten der Region: „Zwar hat das Interesse am Einsatz von Cannabis als Medizin in den vergangenen Jahren prinzipiell zugenommen – die Studienlage ist jedoch noch lückenhaft. In den Praxen bieten sich wenig Möglichkeiten, sich intensiv mir Medizinal-Cannabis auseinander zu setzen. Mit unseren Fachveranstaltungen wollen wir Berührungsängste bei dem Thema abbauen und den Fachaustausch untereinander forcieren.“






