Pilzfunde bestätigen lange Waldkontinuität im Nationalpark

27 Neufunde: „Dorniger Stachelbart“ als dritte Stachelbart-Art nachgewiesen 

Bad Wildungen(nh). Pilzfunde im Nationalpark Kellerwald-Edersee weisen nach: Bereits seit Jahrhunderten gibt es an seinem Standort Wald. Einer der diesjährigen 27 Neufunde ist dabei von besonderer Bedeutung – der Dornige Stachelbart. In vielen Teilen Deutschlands gilt er als gefährdet und kommt nur in Gebieten mit einem hohen Totholzanteil von Laubbäumen vor. Im Reich der urigen Buchen, wo „Natur Natur sein lassen“ gilt, fühlt er sich wohl. In einer Fortbildung mit den Pilzexperten Professor Ewald Langer und Dr. Gitta Langer lernten interessierte Nationalpark-Ranger viel Neues über die Pilze im Nationalpark, in dem bislang insgesamt rund 1.200 Arten bekannt sind. Seit Jahrhunderten gibt es am Standort des Nationalparks Kellerwald-Edersee Wald. Das bestätigen Pilzfunde wie der Buchen- und Igelstachelbart sowie der Mosaikschichtpilz – drei von insgesamt 1.200 bekannten Arten im Gebiet. Sie gelten als Naturnähe-Zeiger, kommen somit nur an naturnahen Standorten mit einer langen Waldkontinuität vor. Allesamt haben sich im Reich der urigen Buchen, wo „Natur Natur sein lassen“ gilt, angesiedelt. So auch der Dornige Stachelbart: Er ist einer der diesjährigen 27 Neufunde im Nationalpark. Studierende der Universität Kassel haben unter Leitung von Professor Ewald Langer und Doktorand Manuel Striegel Pilzuntersuchungen durchgeführt, 200 Pilzarten unter dem Mikroskop betrachtet und die neuen Arten ausfindig gemacht. Als in Deutschland vielerorts gefährdete Art ist der Dornige Stachelbart selten geworden und nur noch in Wäldern mit einem hohen Totholzanteil von Laubbäumen zu finden. Für solche Pilze bietet der Nationalpark einen attraktiven Lebensraum. Dass der Dornige Stachelbart, Buchen- und Igelstachelbart sowie der Mosaikschichtpilz etwas über die Beschaffenheit des Waldes aussagen, lernten interessierte Nationalpark-Ranger während einer Fortbildung mit den beiden Pilzexperten Professor Ewald Langer von der Universität Kassel und Dr. Gitta Langer von der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt. Vormittags vermittelte das Experten-Duo die Theorie über die Grundlagen der Ökologie und die Systematik der Pilze. Nachmittags ging es zur Suche und Bestimmung von Pilzen in den Nationalpark. Pilze spielen im Ökosystem Wald eine wichtige Rolle bei der Laub- und Holzzersetzung. Mykorrhiza-Pilze gehen dabei eine feste Symbiose mit Pflanzen ein. So kommt zum Beispiel der Goldröhrling immer im Verbund mit der Lärche vor. Dementsprechend gibt es auch eine Symbiose von Insekten und Pilzen. Der Kerbhalsige Schwarzkäfer lebt beispielsweise im Zunderschwamm. Er gilt als Urwaldreliktart. Aufgrund seiner winzigen Größe und entsprechend geringen Reichweite in der Fortbewegung braucht er zum Überleben Totholz in seiner Nähe. Daraus lässt sich schließen: Wo er im Wald zu finden ist, herrscht eine gewisse Naturnähe und lange Waldkontinuität – hier besteht der natürliche Kreislauf vom Werden und Vergehen, ohne dass der Mensch stark eingreift. Nach der Theorie haben die Ranger den Kerbhalsigen Schwarzkäfer auf ihrer Exkursion im Nationalpark nahe Bringhausen am Nachmittag dann auch noch in der Praxis an einem Zunderschwamm im Totholz entdecken und näher betrachten können. Darüber hinaus haben sie etliche Pilze gefunden und bestimmt – teilweise mit sehr skurrilen Namen: Wolfsfürzchen, Strubbelkopfröhrling oder Kirschroter Spei-Täubling. Das Wolfsfürzchen sprüht eine sichtbare Rauchfahne aus, wenn man es zusammendrückt. Der dunkle Strubbelkopfröhrling erinnert mit seiner Oberfläche tatsächlich an einen strubbeligen, brünetten Haarschopf. Und von dem schwach giftigen Kirschroten Spei-Täubling bekommt man eine taube Zunge, wenn man nur ein kleines Stück von ihm probiert. Ein guter Tipp für alle Pilzsammler außerhalb des Nationalparks ist deshalb: Finger weg von weißen Pilzen mit Lamellen. Denn viele von ihnen gehören – wie auch der Kirschrote Spei-Täubling – zur Gattung der Blätterpilze, die teils hochgiftig sind. Der bekannteste Vertreter ist der Grüne Knollenblätterpilz, von dem schon ein kleines Stück zum Tod führen kann. Es gibt zwar auch weiße Pilze mit Lamellen, die essbar sind, aber bei Verwechslung besteht die akute Gefahr, sich zu vergiften. Von allen Pilzen, die dagegen keine Lamellen, sondern eine Struktur wie ein Schwamm an der Unterseite ihres Schirms haben, geht keine Gefahr aus. Bei solchen kann es passieren, dass man bei Verwechslung auch einmal einen ungenießbaren Pilz erwischt, aber es besteht kein Grund zur Sorge, daran zu sterben.

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