Dem Täter auf der Spur Der genetische Fingerabdruck – ein Tatort spricht …..

Kassel(ots/nh). Der Verein Bürger und Polizei e.V. in Kassel setzt auch in diesem Jahr seine bekannten Herbstvorträge mit kompetenten Referenten zu interessanten polizeilichen Themen fort. In diesem Jahr wird am kommenden Donnerstag, den 26. Oktober 2017, ab 18 Uhr Dr. Harald Schneider vom Hessischen Landeskriminalamt (HLKA) in Wiesbaden als Referent im Polizeipräsidium Nordhessen in Kassel zu Gast sein und vor Mitgliedern sowie Gästen des Ver-eins Bürger und Polizei Kassel und des Präsidiums sprechen. Der Wissenschaftler Dr. Schneider ist Leiter der Fachgruppe Biologie im HLKA und bundesweit einer der renom-miertesten DNA-Analytiker. „Wir freuen uns sehr, dass wir mit Dr. Schneider einen ausge-wiesenen Fachmann aus den eigenen Reihen der Hessischen Polizei, der sich zudem weit über die Grenzen unseres Bundeslandes hinaus eine hohe Anerkennung und Wertschät-zung erworben hat, für diesen Vortrag gewinnen konnten“, sagt Polizeipräsident Konrad Stelzenbach, der auch Präsident des Vereins Bürger und Polizei in Kassel ist.

Rasante Entwicklung der DNA

Die kriminalistische Nutzung des „genetischen Fingerabdrucks“ hat gerade in den letzten Jahren eine ungeahnte, ja gerade revolutionäre Entwicklung genommen. So wurde das Spektrum untersuchbarer biologischer Spuren ganz wesentlich in Richtung mikroskopisch kleiner Blut-, Sekret- und Hautabriebspuren erweitert. Auch geringste, mit früher üblichen Verfahren nicht analysierbare Spuren (zum Beispiel Hautschuppen an Täterkleidung, Tat-werkzeugen, Tatwaffen usw.) sind nunmehr einer molekularbiologischen Untersuchung zugänglich. Zwischenzeitlich ist es nahezu selbstverständlich, dass DNA-Befunde den oft entscheidenden Hinweis zur Aufklärung schwerster Kapitalverbrechen liefern. „Beinahe tägliche Erfolgsmeldungen in Presse, Funk und Fernsehen belegen die alte kriminalistische Regel: Ein Tatort spricht – es bedarf lediglich geeigneter Methoden, ihn zum Reden zu bringen“, sagt Dr. Schneider und hat als Beleg dafür zahlreiche Beispiele parat, die die Erfolge der DNA-Analytik bestätigen.

Außergewöhnliche hessische Aufklärungserfolge

Die Verwendung der DNA-Analyse hat insbesondere im Bundesland Hessen ganz wesent-lich zur Aufklärung zahlreicher Kapitalverbrechen beigetragen. Beispielhaft seien hier einige spektakuläre, auch bundesweit bekannte Fälle genannt: Der Sexualmord an der zweijährigen Elora McKemy (1994), der sechsfache Raubmord in einem Frankfurter Bordell (1996), die Entführung und Ermordung des Frankfurter Geschäftsmanns Jakub Fiszman (1998), der Mord an der achtjährigen Julia Hose (2002) aus Gießen und die Identifizierung eines Serienmörders, dem sogenannten „Brummi-Mörder“, im Jahr 2006. Er hatte drei Frauen getötet, unter anderem Anna S. aus Kassel, deren Leichnam im Gebüsch auf dem Parkplatz Scharfenstein an der A 49 aufgefunden wurde.Unterstützung über Ländergrenzen hinweg Neben den hessischen Polizeidienststellen unterstützten die DNA-Experten des HLKA in besonders schwierigen Fällen auch die Kollegen anderer Bundesländer sowie benachbarter europäischer Staaten. Herausragende Fallbeispiele sind die Identifizierung des Mörders des 11-jährigen Mirco Schlitter aus Grefrath in Nordrhein-Westfalen in 2011, die Aufklärung eines Sexualmordes an der 98-jährigen Hilda Feste aus Os in Norwegen im Februar 2013 sowie die Aufklärung des Mordes an dem 81-jährigen Johannes Weyer aus Töniesvorst in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2015.

„Cold Cases“ doch noch geklärt

Mit den scheinbar unbegrenzten Möglichkeiten der DNA-Analytik können aber nicht nur aktuelle, sondern auch Jahrzehnte zurückliegende, ungeklärte Kapitalverbrechen aufgeklärt werden. „Die Kriminaltechnik des Hessischen Landeskriminalamtes hat sich als eine der ersten Untersuchungsstellen in Deutschland – parallel zur Entwicklung der flächendeckenden Mikrospurenpräparation – auf diese sogenannten „Cold Cases“ spezialisiert“, erläutert Dr. Schneider. So ist es in Hessen seit dem Jahr 2000 gelungen, mehr als zwanzig dieser scheinbar hoffnungslosen Altfälle zu klären, führt der Wissenschaftler aus. Exzellente Beispiele seien der 26 Jahre nach der Tat geklärte Sexualmord an der 15-jährigen Hersfelder Schülerin Petra Hübner (+1976), der 25 Jahre nach der Tat geklärte Sexualmord an der 16-jährigen Trixi Scheible (+1981) aus Frankfurt und der erst nach 26 Jahren geklärte Mord an der damals 30-jährigen Anita Gerth (+1982) aus Kassel. „Der letzte bemerkenswerte Aufklärungserfolg der hessischen Spezialisten geht zurück auf einen Mordfall aus dem Jahr 1972“, schildert Dr. Schneider. Die Erfolgsnachricht ging 2014 durch die gesamte Medienlandschaft der Bundesrepublik. 40 Jahre nach der Tat wurde der Mörder des Schlossers Horst Günter Trapp aus Walldorf durch die Kombination modernster DNA-Analyseverfahren mit der DNA-Analyse-Datei überführt. „Ein toller Erfolg – weltweit lag nie ein größerer Zeitraum zwischen Tatzeit und Tataufklärung anhand gesicherter DNA-Spuren“, sagt Dr. Schneider.

Die Wissenschaft könnte noch mehr ….

„Was den zukünftigen Einsatz der DNA-Analyse angeht, so verbinden sich vor allem mit dem Schlagwort des „genetischen Phantombilds“ ganz erhebliche Erwartungen. Für Aufklärungs- und Fahndungszwecke wären Abschätzungen über die Körpergröße, die Augen-, Haar- oder Hautfarbe, das Alter sowie die biogeografische Herkunft eines Spurenlegers zweifelsfrei von großem Nutzen“, skizziert Dr. Schneider die Möglichkeiten der modernen Biologie. „Nach dem derzeitigen Stand der Forschung sind hierzu jedoch – ungeachtet einer fehlenden gesetzlichen Regelung – aber noch keine gesicherten wissenschaftlichen Aussagen möglich“, erläutert der DNA-Fachmann. „Es erscheint aber äußerst wahrscheinlich, dass sich durch die rasante  Fortentwicklung der medizinischen Forschung und das hiermit  einhergehende wachsende Verständnis der molekularen Zusammenhänge zwangsläufig neue Untersuchungsmöglichkeiten eröffnen werden“, führt der Biologe aus. „Eine klare und eindeutige gesetzliche Regelung für oder gegen eine zukünftige strafprozessuale Verwendung derartiger „molekularer Ermittlungshilfen“ wird daher in absehbarer Zeit  dringend geboten sein“, meint Dr. Harald Schneider.

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