Es ist schon bezeichnend, wie die aus meiner Sicht vorsätzliche Bürgertäuschung immer dreistere Formen annimmt. Zuerst werden uns Windkraftanlagen aufgeschwatzt, und nun müssen wir einen weiteren,
sinnlosen Eingriff in die Landschaft dulden. Und das alles im Namen der neuen Religion „Energiewende“. Grüne Minister setzen sich plötzlich vehement dafür ein, dass nicht nur Windräder in Naturschutzgebieten gebaut werden können, nein, nun muss auch noch eine Stromtrasse durch diese Regionen gezogen werden. Können Sie sich noch daran erinnern, welcher „grüne“ Aufschrei Anfang der 80er Jahre durch die Republik gehallt ist, als für die Startbahn West um jeden Grashalm protestiert wurde? Heute sind grüne Umweltminister aus Hessen, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Baden-Württemberg sogar pro-Fracking und bringen entsprechende Anträge (Bundesrat Drucksachen 281/14 & 285/14) in den Bundesrat ein, um das Wasser- und Bergbaurecht zu ändern!
Da verwundert es nicht, dass wesentliche Schwachstellen der Energieerzeugungswende den Bürgern bewusst vorenthalten werden. Weht viel Wind, gibt es viel Strom. Weht wenig Wind, gibt es wenig Strom. Der tatsächliche Strombedarf orientiert sich aber nicht an den Windverhältnissen. Egal, wie viele Windräder gebaut werden, egal, wie viele Stromtrassen die Landschaft zerschneiden werden, wenn kein Wind weht, kann kein Strom transportiert werden. Als Folge davon muss Strom weiter aus „alten“ Ernergieträgern erzeugt oder vom Ausland importiert werden.
Was Deutschland fehlt, ist eine Technik, die Strom aus Sonne und Wind bei Überproduktion speichern und zu Spitzenlastzeiten wieder ins Netz einspeisen kann. Großbritannien, Frankreich und Finnland haben das erkannt und bauen insgesamt 5 neue Atomkraftwerke, um u.a. zukünftige Strom-Nachfragen aus dem Hochindustrieland Deutschland bedienen zu können. Für den deutschen Stromkunden bedeutet dies nur eins: Im Namen der Energiewende steigen die Strompreise weiter an, und der Strom, den er bezieht, wird weiterhin zum überwiegenden Teil aus Kohle, Gas und Kernkraft kommen. Vor diesem Hintergrund die Wichtigkeit der Bürgerbeteiligung zu betonen, ist doch nur eine Farce. Für Herrn Al-Wazir bedeutet Bürgerbeteiligung die Veranstaltung von Info-Abenden, in denen die Entscheidung der Politik verkauft werden. Diese Entscheidungen hat der Bürger gefälligst hinzunehmen und zu bejubeln, da sie alternativlos sind. Andere Meinungen sind nicht zulässig und werden umgehend als populistisch gebrandmarkt. Echte Bürgerbeteiligung geht anders: Da wird vorher gefragt, ob man bspw. eine Stromtrasse von 800km Länge will. Allerdings besteht dann natürlich die Gefahr, dass der dumme und unmündige Bürger mit nein antwortet. Und überhaupt: Wo kommen wir denn da hin, den Bürger wegen so unbedeutenden Kleinigkeiten zu befragen. Er hat ja schon mit seinem Kreuz bei der letzten Wahl seine Entscheidungsbefugnisse mehr als ausgereizt.
Thorsten Huntzinger
34471 Volkmarsen