Waldeck-Frankenberg:Landrat fordert Sicherstellung der Hebammenversorgung

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Korbach(nh/od).Fassungslos zeigt sich Landrat Dr. Reinhard Kubat darüber, dass mittlerweile nur noch sehr wenige Versicherungen – und diese zu extrem hohen Kosten – dazu bereit sind, die Berufshaftpflicht für Hebammen zu übernehmen. „Damit wird es im Versorgungsangebot für Mütter und Neugeborene gerade im ländlichen Raum in ihrer Tragweite bislang noch unübersehbare Einschränkungen geben“, so der Landrat. „Ich befürchte, dass alle unsere Bemühungen, etwa durch familienfreundliche Arbeitszeitmodelle oder flexible Betreuungsangebote ein gutes Umfeld für Familien zu schaffen, damit zunichte gemacht werden.”

Er frage sich, wie man Paare noch dazu motivieren könne, Kinder zu bekommen, wenn eine individuelle Betreuung vor, während und nach der Geburt durch niedergelassene Hebammen immer schwerer werde. Man habe zunehmend den Eindruck, in Deutschland würden Schwangerschaft und Geburt als Risiko und nicht mehr als Chance und Zukunftsoption verstanden. Dies alles verstärke die ohnehin in unserem Land schon deutlich erkennbare Tendenz zur Überalterung der Gesellschaft. „Wenn wir Geburten grundsätzlich als potenzielle Haftungsgründe einstufen, dann sind wir auf einem verhängnisvollen Weg“, befürchtet der Kreishauschef.
Darüber hinaus seien die Arbeitsbedingungen von freiberuflichen Hebammen in den letzten Jahren zunehmend schwieriger geworden. Zuletzt hätten sich die Beiträge zur Berufshaftpflicht auf mehr als 5.000 Euro pro Jahr belaufen – und das bei einem durchschnittlichen Stundenlohn von etwa 8,50 Euro; also dem von der Bundesregierung angestrebten Mindestlohn. Angesichts dessen sei den freiberuflichen Hebammen, die unter diesen Bedingungen noch ihren Beruf ausgeübt hätten, ein Höchstmaß an Idealismus abgefordert worden und er habe für jede einzelne Verständnis, die unter diesen Voraussetzungen ihren Beruf aufgegeben habe.
Für den Chefarzt der Gynäkologie und geburtshilflichen Abteilung des Kreiskrankenhauses Frankenberg Dr. Volker Aßmann ist eine moderne Geburtshilfe ohne die Nachsorge durch freiberufliche Hebammen nicht vorstellbar. „Die ambulante Versorgung nach der Geburt ist zwingend erforderlich, um das Wohlergehen der Kinder und Mütter zu sichern“, so Dr. Aßmann. „Mögliche Risiken für Kinder können auf diese Weise frühzeitig entdeckt und verhindert werden.“ Darüber hinaus böte die Nachsorge auch eine Starthilfe für junge Eltern in eine völlig neue Lebenssituation.
Durch die aktuelle Entwicklung ist der Berufsstand freiberuflicher Hebammen jedoch gefährdet. „Überspitzt gesagt sind wir auf dem besten Wege, in unserer reichen und hoch entwickelten Industrienation eine schlechtere Hebammenversorgung zu bekommen als dies in Schwellen- und sogar manchen Entwicklungsländern der Fall ist“, so Dr. Kubat. In den Krankenhäusern städtischer Ballungszentren seien gynäkologische Abteilungen mit fest angestellten Hebammen zahlreicher vorhanden als im ländlichen Raum. Aber selbst dort würden die Vor- und Nachsorge von Geburten in unerträglicher Weise beeinträchtigt. Im Grunde genommen hätten Eltern so keine Wahlfreiheit mehr, auf welche Weise ihr Kind zur Welt kommen soll. Der Landrat appelliert an die Bundesregierung, schnellstmöglich zu handeln. Immerhin sei im Koalitionsvertrag eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Hebammen in Aussicht gestellt worden. Dieses Versprechen müssen nun umgehend eingelöst werden.

Landrat Dr. Reinhard Kubat

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